Branche fordert innovationsfreundlichere Rahmenbedingungen für die Tiergesundheit in Deutschland und Europa
(Bonn) - In Impulsen beleuchteten Norbert Theihs (Verband der Chemischen Industrie, VCI) die wirtschaftspolitischen Perspektiven nach der Bundestagswahl und Rick Clayton (AnimalhealthEurope) die Herausforderungen der aktuellen Tiergesundheitsgesetzgebung. Dabei wurde deutlich, dass der Sektor ein bedeutender Bestandteil der europäischen Gesundheitswirtschaft ist – gleichzeitig jedoch zunehmend durch bürokratische Hürden, regulatorische Komplexität und fehlende Standortanreize belastet wird. Das europäische Chemikalien- und Arzneimittelrecht, der Bürokratieabbau, aber auch international konkurrenzfähige Energiekosten und eine reduzierte Steuerlast für die Unternehmen sind die entscheidenden Stellschrauben für eine leistungsfähige Branche.
In der anschließenden Podiumsdiskussion erörterten Bundestagsabgeordnete Dr. Franziska Kersten (SPD), Berthold Welling (VCI), Roxane Feller (AnimalhealthEurope) sowie Dr. Rainer Röpke (MSD) zentrale Fragen rund um Innovation, Produktionsbedingungen und Versorgungssicherheit. Besonders im Fokus standen die Auswirkungen europäischer und nationaler Vorgaben auf die Wettbewerbsfähigkeit der Branche sowie konkrete Maßnahmen zur Stärkung des Standorts Deutschland.
Die europäische Tierarzneimittelverordnung, die ursprünglich die Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln verbessern und Innovation fördern sollte, zeigt in einer Zwischenbilanz nach rund fünf Jahren noch Verbesserungspotential. Die damit verbundenen regulativen Anforderungen und umfangreichen Dokumentationspflichten stellen eine Herausforderung für Tiergesundheitsunternehmen und Tierärzte dar. Insbesondere die Implementierungsphase führte zu einer erheblichen Mehrbelastung der Unternehmen. Weitgehend ungenutzt ist noch die Digitalisierung, um die Effektivität der Prozesse zu verbessern.
Technologieoffenheit und Planungssicherheit notwendig
Die Diskussion zeigte, dass die Innovationskraft der Tiergesundheitsbranche maßgeblich von einem technologieoffenen Umfeld und planungssicheren regulatorischen Rahmenbedingungen abhängt. Die Branche kann in Europa auf schnelle und verlässliche Verfahren zur Marktzulassung von Tierarzneimitteln bauen. Auch die Chancen neuer Technologien werden zunehmend anerkannt. Unternehmen sehen sich aber mit komplexen Genehmigungsverfahren am Standort oder bei Studien, mit einer Unmenge an gesetzlichen Regelungen und hohen, oft nicht zielführenden bürokratischen Hürden konfrontiert. Bezeichnend sind die in den vergangenen Jahren von durchschnittlich 10% auf rund 7-8% des Unternehmensumsatzes abgesunkenen Investitionen in die Forschung, bei sehr hohen Aufwendungen zum Markterhalt der Produkte sowie die Verschiebung des Fokus der Forschungsschwerpunkte hinsichtlich der Markteintrittshürden und dem Erfolgspotential am Markt.
Um Forschung und Entwicklung sowie Produktion in Europa zu halten, ist es dringend erforderlich, politische und wirtschaftliche Impulse zur Stärkung des Standorts zu setzen. Der Tiergesundheitssektor muss europäisch wie national von einer klaren Innovations- und Investitionsagenda profitieren können.
Bürokratie abbauen – Wettbewerbsfähigkeit stärken
Europäischen Vorgaben sollte national gefolgt werden und zusätzliche Regelungen vermieden werden. Mehr Vertrauen in die Unternehmenstätigkeiten ist der Wunsch an die Politik. Im europäischen Vergleich mindern zudem mangelnde Flexibilität, etwa bei der Arbeitszeitgesetzgebung und fehlende Harmonisierung von Genehmigungsverfahren durch Landesbehörden, die Attraktivität des Standorts. Ein ambitionierter und an der Realität orientierter Bürokratiecheck in Kombination mit der Entschlackung regulativer Vorgaben ist notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern.
Deutlich formuliert wurden hohe Erwartungen an den am Wettbewerbskompass orientierten Kurs der EU, aber auch an die neue Bundesregierung für eine faktenbasierte Gesetzgebung und klare Signale für einen Wachstumspfad. Positiv aufgenommen wurde der Impuls, in einer nationalen Tiergesundheitsstrategie auch eine zielführende Deregulierung mitzubetrachten. Ein zentraler Punkt ist, die Tiergesundheit als eigenständigen und gleichwertiger Pfeiler einer ganzheitlichen One-Health-Strategie dauerhaft zu stärken. Als fester Bestandteil einer zukunftsfähigen Gesundheits-, Innovations- und Standortpolitik kann der Nutzen der Tiergesundheit für die Gesellschaft für das Zusammenleben von Mensch und Tier, sichere Lebensmittel und nachhaltige Landwirtschaft sowie eine verbesserte öffentliche Gesundheit ausgeschöpft werden.
„Um auch künftig eine sichere Versorgung der Tiere und die notwendigen Innovationen sicherzustellen, ist es wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in Deutschland und Europa mutig zu stärken und deutlich zu verbessern“, betonte Julia von Gablenz, Vorsitzende des BfT in ihrem Résumé zur Veranstaltung.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband für Tiergesundheit e.V. (BfT), Sabine Schüller, Geschäftsführer(in), Koblenzer Str. 121-123, 53177 Bonn, Telefon: 0228 318296