Pressemitteilung | Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA)
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BDA-Finanzierungskonzept zum Gesundheitsprämienmodell

(Berlin) - Die Sozialbeiträge und die Lohnzusatzkosten müssen gesenkt werden. Das ist mittlerweile eine Binsenweisheit. Vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung selbst noch einmal auf den engen Zusammenhang zwischen Sozialbeiträgen und Beschäftigung hingewiesen: Ein Prozentpunkt weniger bei den Lohnzusatzkosten bringen 100.000 neue Vollzeitjobs, heißt es in einer Erklärung der Bundesregierung.

Deshalb verspricht schon seit Jahrzehnten die jeweilige Bundesregierung, die Lohnzusatzkosten zu senken. Seit mittlerweile acht Jahren gilt die Zusage, die Sozialbeiträge unter 40 Prozent zu reduzieren, zuletzt hat sich die Bundesregierung Anfang des Jahres noch einmal ausdrücklich zu diesem Ziel bekannt.

Allein: Die 40-Prozent-Marke ist ferner denn je. Im Gegenteil: Die Sozialbeiträge bewegen sich mit derzeit 42 Prozent in Rekordhöhe und werden ohne weitere Reformen langfristig in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung weiter steigen.

Um es klar zu sagen: So kann es nicht weiter gehen. Wenn wir nicht endlich anfangen, unsere sozialen Sicherungssysteme vom Arbeitsverhältnis zu lösen, werden wir den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit nie gewinnen und auch nicht unsere Potenziale an Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit ausschöpfen.

Die Sozialversicherung muss insbesondere dort vom Arbeitsverhältnis gelöst werden, wo die Leistungen keinen Lohnbezug haben. Wo der Zusammenhang zwischen Beitrag und Leistung fehlt, wirken Sozialbeiträge wie eine Steuer auf Arbeit. Deshalb muss vor allem die Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung vom Arbeitsverhältnis abgekoppelt werden.

Bürgerversicherung
Mit der Bürgerversicherung kann die Lösung vom Arbeitsverhältnis nicht gelingen. Der demotivierende Abgabenkeil zwischen Arbeitskosten und Nettolohn bleibt bei der Bürgerversicherung weitgehend unverändert. Vor allem würde sich nichts am falschen Automatismus ändern, dass jede Lohn- und Gehaltssteigerung und jeder Beitragssatzanstieg zu höheren Sozialbeiträgen und damit wachsenden Lasten für die Betriebe führt. Was in den vergangenen Wochen an Konzeptionen zur Bürgerversicherung vorgelegt wurde, bestätigt unsere ablehnende Haltung.

Die von SPD und Grünen vorgelegten Papiere sagen zwar nur wenig Konkretes zur Ausgestaltung der Bürgerversicherung, offenbaren aber besonders deutlich die zahlreichen Umsetzungsprobleme. Schon jetzt zeigt sich, dass das ursprüngliche Konzept der Bürgerversicherung, wie es noch im vergangenen Jahr in die Rürup-Kommission eingebracht wurde, bei keiner Partei mehr und auch nicht bei den Gewerkschaften zustimmungsfähig ist. Die Bürgerversicherung entzaubert sich von selbst.

Gesundheitsprämienmodell
Die Vorteile des Gesundheitsprämienmodells liegen dagegen auf der Hand:

- Die Krankheitskosten werden vollständig von den Arbeitskosten entkoppelt, die Personalzusatzkosten dadurch deutlich gesenkt mit der Folge positiver Wirkungen auf Wachstum und Beschäftigung.

- Der soziale Ausgleich wird deutlich zielgenauer über das Steuer- und Transfersystem gesichert.

- Der demografisch bedingte, individuelle Beitragsanstieg wird verringert, weil ein steigender Rentneranteil nicht mehr zu Beitragsmindereinnahmen führt.

- Die Gesundheitsprämie beseitigt zahlreiche Ungerechtigkeiten des heutigen Beitragssystems: Doppelverdiener-Haushalte werden nicht mehr gegenüber Alleinverdiener-Haushalten mit gleichem Einkommen diskriminiert. Geringverdiener müssen nicht mehr die beitragsfreie Ehegattenversicherung von Höherverdienern mitbezahlen.

Dennoch hat es Einwände und Bedenken gegen das Gesundheitsprämienmodell gegeben, insbesondere Zweifel, ob und wie der von allen gewollte soziale Ausgleich für Einkommensschwache finanzierbar ist.

In der Tat hat es dazu einige Vorschläge gegeben, die ich für falsch halte:

- Das gilt insbesondere für eine Finanzierung des sozialen Ausgleichs durch Anhebung des Einkommensteuertarifs oder des Solidaritätszuschlags. Käme dies so, würden die Betriebe bei der Umsetzung des Prämienmodells drauflegen. Das kann mit Blick auf die gewollten positiven Wachstums- und Beschäftigungswirkungen des Prämienmodells nun wirklich nicht sein. Die Arbeitgeber sind bereit, bei der Umstellung zum Gesundheitsprämienmodell den bisherigen Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung verbindlich als Bruttolohn auszuzahlen. Jede darüber hinausgehende Belastung wäre jedoch für die Betriebe nicht mehr kostenneutral und daher wachstums- und beschäftigungsfeindlich.

- Aus dem gleichen Grund ist auch eine Anhebung der Mehrwertsteuer zur Finanzierung des sozialen Ausgleichs abzulehnen, weil auch die Mehrwertsteuer die Betriebe – mittelbar – belastet.

- Ebenso falsch ist der Vorschlag, den sozialen Ausgleich über einen lohnabhängigen Zuschlag zu finanzieren, denn dadurch würde die gewollte Abkoppelung vom Arbeitsverhältnis konterkariert.

BDA-Finanzierungskonzept
Aus diesem Grund möchte ich Ihnen heute ein eigenes BDA-Finanzierungskonzept zum Gesundheitsprämienmodell vorstellen:

Wir schlagen eine Gesundheitsprämie von 163 Euro für Erwachsene vor. Kinder bleiben beitragsfrei mitversichert. Der notwendige Sozialausgleich für Einkommensschwache sollte soweit wie möglich durch die steuerpflichtige Auszahlung der Krankenversicherungsbeiträge von Arbeitgebern und Rentenversicherung an Arbeitnehmer und Rentner sowie durch den Rückgriff auf die heute schon für Einkommensschwache aufgewendeten Steuermittel finanziert werden. Dies ergibt einen Betrag von rund 20 Mrd. Euro, der den notwendigen sozialen Ausgleich ausreichend gewährleistet.

Klar ist aber auch, dass diese Mittel nicht reichen, um neben dem Sozialausgleich auch noch einen neuen Familienlastenausgleich zu bezahlen. Aus diesem Grund sehe ich derzeit keine Perspektive, im Zusammenhang mit der Einführung eines Prämienmodells die bislang beitragsfreie Mitversicherung von Kindern durch eine steuerfinanzierte Kinderversicherung zu ersetzen. Diese mag zwar ordnungspolitisch sinnvoll sein, ist aber keinesfalls notwendiger Bestandteil eines Gesundheitsprämienmodells und kann insbesondere auch keine Vorbedingung für die dringend notwendige Abkoppelung der Krankheitskosten von den Arbeitskosten sein.

Mit einem Missverständnis will ich an dieser Stelle aufräumen: Das Prämienmodell – einschließlich Sozialausgleich – bedeutet keine Abgabenerhöhung. Denn soweit Steuermittel zur Finanzierung von Prämienverbilligungen eingesetzt werden, sinkt das im Übrigen erforderliche Prämienvolumen. Das Ausgabenvolumen der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt unverändert. Es wird lediglich anders finanziert, in unserem Modell konkret zu 93 Mrd. Euro über Prämien und zu 20 Mrd. Euro durch steuerfinanzierten sozialen Ausgleich.

Und noch eines will ich klarstellen: Natürlich ersetzt das Prämienmodell keine Strukturreformen auf der Leistungsseite. Hierfür bedarf es ganz anderer Maßnahmen: Insbesondere müssen endlich die gesetzlichen Hemmnisse beseitigt werden, die heute den Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern und den Krankenkassen behindern. Außerdem wird kein Weg an einem weiteren Ausbau der Eigenbeteiligung im Gesundheitswesen vorbei führen. Und auch die verbliebenen versicherungsfremden Leistungen müssen aus der Beitragsfinanzierung raus.

Entsprechende Reformen der Leistungsseite sind aber auch kein Ersatz für die dringend notwendige Reform der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sein. Beides gehört zusammen.

Für die Finanzierung ist und bleibt die Umstellung auf das Gesundheitsprämienmodell die beste Lösung. Mit unserem BDA-Finanzierungskonzept zeigen wir einen realistischen und einfach gangbaren Weg auf, wie das Prämienmodell umgesetzt werden kann.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA) Breite Str. 29, 10178 Berlin Telefon: 030/20330, Telefax: 030/20331055

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