Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Bürgermeister und Schulleiter richten Appell an Seehofer und Spaenle / In einem offenen Brief fordern sie die Genehmigung schulartübergreifender Schulmodelle / BLLV- Tagung zur Regionalen Schulentwicklung

(München/Nürnberg) - 60 Bürgermeister, Gemeindevertreter und Schulleiter aus ganz Bayern haben in einem offenen Brief an Ministerpräsident Seehofer und Kultusminister Spaenle den Appell gerichtet, ihre Anträge auf Regionale Schulentwicklung (RSE) zu genehmigen und Modelle zu erlauben, die die Anbindung eines Realschulzweiges an ihren Hauptschulen vorsehen. "Das Kultusministerium muss uns eine Chance auf schulische Entwicklung geben", heißt es in dem Schreiben. "Die von der Staatsregierung vorgesehenen Kooperationsschulen stellen für die Gemeinden keine Lösung dar, weil sie auf der strikten Trennung der Schularten basieren und die räumliche Nähe von Haupt- und Realschulen voraussetzen, die jeweils mindestens zwei Klassen pro Jahrgang aufweisen müssen", erklärte der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel. Auf seine Einladung trafen sich am vorgestrigen Mittwoch (6. Mai 2009) Bürgermeister, Gemeindevertreter und Schulleiter zu einer RSE-Tagung in Nürnberg. Den Erstunterzeichnern des Briefes sollen nun weitere folgen: Das Schreiben wird auch an andere interessierte Kommunen mit der Bitte um Unterschrift verschickt. "Wir wollen zeigen, dass es sich hier nicht um Einzelinteressen handelt, sondern um ein Anliegen, das in vielen bayerischen Gemeinden große Bedeutung hat", betonte Wenzel.

"Die Bürgermeister wollen nicht akzeptieren, dass das Kultusministerium bislang alle schulartübergreifenden Anträge abgelehnt hat - obwohl die Gemeinden die jeweiligen Anträge einstimmig und nach langen und sorgfältigen Diskussionen beschlossen haben", sagte Wenzel. Unterstützt werden sie von ihren Gemeinderäten, von Eltern, Schulleitern und Lehrern. Sie alle sehen sich um die Möglichkeit gebracht, pragmatisch Schulstandorte zu erhalten und qualitativ hochwertige pädagogische Schulabschlüsse vor Ort anbieten zu können - "nur weil das Kultusministerium bestimmt, dass die Eigenständigkeit der Schularten nicht angetastet werden darf. Wir sind bitter enttäuscht und fordern den Kultusminister auf, auch Anträge zu genehmigen, die über die engen Kriterien des Modellversuchs Kooperationsschulen hinausgehen", heißt es in dem offenen Brief. Das vorgegebene Regelwerk wird als "zu starr" kritisiert.

Bleibt das Ministerium bei den engen Vorgaben für die Kooperationsschulen, hat dies für viele Gemeinden weitere Schulschließungen zur Folge. "Für die Betroffenen wäre dies katastrophal", betonte Wenzel und bezeichnete das Festhalten an überholten Strukturen als "dogmatisch". "Ich erkenne darin auch einen eklatanten Widerspruch: Einerseits betont die Staatsregierung ständig, sie wolle den ländlichen Raum stärken und eine Politik nahe am Menschen machen, andererseits schwächt sie zahlreiche Kommunen empfindlich und gibt politische Richtlinien vor, die sich gerade nicht an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort orientiert."

Schulschließungen führen dazu, dass Kinder lange Schulwege in Kauf nehmen müssen, stundenlang unterwegs sind und sich schließlich mehr am neuen Schulstandort und weniger am Wohnort orientieren. Sie müssen außerdem häufig sehr früh aufstehen - für viele Kinder eine große Belastung. Hinzu kommt, dass teuer sanierte Gebäude leer stehen und Familien fern bleiben, weil sie Wohnorte bevorzugen, die ein attraktives Schulangebot vorhalten.

Auch Schulverbünde, wie sie das Kultusministerium im Rahmen der Hauptschulinitiative vorschlägt, sind im ländlichen Raum keine Lösung.

Kleine Hauptschulen sollen dabei ihr Fächerangebot auf verschiedene Standorte aufteilen. Die Schüler sollen von den verschiedenen Schulstandorten zum jeweiligen Angebot transportiert werden. Sie haben dann keinen festen Schulstandort mehr, ein Teil von ihnen ist immer unterwegs, viele müssen längere Anfahrtswege in Kauf nehmen.

Insbesondere aber kann dem Wunsch von immer mehr Eltern nach einem wohnortnahen Realschulabschluss für ihr Kind nicht entsprochen werden.

Steigende Übertritte in die Realschulen und das Auspendeln dieser Schüler können nicht gestoppt werden. "Es muss folglich ein Realschulabschluss am Wohnort angeboten werden", betonte Wenzel. "Nur so lässt sich der Schulbestand vor Ort sichern."

Wenzel warnte vor einem "Sturm der Entrüstung, den die systematische Entschulung des ländlichen Raums" auslösen wird. "Ich kenne viele Bürgermeister, die sich mit einer lapidaren Absage aus München nicht abfinden werden."

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Pressestelle Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155

(el)

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