BDA-Präsident: Eckpunkte zur Gesundheitsreform entlasten die Beitragszahler zu wenig und zu spät
(Berlin) - Die Eckpunkte, auf die sich die Unterhändler in den Konsensverhandlungen zur Gesundheitsreform verständigt haben, sind enttäuschend und entlasten die Beitragszahler – Versicherte und Betriebe – zu wenig und zu spät, erklärte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dr. Dieter Hundt, gestern in Berlin.
Mit einem geplanten Einsparvolumen von weniger als 10 Mrd. Euro und einem angestrebten Beitragssatzniveau von 13,6 Prozent im Jahr 2004 bleiben Regierungskoalition und Opposition deutlich hinter ihren eigenen Vorgaben zurück. Die 13-Prozent-Marke soll jetzt erst 2006 erreicht werden. Von einem wesentlichen Beitrag der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verbesserung der Arbeitsmarktlage kann deshalb keine Rede sein. Bei einem von zahlreichen Experten und Sachverständigen prognostizierten durchschnittlichen Beitragssatz von 15 Prozent Ende des Jahres 2003 ist noch nicht einmal eine Absenkung auf unter 14 Prozent im nächsten Jahr möglich.
Ziel einer wirklich durchgreifenden und nachhaltigen Gesundheitsreform muss es sein, die gesetzliche Krankenversicherung durch Entlastungen von mindestens 30 Mrd. Euro umgehend auf eine Basissicherung mit Kernleistungen zu konzentrieren. Hierdurch kann der durchschnittliche Beitragssatz ohne Gefährdung der gesundheitlichen Versorgung der Bürger und ohne finan-zielle Überforderung des Einzelnen auf unter 12 Prozent gesenkt werden.
Das Krankengeld darf nicht erst im Jahr 2007, sondern kann und muss – wie im ausgesetzten Regierungsentwurf vorgesehen – bereits im nächsten Jahr aus der paritätischen Finanzierung herausgenommen werden. Der zur Finanzierung des Krankengeldes in Ansatz gebrachte Sonderbeitrag für die Versicherten von 0,5 Prozent liegt darüber hinaus deutlich unter dem wirklich erforderlichen Satz von mindestens 0,7 Prozent. Damit werden im Gegensatz zur „Agenda 2010“ auch künftig die Betriebe zur Finanzierung des Krankengeldes mit herangezogen. Neben dem Zahnersatz, der ab 2005 allein von den Versicherten finanziert werden soll, sind konsequenterweise auch die Zahnbehandlung und die Privatunfälle in die Eigenverantwortung zu überführen sowie auf private Versicherungsunter-nehmen zu übertragen.
Positiv zu bewerten sind die geplanten Erhöhungen bei den Zuzahlungen und Einschränkungen einzelner Leistungskomplexe, auch wenn hier mit Beträgen von insgesamt 3,3 und 2,5 Mrd. Euro die möglichen Spielräume nicht voll ausgeschöpft werden. Eine Stärkung der Eigenverantwortung über Leistungsausschlüsse und durchgängige prozentuale oder absolute Selbstbeteiligungen mit Belastungsobergrenzen ist Grundvoraussetzung für ein gesundheits- und kostenbewusstes Verhalten der Patienten in einem solidarischen Versicherungssystem. Auch die vorgesehenen Strukturmaßnahmen zur Verbesserung der Transparenz und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gehen in die richtige Richtung. Doppelleistungen, Leistungsmissbrauch und Fehlverhalten müssen so weit wie möglich ausgeschlossen werden.
Dazu gehört zwingend eine Stärkung des Wettbewerbs im Gesund-heitswesen bzw. eine Liberalisierung des Vertragsrechts zwischen Krankenkassen und Leistungsanbietern. Die Eckpunkte bleiben jedoch – aufgrund falscher Rücksichtnahmen – deutlich hinter dem früheren Gesetzentwurf zurück. Insbesondere der vollkommene Verzicht auf Ein-zelverträge zur Ergänzung des bestehenden Kollektivvertragssystems ist nicht akzeptabel und lässt große Entlastungspotenziale ungenutzt.
Der Arbeitgeberanteil am Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung muss auf höchstens 6 Prozent festgeschrieben werden. Leistungen, die über eine Basissicherung hinausgehen oder die vom Einzelnen selbst getragen werden können, dürfen künftig nicht mehr zu Lasten der Arbeitskosten und damit der Arbeitsplätze gehen. Dieser entscheidende Schritt zur unverzichtbaren Abkopplung der Krankheitskostenfinanzierung von den Arbeitskosten fehlt im Konsenspapier, das für 2007 einen durchschnittlichen Arbeitgeberbeitrag von knapp über 6 Prozent prognostiziert. Damit sind Zweifel angebracht, ob die Verhandlungspartner ihre Beitragssatzprognose für realisierbar halten. Hier besteht – mit dem Ziel einer möglichst schnellen und kräftigen Senkung der überhöhten gesetzlichen Personalzusatzkosten – dringender Nachholbedarf. Mittelfristig sollte die lohnzentrierte Finanzierung durch ein „Kopf-Pauschalen-Modell“ ersetzt werden, forderte der Präsident der BDA.
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