Betreuungsgeld: Kein Garant der Wahlfreiheit!
(Berlin) - Selten wird ein Thema in Politik und Gesellschaft so emotional diskutiert wie derzeit das Betreuungsgeld. Ab 2013 sollen Eltern, die ihr Kleinkind nicht in einer Kita betreuen lassen, 100 Euro monatlich, ab 2014 150 Euro erhalten. Damit soll die Betreuung zu Hause honoriert und Wahlfreiheit in der Betreuungsform geschaffen werden. Aber kann das Betreuungsgeld diesen Anspruch erfüllen?
Die Realität sieht anders aus ...
Die oft genannte Wahlfreiheit existiert noch nicht. Sie besteht erst dann, wenn Eltern tatsächlich die Möglichkeit haben, einen Kitaplatz in Anspruch zu nehmen. Doch genau hier hakt es. Zwar haben Eltern ab 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag ihres Kindes. Der Ausbau des Kinderbetreuungsangebots kommt allerdings nur schleppend voran. Um eine Betreuungsquote für 35 Prozent der Einjährigen zu garantieren, fehlen deutschlandweit noch über 200.000 Plätze. Dies hindert junge Eltern in ihrer Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Umfragen zeigen: Gerade Mütter möchten gerne mehr oder überhaupt arbeiten, da für sie die Erfüllung sowohl in der Familie als auch in einer beruflichen Tätigkeit liegt. Dafür brauchen sie einen gesicherten Betreuungsplatz. Das Gleiche gilt in verstärktem Maß für Alleinerziehende, die darauf angewiesen sind, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
... und ist in den Unternehmen bereits zu spüren
Wenn es an der Vereinbarkeit hapert, fehlen den Betrieben die Mitarbeiter: 37 Prozent der Unternehmen können innerhalb von zwei Monaten oder länger offene Stellen nicht wieder neu besetzen. Viele Betriebe setzen bei ihrer Strategie zur Fachkräftesicherung und -gewinnung zunehmend auf mehr Familienfreundlichkeit. Die Unternehmen wissen, dass sie angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels den Mitarbeitern attraktive Angebote bieten müssen. Aber ohne eine gute, hochwertige Betreuungsinfrastruktur laufen viele der betrieblichen Angebote ins Leere.
Vorsicht mit falschen Anreizen
Erfahrungen aus Thüringen und europäischen Staaten belegen, dass eine monatliche Zahlung falsche Anreize setzen könnte. Familien aus bildungsfernen Schichten könnten sich für das Geld und gegen die Kita entscheiden, wodurch ein erster Baustein frühkindlicher Bildung nicht in Anspruch genommen würde. Die frühkindliche Förderung in einer Bildungseinrichtung ist aber entscheidend für den weiteren Bildungsweg, wenn diese zu Hause nicht geleistet wird.
Keine neuen kostspieligen Versprechen machen, ...
Das Betreuungsgeld lässt sich der Staat etwas kosten. Für das erste Jahr sind 400 Millionen und ab 2014 je 1,2 Milliarden Euro eingeplant. Andere Berechnungen sprechen sogar von zwei Milliarden Euro. Die Rechnung könnte sogar noch teurer werden. Denn um Kritikern in den eigenen Reihen entgegenzukommen, werden Erhöhungen in den Rentenansprüchen von Müttern, deren Kinder vor 1992 geboren sind, in Betracht gezogen. Das passt nicht zum Ziel einer konsequenten Konsolidierung, die gerade im Interesse der Kinder ist.
... sondern bestehende Rechtsansprüche einhalten
Damit Eltern wirklich eine Wahl haben, muss der Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur erfolgreich zu Ende gebracht werden. In diesen sollte investiert werden, damit ein bedarfsdeckendes Angebot an qualitativ hochwertiger Betreuung ab 2013 garantiert ist.
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