Pressemitteilung | Zahnärztekammer Berlin (ZÄK Berlin)

„Boomender Gesundheitsstandort Berlin“: Berliner Zahnärztekammer sieht Plus für Wirtschaft, Minus für Praxen

(Berlin) - Der Gesundheitssektor sei eine der Schlüsselbranchen für die Entwicklung Berlins, sagt der Senat, und die Medien feiern Firmenverlagerungen renommierter Pharmaunternehmen in die Hauptstadt. Rund 275.000 Menschen sind offenbar derzeit in der Gesundheitsbranche tätig, in weniger als zehn Jahren sollen über 25.000 weitere Arbeitsplätze hinzukommen.

„Das ist für das Land Berlin als Verwalter und Steuereinnehmer sicher ein großer Gewinn, und es ist auch eine Chance für diejenigen Arbeitnehmer, die nach den Entlassungen in den letzten Jah-ren auf der Straße saßen“, sagt dazu Dr. Wolfgang Schmiedel, Präsident der Zahnärztekammer Berlin. „Aus dieser Warte können wir die Entwicklung also nur begrüßen. Aus unserer eigenen Sicht stellt sich der „Gesundheitsstandort“ allerdings gänzlich anders dar: Auf der einen Seite werden boomende Wirtschaftsdaten gefeiert – aber auf der anderen, dort, wo Gesundheit, deren Erhaltung oder Wiederherstellung, tatsächlich erbracht wird, nämlich in den Praxen der Berliner Ärzte und Zahnärzte, ist unsere Stadt eher ein „Entwicklungsland“ und alles andere als ein boomender Bereich, leider ist das Gegenteil der Fall.“

Vorschlag

Sein Vorschlag: Den steuerlichen Zugewinn, den Berlin durch die hinzuziehenden großen Pharmafirmen erhält, im Gesundheitssektor einstellen und hier dann auch Projekte der Ärzte und Zahnärzte unterstützen, die sich tatsächlich um jeden Einzelnen in der Bevölkerung bemühen, nicht zuletzt um die sozialen Randgruppen, die in Berlin einen hohen Anteil an der Gesamtbevölkerung ausmachen. Derzeit leisten die Berliner Zahnärzte beispielsweise eine zahnmedizinische Notversorgung von Obdachlosen, von Drogenabhängigen und unterstützen die Zahngesundheit von Schwerstbehinderten in Heimen. „Die steuerlichen Mehreinnahmen für bereits bestehende erfolgreiche Gesundheitsprojekte einzusetzen, wäre eine spürbare und echte Investition in den Gesundheitsstandort Berlin und für die Situation und Lebensqualität der Berliner Bürger – es nützt der Gesundheit der Berliner nichts, wenn aus dem Steuersäckel lediglich dieses oder jenes andere in Berlin vorhandene Loch gestopft wird.“

Er hoffe sehr, so Dr. Schmiedel, dass auch die Berliner Bevölkerung und die engagierten Zahnärzte und Ärzte etwas davon haben, dass der angebliche Gesundheitsstandort „boome“: „Es wäre doch schön für uns alle, wir könnten unsere von der Politik geforderten kostenlosen medizinischen Beratungsangebote tatsächlich ausbauen und auch zusätzlich weitere sinnvolle, aufsuchende Projekte realisieren! Aber wenn es um die Ärzte und Zahnärzte geht, erleben wir leider seit Jahren immer weiter verschärfende Restriktionen. Wir sehen uns permanent mit gesetzlichen Forderungskatalogen konfrontiert, die vorschreiben, was wir noch alles tun und aus unseren weiter sinkenden Einnahmen, unserem Familieneinkommen, alles finanzieren müssen, um unsere Praxistür für die Patienten überhaupt noch öffnen zu dürfen.“

In den Arzt -und Zahnarztpraxen zeige sich das wahre Gesicht des „boomenden Gesundheits-standortes“ Berlins: „Die vielen Familien mit niedrigem Einkommen müssen immer mehr Gesundheitsleistungen aus der eigenen Tasche bezahlen, die Mitarbeiter in unseren Praxen können mit den Verdienstzuwächsen in anderen Regionen Deutschlands nicht mithalten, weil die Praxisinhaber selbst oft am wirtschaftlichen Limit arbeiten, und wir finden nur noch mühsam Praxen, die wir dazu überreden können, Nachwuchs für das Praxisteam auszubilden. Ein Boom ist etwas, von dem alle etwas haben – nicht nur das Finanzsäckel der Stadt. Es wäre schön, wir könnten einen Boom an Gesundheit vermelden – wir Zahnärzte und sicher auch die Ärzte stehen dafür gern zur Verfügung. Es sind allein die Ärzte und Zahnärzte, die für die Menschen da sind, wenn sie Schmerzen haben oder gesund werden wollen – nicht die

Unternehmen. Es sind die Praxen der Stadt und nicht der Wirtschaftsstandort, der Berlin gesund macht. Wir Mediziner fordern ganz klar mehr Unterstützung durch den Senat! Niemandem ist gedient mit immer mehr Praxen, die ihren Mut verlieren, in diesen schwierigen Zeiten als vertrauter Ansprechpartner in der Nachbarschaft ihren oft langjährigen Patienten weiterhin zur Verfügung zu stehen. Und sich darüber hinaus zu engagieren. Wir würden uns deshalb außerordentlich freuen, wenn der positive Effekt der nach Berlin kommenden Pharmaunternehmen auch der Gesundheitsversorgung, gerade der sozial schwächeren Bevölkerung, nachhaltige medizinische Unterstützung bringt!“

Quelle und Kontaktadresse:
Zahnärztekammer Berlin Pressestelle Stallstr. 1, 10585 Berlin Telefon: (030) 348080, Telefax: (030) 34808240

(el)

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