Bundesrat stärkt Pflegebedürftigen den Rücken / Pflege-Korrekturgesetz zieht Konsequenzen aus umstrittenem Urteil des Bundessozialgerichts / bpa: SPD und Grüne sollten zustimmen
(Berlin) - Pflege-Leistungen der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung sollen besser von einander abgegrenzt werden, um pflegende Angehörige zu stärken und die Leistungsfähigkeit von ambulanten Pflegediensten zu sichern. Dieses sieht das Pflege-Korrekturgesetz vor, das der Bundesrat heute beschlossen hat.
Hintergrund ist ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. Oktober 2001 (sog. Kompressionsstrümpfeurteil). Danach ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) in die Zuständigkeit der Pflegeversicherung fallen. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden damit der sozialen Pflegeversicherung zugeordnet.
Beispiel: Ein Versicherter der Pflegestufe I erhält Sachleistungen in Höhe von 384 Euro. Verordnet der Arzt das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen und liegen die durch das BSG festgelegten Voraussetzungen zur Kostenübernahme durch die Pflegeversicherung vor, ergibt sich folgende Rechnung (auf Grundlage der derzeitigen durchschnittlichen Vergütungen in den Ländern): 30 Tage x (5,07 Euro x 2) = 304,20 Euro
Damit verbleiben einem Pflegebedürftigen mit der Pflegestufe I für seinen Hilfebedarf bei den Verrichtungen des täglichen Lebens nur noch 79,80 Euro. Rund 80% des Leistungsvolumens werden durch die Leistungen der häuslichen Krankenpflege aufgebraucht.
Diese Leistungsverschiebung in die Pflegeversicherung hat aufgrund der gedeckelten Leistungsbeträge für die Versicherten zu massiven Zuzahlungen geführt, weil ein Großteil ihres Sachleistungsbudgets aus der Pflegeversicherung verbraucht wird für eine Leistung, die eigentlich von der Krankenkasse zu finanzieren ist. Hier setzt der Gesetzesantrag aus Bayern an und definiert den Vorgaben des BSG folgend exakt, wann eine behandlungspflegerische Leistung Bestandteil der Pflegerversicherungsleistungen sein kann.
Bernd Tews, Geschäftführer des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), begrüßt den Gesetzesentwurf: Staatsministerin Stewens ist konsequent. Wir haben letztes Jahr in Kassel auf die höchst problematischen Auswirkungen dieses Urteils für die Pflegebedürftigen und die Pflegedienste hingewiesen. Die bayrische Staatsministerin hat dem bpa daraufhin eine Initiative angekündigt. Mit dem Pflege-Korrekturgesetz werden die Konsequenzen gezogen.
Zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden und weiteren Verbänden der Pflegedienste hatte der bpa eine in Fachkreisen viel beachtete Tagung zu dem Kompressionsstrumpf-Urteil organisiert. Dort diskutierten Experten unter Moderation des bpa die Auswirkungen des Urteils und zeigten konstruktive Lösungsmöglichkeiten auf, die der bpa in die Politik eingebracht hat und die Christa Stewens jetzt umsetzen will. Nach der heute erfolgten Zustimmung im Bundesrat ist jetzt der Bundestag am Zug. Das Gesetz bedarf dort der Zustimmung.
Tews appellierte an SPD und Grüne, dem Gesetz zuzustimmen. Die pflegepolitischen Sprecher haben sich vor kurzem auf unserer Mainzer Fachtagung klar gegen Leistungsverschiebungen ausgesprochen. Genau dieses wird mit dem Pflege-Korrekturgesetz erreicht. Wir hoffen deshalb, dass auch SPD und Grüne im Bundestag dem Gesetz zustimmen, um schnellstmöglich die finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen rückgängig zu machen.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.(bpa), Bundesgeschäftsstelle
Hannoversche Str. 19, 10115 Berlin
Telefon: 030/308 788 60, Telefax: 030/308 788 89
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