Pressemitteilung | BDÜ e.V. - Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer

Berufsverbände für Dolmetscher fordern humanitäres Asylverfahren für afghanische Kollegen

(Berlin) - In einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel fordern der Internationale Verband der Konferenzdolmetscher (AIIC) und der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) ein vereinfachtes Asylverfahren für die afghanischen Dolmetscher der Bundeswehr aus dringenden humanitären Gründen.

Aktuelle Praxis sind Einzelfallprüfungen durch eine interministerielle Arbeitsgruppe, die bisher alle Asylanträge abgelehnt hat.

Heute arbeiten rund 3.000 Afghanen im Rahmen des deutschen Engagements in Afghanistan, darunter 375 Dolmetscher der Bundeswehr. Nach dem geplanten Abzug der Afghanistan Schutztruppe ISAF zählen sie und ihre Familien, aufgrund ihrer direkten Arbeit mit den Kampfeinheiten, nach allgemeiner Einschätzung zu den am meisten gefährdeten Personengruppen. In ihrem Schreiben stellen die Verbände fest, Deutschland bleibe bei der Gewährung von Asyl in Anerkennung der Gefahren, denen sich die afghanischen Dolmetscher derzeit ausgesetzt sehen, hinter anderen Staaten zurück: "Zum Zeitpunkt dieses Schreibens sind de facto sehr wenige Anträge durch die zuständige interministerielle Arbeitsgruppe geprüft worden, und darüber hinaus wurden alle mit knapper oder sogar ohne Begründung abgewiesen."

Linda Fitchett, Präsidentin der AIIC, erläutert: "Die bisherige Praxis verlangt von jedem Dolmetscher einen individuellen Nachweis der persönlichen Gefährdungslage, zum Beispiel eine schriftliche Morddrohung. Dabei liegt es auf der Hand, dass dieser Nachweis nur in Ausnahmefällen zu führen ist. Die afghanischen Dolmetscher leben in ständiger Gefahr und sind wiederholt bedroht worden. Nach unserer Ansicht ist Deutschland in der Pflicht, denjenigen von ihnen, die der Bundeswehr gedient haben, ein Aufenthaltsrecht aus dringenden humanitären Gründen nach §22 des deutschen Aufenthaltsgesetzes zu gewähren."

André Lindemann, Präsident des BDÜ, fügt hinzu: "Die Arbeit der Dolmetscher in Afghanistan ist gefährlich. Sie arbeiten unter Einsatz ihres Lebens. Doch nur mit der sprachlichen Unterstützung durch die Dolmetscher können die deutschen Streitkräfte in Afghanistan ihrem Arbeitsauftrag umfassend gerecht werden. Daher ist die wichtige Leistung dieser Ortskräfte unbestritten. Aber genau durch diese Arbeit entsteht für sie jetzt eine besondere Bedrohungssituation. Deshalb trägt Deutschland auch eine besondere Pflicht, nach dem Abzug der Truppen, diesen Menschen hier ein Leben in Sicherheit zu ermöglichen."

Auch international setzen sich AIIC und BDÜ für eine bessere rechtliche Ausstattung von Dolmetschern in Krisengebieten ein, die Verbände kooperieren dazu mit dem Weltübersetzerverband (FIT), dem Internationalen Verband professioneller Übersetzer und Dolmetscher (IAPTI) sowie Red T, einer gemeinnützigen Organisation für den Schutz von Übersetzern und Dolmetschern in hochrisikogefährdeten Einsätzen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ) Birgit Golms, Pressesprecherin Uhlandstr. 4-5, 10623 Berlin Telefon: (030) 88712830, Fax: (030) 88712840

(cl)

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