Pressemitteilung | (BDEW) Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.

BDEW zum Kernkraft-Moratorium der Bundesregierung: Konsequenzen für Energieversorgung beachten / Wegfall der Erzeugung aus Kernkraftwerken kann kurzfristig kompensiert werden / Netzstabilität muss dringend auf die Tagesordnung

(Berlin) - Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) unterstützt das Vorgehen der Bundesregierung, während des Moratoriums eine Überprüfung der Sicherheit deutscher Kernkraftwerke vorzunehmen. Das von der Bundesregierung beschlossene Moratorium zur Laufzeitverlängerung wirft zahlreiche Fragen über mögliche Konsequenzen für die zukünftige Energieversorgung Deutschlands auf. Konkret geht es aktuell insbesondere um die Kompensation der vom Netz genommenen Erzeugungskapazität, die Entwicklung der Strompreise und um die Frage der Netzstabilität.

"Nach unserer Einschätzung kann der Wegfall der Erzeugung aus den betreffenden Kernkraftwerken zumindest kurz- und mittelfristig durch eine höhere Auslastung der deutschen Kohle- und Erdgaskraftwerke ausgeglichen werden", so Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW.

Während es die Kernkraftwerke im Jahr 2010 auf nahezu 6.500 Jahresvolllaststunden brachten, leisteten die Erdgaskraftwerke im Schnitt rund 3.200, die Steinkohlekraftwerke durchschnittlich 3.800 Jahresvolllaststunden. Diese Werte sind in den vergangenen Jahren gesunken, da die konventionellen Kraftwerke auf Grund des stark wachsenden Anteils der fluktuierenden Stromerzeugung aus Wind und Photovoltaik zunehmend im so genannten "Lastfolgebetrieb" fahren müssen.

Vor diesem Hintergrund gibt es heute ein Potenzial zur Steigerung der Stromerzeugung in den konventionellen Kraftwerken. Gleichzeitig ist jedoch zu berücksichtigen, dass in diesen Kraftwerken auch Reserven zum Beispiel für die Regelenergiebereitstellung sowie zum Ausgleich der fluktuierenden Einspeisung aus Erneuerbaren vorgehalten werden müssen. Solcher Reserven bedarf es angesichts der ambitionierten Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren Energien in Zukunft immer mehr.

Überdies führt eine größere Auslastung z.B. von Kohle- und Gaskraftwerken oder ggf. die Wiederinbetriebnahme von bereits stillgelegten Anlagen zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen. Werden die sieben von der Bundesregierung genannten Kernkraftwerke für drei Monate abgeschaltet und die entsprechende Stromerzeugung zum Beispiel in einem Verhältnis von 10 Prozent / 45 Prozent / 45 Prozent durch Braunkohle- / Steinkohle- / Erdgas-Kraftwerke ersetzt, führt dies zu zusätzlichen CO2-Emissionen von rund 8 Millionen Tonnen.

Müller: "Aufgrund verschiedener Faktoren ist eine Kompensation der KKW-Abschaltungen durch den bestehenden Kraftwerkspark also keine Dauerlösung." Der BDEW weist in diesem Zusammenhang auch auf die Widerstände gegen den Bau von Kohlekraftwerken hin, die in der jüngeren Vergangenheit zur Aufgabe einiger Investitionsprojekte geführt haben.

Der Bundesverband betont zudem, dass es an der Strombörse in Leipzig unweigerlich steigende Strompreise zur Folge habe, wenn relativ preiswert erzeugende Kraftwerke vom Netz genommen und durch teurere Erzeugungsarten ersetzt würden, die dann den Börsenpreis vorgeben. Kurzfristige Erhöhungen des Börsenpreises müssen sich aber nicht zwangsläufig sofort in steigenden Stromrechnungen für die Haushalte niederschlagen, weil sie im Rahmen der langfristigen Beschaffung ausgeglichen werden können. Wie sich die Strompreise auf längere Sicht entwickeln, hängt indes vom Ausgang des Moratoriums und den weiteren Überlegungen der Bundesregierung ab.

Wichtig aus Sicht des BDEW: Wenn der Ausfall durch konventionelle Großkraftwerke kompensiert wird, kann die Netzstabilität grundsätzlich aufrecht erhalten werden. Allerdings bringen die Abschaltung der sieben Reaktoren und ihr Ersatz durch andere Kapazitäten auch eine gravierende Änderung der regionalen Erzeugungsstruktur und der Lastflüsse. "Das kann Teile des Netzes vor erhebliche Probleme stellen. Deshalb muss die Bundesregierung sofort das Gespräch mit den Netzbetreibern suchen", forderte Müller. Die aktuelle Situation zeige noch einmal überdeutlich, wie dringend der Netzausbau in Deutschland und die Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren hierfür sei.

Quelle und Kontaktadresse:
BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V., Hauptgeschäftsstelle Jan Ulland, Stellv. Pressesprecher Reinhardtstr. 32, 10117 Berlin Telefon: (030) 300199-0, Telefax: (030) 300199-3900

(el)

NEWS TEILEN: