Pressemitteilung | Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer im Deutschen Beamtenbund (GDL)

Bilanz-Pressekonferenz Deutsche Bahn (DB) / Noch 600 Lokomotivführer

(Frankfurt am Main) - Der Schienengüterverkehr schwächelt weiter. DB Cargo fuhr im ersten Halbjahr einen Verlust von 127 Millionen Euro ein. Der DB-Vorstandsvorsitzende Richard Lutz machte dafür den Bahnstreik in Frankreich und den Sturm Friederike verantwortlich, räumte aber in der gestrigen Halbjahres-Bilanz-Pressekonferenz in Berlin auch "hausgemachte Schwächen" ein. Logistikvorstand Alexander Doll kritisierte: "Zu viele Güterzüge stehen herum und der Einsatz der Lokführer muss effizienter werden." Wie er sich letzteres vorstellt, hat er trotz Nachfrage allerdings nicht beantwortet. "Unsere Lokomotivführer erledigen ihre Arbeit pünktlich und zuverlässig. Die angeblich fehlende Effizienz liegt somit am Management. Hier kann in der Tat einiges verbessert werden", so der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Claus Weselsky.

Einstellungsoffensive reicht nicht

Damit die Züge abgefahren werden können, muss zunächst der gravierende Personalmangel beseitigt werden. Dazu läuft eine Einstellungsoffensive. Personalvorstand Martin Sailer: "Im ersten Halbjahr haben wir bereits 13.300 neue Mitarbeiter eingestellt, allein 1.000 Lokomotivführer. Bis Ende des Jahres sollten noch 600 Lokomotivführer eingestellt werden." Weselsky begrüßt die Trendwende: "Es ist gut, dass die Bahn endlich mehr Lokomotivführer und Zugbegleiter einstellt. Sie reicht aber nicht, um dauerhaft einen ausgeglichenen Bestand an Zugpersonal zu generieren." Nach einem jahrzehntelangen Personalabbau - vor eineinhalb Jahren sollten noch 400 Lokomotivführer-Stellen im Schienengüterverkehr gestrichen werden - können Züge nicht abgefahren werden, weil die Lokomotivführer fehlen. Verstärkt wird das Problem durch das hohe Durchschnittsalter der Lokomotivführer. Es beträgt fast 50 Jahre, sodass in den kommenden Jahren viele in Ruhestand gehen - und das bei einem leergefegten Stellenmarkt. Weselsky: "Langfristig ist qualifiziertes und engagiertes Zugpersonal nur mit guten Entgelt- und Arbeitsbedingungen zu halten - und dafür steht die GDL. Die Tarifverhandlungen stehen vor der Tür."

Infrastruktur ist randgenäht

Nicht nur am Personal mangelt es. Weselsky: "Auch die Infrastruktur ist nach dem jahrzehntelangen langen Abbau randgenäht." Dennoch sind die Trassenkilometer im ersten Halbjahr weiter gestiegen - nach der DB-Bilanz um 1,1 Prozent auf 540 Millionen Trassenkilometer. Weselsky: "Es wird immer enger. Es fehlen Ausweichgleise und Rangierbahnhöfe und die Infrastruktur in der Fläche muss dringend modernisiert werden." Nach Angaben der DB gibt es derzeit rund 800 Baustellen im DB-Netz. Mit Digitalisierung will sie zusätzliche Kapazitäten von bis zu 20 Prozent im Netz schaffen.

Mit Herzblut den Verkehr aufrechterhalten

Die Netzprobleme beeinträchtigten auch die Pünktlichkeit im Fernverkehr. Im ersten Halbjahr 2018 fuhren nur 77,4 Prozent dieser Züge pünktlich. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es noch 81 Prozent. In diesem Jahr will die DB mit 100 Millionen Euro die Pünktlichkeit verbessern. Dazu werde ein "Lagezentrum Pünktlichkeit" eingerichtet. "Dass die Pünktlichkeit nicht noch weiter gesunken ist, lag maßgeblich daran, dass Lokomotivführer und Zugbegleiter den Verkehr flexibel und mit Überstunden aufrechterhalten haben", so Weselsky und weiter: "Das haben wir aber mit unserem Tarifvertrag 'Mehr Plan, mehr Leben' eingeschränkt. Jeder Lokomotivführer hat das Ziel, Fahrgäste und Fracht pünktlich ans Ziel zu bringen, aber bitte unter fairen Arbeitsbedingungen."

Mit dem "Deutschlandtakt" pünktlich ans Ziel

Vielmehr fordert die GDL, dass die Systemfehler beim Netzausbau beseitigt werden. Weselsky: "Statt viel Geld in Leuchtturmprojekte wie Stuttgart 21 zu versenken, muss das Schienennetz für den Güter- und den Personenverkehr konsequent nach einem kapazitätsorientierten 'Deutschlandtakt' ausgebaut werden. Es ist witzlos, mit 300 Stundenkilometern über die Gleise zu sausen und dann eine Stunde auf den Anschlusszug zu warten. Der Fahrgast will bei jedem Wetter sicher und pünktlich ans Ziel. Mit der nach einem Taktfahrplan ausgebauten Infrastruktur klappt das in der Schweiz schon lange."

Infrastruktur zusammenfassen

Damit das auch in Deutschland funktioniert, muss eine Bahnreform II erfolgen. Dazu müssen zunächst DB Netz, DB Energie und DB Station & Service zu einer gemeinnützigen Gesellschaft zusammengefasst werden. Dann braucht es Eisenbahner, die das komplexe Eisenbahnsystem wirklich durchdringen, damit der "Deutschlandtakt" mit gewaltigen Investitionen umgesetzt werden. Weselsky: "Jetzt müssen die Weichen für eine Verkehrswende richtig gestellt werden, sonst kann es keine Verlagerung auf die Schiene geben und es wird Stillstand auf der Straße herrschen."

Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer im Deutschen Beamtenbund (GDL) Gerda Seibert, Leiterin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Baumweg 45, 60316 Frankfurt am Main Telefon: (069) 405709-0, Fax: (069) 405709-129

(ks)

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