Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

BLLV hält Begriff "Erfolgsmodell" für zynisch / Für Präsident Klaus Wenzel liegt die Ursache für den Ansturm auf Gymnasien und Realschulen in der bewussten Vermeidung der Hauptschule

(München) - Riesige Klassen, gigantische Schulbetriebe, mangelnde Lehrkräfte und wachsende Anonymität - angesichts der schwierigen Situation an bayerischen Gymnasien und Realschulen hält es der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, für "unangebracht und zynisch", diese beiden weiterführenden Schulen als "Erfolgsmodelle" zu bezeichnen: "Eltern wollen für ihr Kind das Beste.
Sie wissen, dass der Besuch eines Gymnasiums oder wenigstens einer Realschule berufliche Perspektiven öffnet und Privilegien sichert." Die Ursache für den fragwürdigen Ansturm auf beide Schularten liegt in der bewussten Vermeidung der Hauptschule. Sie wurde viele Jahrzehnte von der Politik im Stich gelassen und wird nun von den meisten Eltern nicht mehr als gleichwertige Alternative akzeptiert."

Das explodierende Interesse an höheren Abschlüssen hat zur Folge, dass sich an Gymnasien und Realschulen die Lern- und Arbeitsbedingungen kontinuierlich verschlechtert haben. "Die Klassen sind vor allem an den Realschulen unerträglich groß", betonte Wenzel. "Die Schülerschaft ist heterogener, darauf sind die Schulen aber nicht vorbereitet. Lehrerinnen und Lehrer sind mit einer Fülle verschiedener Problemlagen konfrontiert, können aber kaum helfend eingreifen, weil sie zu wenig Zeit haben und unterstützendes Personal fehlt. In unübersichtlich großen Schulbetrieben ist es grundsätzlich schwierig, persönliche Kontakte zu den Schülern aufzubauen. Hinzu kommt die Raumnot, die dazu führt, dass viele Schüler in Containern unterrichtet werden müssen - während zum Teil aufwändig renovierte Hauptschulgebäude leer stehen oder in absehbarer Zeit leer stehen werden."

Ständiger Begleiter des ohnehin schwierigen Schulalltags ist der
Auslese- und damit verbundene Prüfungsdruck, der nach der vierten Grundschulklasse nicht aufhört. An Gymnasien scheitert über ein Drittel auf dem Weg zum Abitur. Der BLLV-Präsident: "Die Schüler versuchen dann, an den ohnehin überfüllten Realschulen unterzukommen, was für die Betroffenen alles andere als einfach ist. Am Gymnasium haben sie 'versagt', jetzt müssen sie beweisen, dass sie es wenigsten an der Realschule schaffen. Das ständige Hin- und- Her- Schieben von Schülern bringt auch erhebliche Unruhe in die Klassen." Diejenigen, die den Sprung auf ein Gymnasium oder eine Realschule von vorneherein nicht geschafft haben, fühlen sich als Verlierer. Wenzel, der 34 Jahre als Hauptschullehrer tätig war, meint dazu: "In den 5. Klassen kommen wir kaum zum Unterrichten, weil wir intensiv mit dem Aufrichten der Kinder beschäftigt sind."

"Schulen können nicht erfolgreich arbeiten, wenn sie gezwungen werden, junge Menschen zu sortieren", fasste Wenzel zusammen und forderte eine generelle Kurskorrektur: "Schulen müssen die Möglichkeit bekommen, sich intensiv um den Bildungs- und Erziehungsauftrag zu kümmern. Das frühe Verteilen ist nicht nur kostenintensiv, es ist vor allem auch pädagogisch nicht zu rechtfertigen und es geht inzwischen vielen Lehrerinnen und Lehrern an die Substanz. Als Pädagogen wollen sie gemeinsam mit jungen Menschen vielseitige und umfassende Kompetenzen erarbeiten, auf die Bedürfnisse der Kinder angemessen eingehen können und bei der Suche nach Antworten und Perspektiven Helfer und Unterstützer sein."

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Pressestelle Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155

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