Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Bedingungen für sonderpädagogische Förderung sind mangelhaft

(Regensburg) - „Für eine gelingende Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind die personellen und räumlichen Voraussetzungen bei weitem nicht erfüllt. In den Förderschulen fehlen vor allem Pflegekräfte und in den allgemeinen Schulen barrierefreie Räume. Völlig unzureichend ist die Zahl der ‚Mobilen Sonderpädagogischen Dienste’, durch die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinen Schulen gezielt gefördert werden sollen. Pro Kind stehen pro Woche lediglich zwischen einer halben und knapp einer Lehrerstunde zur Verfügung.“ Diese Kritik übte der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Albin Dannhäuser, beim „Sonderpädagogischen Tag“ des BLLV- Oberpfalz in Regensburg.


Dannhäuser bezeichnete den bayerischen Weg „Integration durch Kooperation“ zwar als Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sei der Unterschied zwischen der amtlichen Darstellung und der schulischen Wirklichkeit etwa so groß wie der zwischen einem Buch und dem dazugehörigen Film. Als Leser würde man sich manches ganz anders vorstellen. Der BLLV- Präsident kritisierte, dass für sonderpädagogische Diagnose- und Förderklassen statt wie in den 80er Jahren zehn Lehrerstunden nur mehr drei zur Verfügung stünden. „Es besteht die Gefahr, dass viele leistungsschwächere Schüler aus sog. Kooperationsklassen ausgegrenzt werden, weil dort nach den regulären Lehrplänen der Grund- und Hauptschulen unterrichtet wird.“ Generell sinke die Chance, sog. Kooperations-klassen wohnortnah an Hauptschulen einzurichten, weil in den nächsten beiden Jahren rund 300 weitere Teil / Hauptschulen von der Landkarte verschwinden werden.

Die Zahl der Schüler, die durch „Mobile Sonderpädagogische Dienste“ betreut werden müssen, ist nach Aussage Dannhäusers im laufenden Schuljahr um 3.400 auf 17. 200 gestiegen. Das entspräche einer Zunahme von 27 Prozent und einem zusätzlichen Bedarf 127 Lehrerplanstellen. Es sei inakzeptabel, an Förderschulen Klassen zu schließen bzw. zusammenzulegen, um Lehrerstunden für den „Mobilen Sonderpädagogischen Dienst“ freizusetzen. „Die Personaldecke ist auch an Förderschulen bereits jetzt sehr auf Kante genäht.“ Der BLLV- Präsident betonte, dass die sonderpädagogische Förderung Aufgabe aller Schulen ist. Integration bzw. Inklusion könne allerdings pädagogisch nur dann wirksam geleistet werden, wenn die Regelschule auch über die notwendige personelle, sächliche und räumliche Ausstattung verfüge.

Prof. Dr. Ulrich Heimlich vom Lehrstuhl für Lernbehindertenpädagogik an der Universität München forderte „eine Schule für alle“ und drängte auf eine „uneingeschränkte Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in allgemeinen Schulen.“ Nach Heimlichs Auffassung habe sich Bayern zwar durch die Angebote von „Mobilen Sonderpädagogischen Diensten“ sowie durch „Außen- und Kooperationsklassen“ auf den Weg zur „Inklusion“ gemacht. Ein zieldifferenter gemeinsamer Unterricht sei aber bisher nur an wenigen Standorten realisiert. „Bayern ist eines der Bundesländer, die nach wie vor Kinder und Jugendliche mit gravierenden Lernschwierigkeiten vom Besuch der allgemeinen Schule ausschließt“. Heimlich forderte, das Ziel der „Inklusion“ auch im bayerischen Bildungs- und Erziehungssystem stärker zu etablieren. Dazu müssten Sonderpädagogen, Grund- und Hauptschullehrkräfte verstärkt kooperieren. „Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die professionelle Tätigkeit aller Lehrkräfte und erfordert eine Revision der Lehrerbildung bezogen auf alle Lehrämter.“

Der Leiter der Landesfachgruppe Förderschulen im BLLV, Frank Tollkühn, forderte bei den „Mobilen Sonderpädagogischen Diensten“ pro Schüler pro Woche zwei Lehrerstunden: „Wir brauchen mehr Zeit für Diagnostik, Förderung, Kooperation und Beratung.“ Ebenso vehement verlangte er eine angemessene Ausstattung der Förderschulen: „Die sonderpädagogische Förderung eines Kindes muss in jedem Fall professionell erfolgen. Deshalb müssen auch die Förderschulen gestärkt werden, d.h. sie brauchen dringend: kleinere Klassen, eine ausreichende Zahl von Therapie- und Förderstunden und nicht zuletzt mehr Schulsozialarbeit und Ganztagsangebote“, sagte Tollkühn.

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Andrea Schwarz, Pressereferentin Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155

(bl)

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