Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Begrenzung der Telekommunikationsüberwachungen notwendig

(Berlin) - Die Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachungen breiten sich nahezu explosionsartig aus. Daher ist es nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) zu begrüßen, dass heute (13. Dezember 2006) die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht hat, die Telekommunikationsüberwachungen zu begrenzen. Diskussionsbedarf sieht der DAV allerdings bei den Plänen, die Bindung der Überwachungsmaßnahmen an fest umrissene Straftatbestände völlig aufzugeben. Der DAV schlägt vor, die dringend notwendige Reform der Telekommunikationsüberwachung in eine Gesamtreform aller strafprozessualen heimlichen Ermittlungsmethoden einzupassen.

„Durch die hohe Zahl der Überwachungsmaßnahmen ist die Vertraulichkeit beim telefonieren und bei der elektronischen Telekommunikation so weit reduziert, dass die Bürgerinnen und Bürger sich in einer ständig latenten Gefahr des Überwachtwerdens ausgesetzt sehen“, so Rechtsanwalt Prof. Dr. Rainer Hamm, Mitglied des Strafrechtsausschusses des DAV. Die in dem Entwurf getroffene Analyse, dass die geradezu rasante Ausbreitung der Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen nicht alleine mit der Entwicklung der Überwachungsmöglichkeiten zu erklären sei, sei zutreffend.

Zu diskutieren sind aber noch die Pläne, die Bindung der Überwachungsmaßnahmen an fest umrissene Straftatenkataloge aufzugeben. Die Ersetzung durch eine allgemeine Umschreibung der Voraussetzungen, wie beispielsweise die Bindung an den gesetzlichen Strafrahmen und die konkrete Strafmaßprognose, könnte in der Praxis eher eine Ausweitung als eine Begrenzung der Telekommunikationsüberwachungen zur Folge haben. Zumeist werden die Anträge für solche Überwachungsmaßnahmen in einem früheren Verfahrensstadium gestellt. In dieser Phase ist allerdings eine seriöse Strafzumessungsprognose noch nicht zu treffen. Daher besteht die Gefahr, dass man sich bei den Anträgen relativ früh auf ein möglichst hohes Strafmaß festlegt, um solche Überwachungsmaßnahmen zu legitimieren. Dies könnte dann zur Folge haben, dass die tatsächlich verhängten Strafen sich den hohen Strafmaßerwartungen anpassen.

Hinzu kommt die Sorge, dass die Aufgabe der Anbindung der Überwachungsmaßnahmen an bestimmte Straftaten auch für andere schwere Eingriffe in Grundrechte angewendet würde. Das wäre zum Beispiel beim Großen Lauschangriff (Wohnraumüberwachung nach § 100c Strafprozessordnung) der Fall. Die Anbindung an Straftatenkataloge hat aber gute Gründe.

Eine grundlegende Gesamtreform aller strafprozessualen heimlichen Ermittlungsmaßnahmen ist längst überfällig. Dies erkennt auch der heute eingebrachte Entwurf. Eine solche Gesamtreform muss, wie dort auch vorgesehen, aber mit einer Harmonisierung der beruflichen Schweigerechte und der Geheimhaltungspflichten einher gehen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Swen Walentowski, Pressesprecher Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Telefax: (030) 726152190

(sk)

NEWS TEILEN: