Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

BGH-Urteil Rückschlag für Verbraucher / PIN schützt Banken, nicht die Verbraucher

(Berlin) - Darf man annehmen, dass ein Verbraucher sich in jedem Fall grob fahrlässig verhalten hat, wenn die EC-Karte entwendet wurde und mit der PIN Abbuchungen von unberechtigten Dritten erfolgt sind? Diese Frage hatte am 05. Oktober der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden. Das Gericht entschied gegen die Verbraucher. Es blieb bei dem Anscheinsbeweis, dass der Verbraucher in diesen Fällen - was ihm kaum möglich sein wird - beweisen muss, dass er die PIN nicht fahrlässig etwa durch eine Notiz dem Dieb bekannt gemacht hat.

"Das Urteil ist ein Rückschlag für den Verbraucherschutz", so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. Selbst der Verbraucher, der alle Sorgfaltsregeln beachtet, laufe Gefahr, dass er sein korrektes Verhalten im Schadensfall nicht beweisen kann. Allein der Verbraucherzentrale NRW liegen über tausend Schadensfälle vor. Es gibt zahlreiche Situationen, wie etwa der Terminal an der überfüllten Supermarktkasse oder Tankstelle, bei denen es sehr einfach ist, die PIN auszuspähen. Auch das Ausspähen der PIN durch eine versteckte Kamera ist als eine kriminelle Masche bekannt. Zudem ist die Sicherheit der Technik bis heute mit Fragezeichen versehen. Selbst im Verfahren wurden Gutachtern für die Bewertung der Sicherheit der Systeme erforderliche Informationen vorenthalten. "Dann darf man umgekehrt den Verbraucher aber auch nicht per Anscheinsbeweis belasten", so Edda Müller. In vielen Fällen reiche ein einfaches Ausspähen. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2003 betrug der Gesamtschaden durch den betrügerischen Einsatz von Zahlungskarten mit PIN 24,5 Mio. Euro.

Als Konsequenz aus dem Urteil fordert der vzbv:

- Eine Verschärfung der rechtlichen Grundlagen. Hierzu gehören verbindliche Definitionen der Informations- und Sorgfaltspflichten der Banken und Anbieter, wie etwa eine Verpflichtung zur unabhängigen Begutachtung der Sicherheitssysteme und Mindeststandards für den Sichtschutz an den Terminals:

- Die Banken müssen die Sicherheit ihrer Systeme unabhängig prüfen lassen. Dass dies Gutachtern ohne Konsequenz für die Beweislast verwehrt wurde, ist nicht hinnehmbar. Die Aussagen der Verbraucher, die PIN nicht fahrlässig notiert zu haben, steht gegen die ebenso objektiv nicht belegte Aussage der Bank zur Sicherheit ihres Verfahrens.

- Wo die PIN vom Verbraucher einzugeben ist, muss ein Sichtschutz gewährleistet sein, also nicht nur am Geldautomaten, sondern auch beim Einsatz im Handel.

- Der Fortbestand des Elektronischen Lastschriftverfahrens (Zahlung per Unterschrift mit der EC- bzw. Maestro-Karte) muss gewährleistet werden. Beim Lastschriftverfahren kann der Verbraucher unberechtigte Buchungen ohne weiteres zurückrufen.

- Das Urteil darf nicht als Maßstab verstanden werden. Gerichte sollten den Anscheinsbeweis nicht mehr zu Lasten des Verbrauchers führen. Die Annahme, es müsse auf Fahrlässigkeit beruhen, wenn der Täter an die PIN gekommen ist, ist mit der leichten Möglichkeit des Ausspähens von PINs nicht in Einklang zu bringen.

- Sollte es standardmäßig weiterhin zu derartigen Entscheidungen kommen, kann dem Verbraucher die Nutzung der Karten mit PIN nicht mehr empfohlen werden. Dies hätte gravierende Konsequenzen auch für die Unternehmen.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

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