Pressemitteilung | Bitkom e.V.

BITKOM stellt bildungspolitisches Grundsatzpapier vor

(Berlin) - Der BITKOM hat in Berlin ein bildungspolitisches Grundsatzpapier "Bildung für die Informationsgesellschaft" veröffentlicht. BITKOM-Vizepräsident Jörg Menno Harms betonte anlässlich der Vorstellung des Papiers, dass der Anteil der klassischen Industrie an Wertschöpfung und Beschäftigung kontinuierlich zurück gehe.

Gleichzeitig gewinne der wissensbasierte Sektor signifikant an Bedeutung. Deutlich wird dies zuerst in den neuen Technologien, vor allem in der Informations- und Kommunikationstechnik (ITK). Human Capital und Know-how sind die Ressourcen, die über die Wettbewerbsfähigkeit nicht nur der ITK-Branche entscheiden. Andere Industrien ziehen nach, der Stellenwert von Bildung in der Gesellschaft allgemein - also die Ausprägung einer spezifischen Lern- und Kompetenzkultur - sowie die Leistungsfähigkeit von Bildungsinstitutionen wird immer mehr zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Zu den wichtigsten Forderungen von BITKOM gehören die Verkürzung der Schulzeit auf 12 Jahre, die Integration von Informationstechnik bereits in den Grundschulunterricht, die Aus- und Weiterbildung der Lehrer in der Nutzung von Informationstechnik in Methodik und Didaktik des Fachunterrichts, der Stärkung des Leistungsprinzips in den deutschen Hochschulen sowie die Einführung von Studiengebühren, gekoppelt mit Bildungsgutscheinen, Bildungskrediten und Stipendienprogrammen. "Unser Bildungssystem ist momentan nicht in der Lage, Fähigkeiten und Kenntnisse für den zielgerichteten Umgang mit Informationstechnik in einem ausreichenden Maß zu vermitteln", warnt Harms.

BITKOM mahnt eine radikale Neubestimmung der Bildungsstrategien in Deutschland an – von den Grundschulen über das Hochschulsystem hin zu Strategien für lebenslanges Lernen. Harms weiter: "Unser Bildungssystem muss endlich international wettbewerbsfähig gemacht werden, sonst verlieren wir unsere besten Köpfe, die sich auch für hohe Studiengebühren im Ausland an renommierten Universitäten ausbilden lassen." Bedarf an hoch Qualifizierten steigt weiter an Harms zeigte sich besorgt über die Zunahme des Fachkräftebedarfs, dem die Hochschulen nicht ausreichend viele Absolventen entgegenzusetzen hätten. "Es besteht die Gefahr, dass sich der Fachkräftemangel zu einem allgemeinen strukturellen Problem verfestigt. Damit werden Innovationschancen und Beschäftigungspotenziale vergeben." Deutschland befinde sich im internationalen Vergleich auf unterdurchschnittlichem Niveau, was Anzahl der Studienanfänger und Hochschulabsolventen betrifft.

Der Bedarf an hoch qualifizierten IT-Fachkräften wächst jedoch in allen Bereichen der Wirtschaft. Moderne Bildungssysteme - von der Wissensvermittlung zur Ausbildung von Methoden- und Medienkompetenz Medienkompetenz ist die Schlüsselqualifikation für den Wissensarbeiter der Informationsgesellschaft. Deshalb sollte mit der Arbeit am PC und mit dem Internet - ergänzend zu den klassischen Unterrichtsmethoden - bereits in der Grundschule begonnen werden. Benutzerfreundliche, übersichtliche Oberflächen sowie eine spezielle, auf kindliche Bedürfnisse abgestimmte Lernsoftware führen spielerisch an den Umgang mit der Informationstechnik heran. Ab der Sekundarstufe I sollte der Einsatz des Computers im Unterricht selbstverständlich sein. Internet-Klassenzimmer als separate Lernumgebungen für experimentelle Einzelaktionen müssen nach Ansicht der BITKOM-Experten der Vergangenheit angehören. Grundlage für die selbstorganisierte Nutzung von Informationstechnik als Informationsquelle und Lerninstrument ist die umfassende Vernetzung von Schulen.

Der Wechsel vom Modell der "Bildung auf Vorrat" zu einem "Bildungs-Erneuerungs-Modell" ermöglicht und fordert neue Formen schulischer Bildung. Hierzu gehört die Begrenzung der Schulzeit auf generell 12 Jahre bei gleichzeitiger Stärkung der zentralen Lernfelder. Sprachen, insbesondere Englisch, mathematisch-technischer Unterricht und Medienkompetenz als Querschnittsthemen müssen stärker ins Zentrum gestellt werden. Bei der beruflichen Bildung mahnte Harms vor allem höhere Investitionen der Länder in die Weiterbildung der Berufsschullehrer sowie eine bessere Ausstattung der Berufsschulen an.

Hier dürften sich die Länder nicht länger auf die Nothilfe des Bundes verlassen. Im Hochschulbereich stünden vor allem der weitere Ausbau von Bachelor- und Master-Studiengängen im Mittelpunkt sowie eine verbesserte Ausstattung der Hochschulen mit Lehrpersonal. Gerade im Grundstudium seien bessere Betreuungsrelationen erforderlich, um die Abbrecherquote von 50% im Fach Informatik senken zu können. Um den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern, müsse die Reform des Dienstrechts weiter voran getrieben werden. Harms forderte insbesondere, den Beamtenstatus von Hochschullehrern abzuschaffen und Gehälter frei auszuhandeln. Harms: "Spitzenforschung unter dem Postulat der Kostenneutralität von Reformen wird nicht zu realisieren sein. Die Besoldung von Lehrkräften muss die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigen."

In privatwirtschaftlichen Organisationsformen sieht Harms eine Chance, Hochschulen und Wirtschaft enger zusammen zu führen. Börsengänge und Stiftungen seien hier gleichermaßen gute Modelle. Ein wesentlicher Steuerungseffekt für das Hochschulsystem liege in der Einführung von Studiengebühren. "Die Vorteile liegen auf der Hand", so Harms. Die finanziellen Spielräume attraktiver Hochschulen würden steigen, Leistung vor allem in der Lehre werde sich auszahlen und die Studienzeiten sinken. Bildungskredite, Bildungsgutscheine und Stipendien - gerade für technische Fachrichtungen - sollten die Einführung von Studiengebühren flankieren. Harms zeigte sich überzeugt, dass die im internationalen Vergleich niedrige Studierneigung deutscher Abiturienten auch an den überlangen Studienzeiten liege. Kurze, gut strukturierte Bachelor- und Master-Studiengänge seien die beste Alternative.

Lebenslanges Lernen als Leitkonzept
Harms forderte, das lebenslange Lernen aus der Theoriedebatte heraus zu holen und in der Praxis umzusetzen. Nur so lasse sich dem hohen Innovationstempo der Wirtschaft erfolgreich begegnen. Lebenslanges Lernen könne nur dann funktionieren, wenn das Bildungssystem die entsprechenden Grundkompetenzen vermittelt. Eigenverantwortliches und selbstgesteuertes Lernen mittels modularisierter, arbeitsprozessorientierter Lernbausteine sei die beste Antwort auf schnelle Veränderungsprozesse. Das neue System der IT-Weiterbildung, das ab dem Jahr 2002 zur Verfügung stehe, sei ein Markstein in der Entwicklung moderner Weiterbildungskonzepte. Es soll insbesondere dazu beitragen, dass Absolventen der IT-Berufe international anerkannte Bachelor- und Master-Abschlüsse erwerben können. Harms formulierte die Ziele für ein modernes Bildungssystem aus der Sicht des BITKOM: "Die Informationsgesellschaft braucht den Wissensarbeiter, der sich im Sinne des lebenslangen Lernens kontinuierlich den sich rasant verändernden Bedingungen anzupassen vermag."

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) Albrechtstraße 10 10117 Berlin Telefon: 030/27576-0 Telefax: 030/27576-400

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