Bundesgerichtshof kippt Lufthansa-Nachzahlklausel
(Berlin) - Eine Fluggesellschaft darf sich nicht pauschal vorbehalten, von Passagieren eine Nachzahlung zu verlangen, wenn sie die gebuchten Flüge nicht vollständig und in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge antreten. Das sollte auch für Reisende gelten, bei denen sich erst nach der Buchung herausstellt, dass sie nur ein Teilstück der gebuchten Strecke abfliegen können. Die entsprechende Vertragsklausel der Lufthansa ist rechtswidrig, weil sie einen Teil der Betroffenen unangemessen benachteiligt, entschied der Bundesgerichtshof nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
„Die Lufthansa wollte den Flugpreis in allen Fällen nachträglich anpassen, in denen Kund:innen einen Flug für eine gebuchte Teilstrecke nicht antreten“, sagt Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands. „Der Bundesgerichtshof hat klargestellt: Das ist unfair gegenüber Fluggästen, die eine Teilstrecke wegen einer Erkrankung oder anderen erst nach der Buchung eingetretenen Gründen nicht nutzen. Die Lufthansa hat dadurch keinen Schaden. Sie kann die frei gewordenen Plätze oft sogar noch verkaufen.“
Wer in der Vergangenheit aufgrund der nun verworfenen Klausel zu viel gezahlt oder andere Nachteile erlitten hat, sollte sich rechtlich beraten lassen, zum Beispiel bei einer Verbraucherzentrale. Eine automatische Rückerstattung erfolgt nicht.
Verwirrendes Tarifsystem
Die Lufthansa bietet wie andere Fluggesellschaften Tarife an, bei denen die im Flugschein enthaltenen Teilstrecken vollständig und in der gebuchten Reihenfolge abgeflogen werden müssen. Für Kund:innen, die zum Beispiel eine Teilstrecke nicht nutzen, sah die strittige Klausel in den Beförderungsbedingungen eine Nachzahlungspflicht vor. War der Preis für die tatsächlich geflogene Strecke am Tag der Buchung höher, mussten sie die Differenz zum ursprünglichen Ticketpreis nachzahlen.
Hintergrund der Regelung ist eine Besonderheit im Tarifsystem vieler Airlines. Ein zusammengesetzter Flug mit Zwischenstopp ist oft günstiger als eine Teilstrecke separat zu buchen. Ein Hin- und Rückflug kostet mitunter weniger als ein One-Way-Ticket auf der gleichen Strecke. Ohne Nachzahlungspflicht könnten Fluggäste dieses System leicht austricksen: Anstelle des teuren Einfach-Fluges buchen sie den günstigeren Hin- und Rückflug und lassen die nicht benötigte Teilstrecke einfach verfallen.
Lufthansa-Klausel war übermäßig weit gefasst
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes haben Fluggesellschaften zwar ein berechtigtes Interesse daran, ihre Preisstruktur zu schützen. Die Nachkalkulation des Flugpreises sei aber nur gegenüber Fluggästen gerechtfertigt, die das Tarifsystem gezielt umgehen, indem sie Leistungen buchen, die sie gar nicht in Anspruch nehmen möchten. Die Lufthansa-Klausel gelte dagegen auch für Kund:innen, die bei Vertragsabschluss die gesamte vereinbarte Leistung nutzen wollten und ihre Planung erst aufgrund nachträglich zutage getretener Umstände geändert haben. Eine erhebliche Gefahr für den Bestand des besonderen Preisgefüges sei in diesen Fällen nicht begründet. Die Regelung verstoße gegen das Übermaßverbot und benachteilige diese Kund:innen unangemessen.
Der Bundesgerichtshof bestätigte mit seiner Entscheidung ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom vergangenen Jahr. Auch die Frankfurter Richter hatten beanstandet, dass die Lufthansa keinen Unterschied mache zwischen Fluggästen, die ihre Tarifstruktur bewusst ausnutzen, und denen, die eine Teilstrecke unfreiwillig und unverschuldet nicht in Anspruch nehmen.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.10.2025, Az. X ZR 110/24
Quelle und Kontaktadresse:
(vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., Rudi-Dutschke-Str. 17, 10969 Berlin, Telefon: 030 258000
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen


