Pressemitteilung | Bund der Selbständigen (BdS) Baden-Württemberg e.V. - Hauptgeschäftsstelle

BDS-Studie: Was sind die wirklichen Probleme des Mittelstands? / Bürokratie ist größter Bremsklotz für Unternehmer

(Stuttgart) - Die wichtigsten Probleme des Mittelstands haben alle politische Ursachen, wie der Bund der Selbständigen Baden-Württemberg e. V. (BDS) in einer aktuellen Studie herausgefunden hat: Baden-Württembergs Unternehmer sehen in der Bürokratie, den Steuern, den Lohnzusatzkosten sowie der Planungsunsicherheit bei Steuern und Gesetzen die größten Bremsklötze für ihre unternehmerische Tätigkeit.

Anhand einer Skala von 1 (kein Problem) bis 6 (sehr großes Problem) haben 756 Mittelständler geantwortet, auf welchen Gebieten sie Probleme sehen und ihnen die Arbeit erschwert wird. Die vier Top-Probleme erhalten dabei Bewertungen von 4,5 bis 4,2.

"Die Ergebnisse sind ein deutliches Signal an die Bundesregierung, jetzt endlich auch mit der Steuerreform zu beginnen, die diesen Namen verdient", erklärt Günther Hieber, Präsident des BDS zur Analyse. "Wir brauchen ein Steuersystem, das nicht jedes Jahr ein bisschen angepasst wird und dadurch immer komplizierter wird, sondern ein System aus einem Guss. Es muss das Ziel der Regierung sein, dass zum 1.1.2013 eine echte Steuerreform in Kraft tritt", so der Fachanwalt für Steuerrecht. "Um Bürokratie zukünftig nicht weiter entstehen zu lassen, müssen wir jedes gut gemeinte Gesetz dahingehend noch besser überprüfen, ob in der Praxis nicht unnötige Bürokratie entsteht.

Mit deutlichem Abstand (je 3,6) folgen neben den genannten Hürden mit den Berufsgenossenschaften und dem Kündigungsschutz zwei weitere von der Politik gespannte Fallstricke. Bei den Berufsgenossenschaften wächst die Problembewertung stark mit der Unternehmensgröße. Während freie Berufe und Dienstleister das Thema weniger problematisch einschätzen ist vor allem das Handwerk kritisch. "Nach der Strukturreform 2007 brauchen wir nun eine Leistungsreform der gesetzlichen Unfallversicherung", fordert Hieber. "Dabei ist es wichtig, dass gleiche Tätigkeiten zu gleichen Prämien versichert werden. Durch die Beteiligung privater Versicherer würde mehr Wettbewerb und Wahlfreiheit entstehen."

Kündigungsschutz bleibt Problem für größere Unternehmen

Auch den Kündigungsschutz (Rang 6) sehen Mittelständler weiter als Hindernis. Dabei ist die Befindlichkeit von der Unternehmensgröße abhängig: Stellt dieses Thema für die kleineren Unternehmen wegen der gesetzlichen Ausnahmen kaum ein Problem dar, sieht der größere Mittelstand (50-249) Mitarbeiter hier einen besonders großen Hemmschuh: In dieser Unternehmenskategorie ist der Kündigungsschutz das größte Problem. Doch schon ab 10 Mitarbeitern, wenn der gesetzliche Schwellenwert greift, beurteilen die Unternehmen den Kündigungsschutz als überdurchschnittlich großes Problem. "In einer Phase des konjunkturellen Aufschwungs, in der die Unternehmer wieder Mitarbeiter einstellen, bleibt bei vielen die Sorge, die Zahl der Mitarbeiter an schlechter laufende Geschäfte anpassen zu können. Die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt könnte noch größer sein, gerade auch für weniger Qualifizierte und Langzeitarbeitslose. Es ist der falsche Weg, dass die für Unternehmen wichtige Anpassungsfähigkeit an Auslastungsspitzen in Deutschland nur über Leiharbeit möglich ist", fordert der Hieber eine Flexibilisierung. "Stattdessen wäre es sinnvoll arbeitsrechtlich eine Kleinbetriebsklausel bis 20 Mitarbeiter einzuführen, durch die Kleinbetriebe insbesondere vom Kündigungsschutz und den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen werden."

Fachkräfteproblematik wird zur großen Herausforderung

Dem gegenüber steht auf Rang sieben mit dem insgesamt größten Sprung nach oben in der Problemskala das Thema Mitarbeiterqualität (3,5) und die Fachkräftesituation auf dem Arbeitsmarkt. Die meisten Unternehmen sind mit ihrem Mitarbeiterstamm weitgehend zufrieden. Anders sieht es jedoch bei der Suche nach neuen Mitarbeitern aus. Diese wird immer schwieriger. Die gute Konjunkturentwicklung führt zu einem ansteigenden Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter. Rund 68 Prozent aller mittelständischen Unternehmen haben inzwischen Schwierigkeiten, gut ausgebildete neue Mitarbeiter zu finden. Die Problematik gibt es bei allen Qualifizierungsgruppen vom Auszubildenden bis zum Ingenieur. Aus Sicht der Mittelständler wird der Fachkräftemangel damit zur großen Herausforderung der kommenden Jahre.

Neu in der Liste der zehn wichtigsten Probleme der Mittelständler mit einem Durchschnitt von 3,4 nennen die Selbstständigen die Veränderungsbereitschaft in der Gesellschaft (8). Als Unternehmer spüren sie jeden Tag die Notwendigkeit, zur Anpassung an neue Markterfordernisse und wünschen sich diese Veränderungsbereitschaft - auch von anderen Teilen der Gesellschaft. "Wir müssen offener werden für Neues und nicht nur dagegen sein", forderte Hieber.

Im Gegensatz zu den Lohnzusatzkosten werden die Löhne an sich von den Selbstständigen an neunter Stelle als deutlich weniger wichtiges Problem eingeschätzt (Durchschnitt: 3,4). Dies liegt auch an der moderaten Lohnentwicklung der vergangenen Jahre. "Sollten allerdings mit der guten Konjunktur nun wieder überzogene Lohnerhöhungen gefordert werden, könnten die Löhne schnell wieder zu einem größeren Problem gerade der kleinen Unternehmen werden", warnt Hieber.

Erst an zehnter Stelle der Probleme rangiert die Auftragslage mit einem Durchschnitt von 3,2. Gute Konjunkturaussichten und volle Auftragsbücher lassen diese Sorgen zurückgehen. Auch hier ist auffällig, wie stark das Problem von der Größe der Firma abhängt: Bei Einzelunternehmen ist die Auftragslage noch das viertwichtigste Problem, bei den größeren Unternehmen über 50 Mitarbeiter liegt sie nur an 16. Stelle.

Eigenkapital und Finanzierung kein Top-Problem mehr

Fast gleichauf mit der Auftragslage liegt mit einem Durchschnittswert von 3,2 die Zahlungsmoral (11). Das Tarifrecht (12; 3,1)) wird vor allem von den größeren Unternehmen als wichtiger Stolperstein betrachtet, während es bei Kleinstunternehmen naturgemäß eine deutlich geringere Bedeutung hat. Kaum Unterschiede gibt es zwischen den Unternehmen auch bei der Einschätzung des Themas Verkehrsinfrastruktur an 13. Stelle (3,0). Auf den Plätzen 14 und 16 folgen die Themen Eigenkapital (3,0) und Finanzierung (2,9). Vor allem die kleineren Unternehmen geben weiterhin an, Probleme bei diesen Themenfeldern zu haben, während die Themen bei den größeren Unternehmen auf den hintersten Plätzen rangieren.

Dazwischen liegt mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (15; 2.9) ein Thema, das noch 2007 große Befürchtungen geweckt hatte. "Die Firmen haben gelernt damit umzugehen und die auch die tatsächlichen Klagen von Bewerbern sind nicht so häufig wie befürchtet", analysiert der Rechtsanwalt. Ähnlich wird das Recht auf Teilzeit (17; 2,8) in der Praxis als kaum problematisch empfunden. Bei den Arbeitszeiten (18; 2,8) sehen vor allem die größeren Unternehmen etwas größere Probleme. Am insgesamt wenigsten problematisch vom 19 Themen wird die Unternehmensnachfolge (2,7) von den Befragten empfunden.

Zur Umfrage

Die BDS-Analyse basiert auf einer Umfrage unter 756 Unternehmen im Zeitraum vom 23. November und 16. Dezember 2010. Die ausführliche Studie steht unter www.bds-gewerbevereine.de zum Herunterladen bereit.

Quelle und Kontaktadresse:
Bund der Selbständigen - Deutscher Gewerbeverband Landesverband Baden-Württemberg e.V. (BDS-DGV) Wolfgang Becker, Geschäftsführer, Mittelstandspolitik und Kommunikation Taubenheimstr. 24, 70372 Stuttgart Telefon: (0711) 954668-0, Telefax: (0711) 954668-33

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