Bundesregierung bremst Mittelstand erneut aus: Dehoga verlangt Kurskorrektur bei der Betriebsverfassung
(Berlin) - Hotellerie und Gastronomie in Deutschland protestieren mit Nachdruck gegen den Entwurf des Bundeskabinetts zum Betriebsverfassungsgesetz, der am Donnerstag (5.4.2001) in erster Lesung im Bundestag beraten wird. "Mit den geplanten Änderungen verliert die Bundesregierung ihr vorrangiges Ziel aus den Augen, die Arbeitslosigkeit wirkungsvoll zu bekämpfen", erklärt Dr. Erich Kaub, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), in Berlin. Die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes verursache mehr Bürokratie und Kosten in den Unternehmen, sie sei daher arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiv und beschäftigungsfeindlich.
Der DEHOGA fordert die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen auf, im jetzt beginnenden Gesetzgebungsverfahren die übermäßig starke Belastung mittelständischer Unternehmen abzuwenden, damit größerer Schaden vermieden werde.
Allein die beabsichtigte Senkung des Schwellenwertes für die Freistellung eines Betriebsrates von 300 auf 200 Mitarbeiter verursache in einem Hotel mit 200 Angestellten Mehrkosten von mindestens 100.000 DM pro Jahr. Nur diese Freistellung führt zu einer Gesamtpersonalkostensteigerung von geringstenfalls 1,3 Prozent. "Dies ist eine unzumutbare Belastung! Hier zahlen im Endeffekt nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Mitarbeiter die Zeche, wenn unsere Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig sind," empört sich Dr. Kaub.
Noch gravierender wirkt sich die überproportionale Benachteiligung des Gastgewerbes bei Hotel- und Restaurantketten im Vergleich zu Großbetrieben aus. So soll in einem Betrieb mit 2.000 Mitarbeitern die Arbeitnehmervertretung künftig aus 17 Personen bestehen. Sind diese 2.000 Mitarbeiter, wie z.B. bei einer Hotelgesellschaft üblich, auf 15 Betriebe mit Mitarbeiterzahlen zwischen 101 und 150 verteilt, sieht das Gesetz jetzt schon 75 Betriebsratsmitglieder vor, also über viermal mehr als im Großbetrieb.
Diese unverhältnismäßige Belastung wird weiter fortgeschrieben. Künftig sollen in diesen Filialunternehmen mit 2.000 Beschäftigten 105 Arbeitnehmer Betriebsratstätigkeit leisten können. Dies ist eine Steigerung von 40 Prozent! "Unter diesen Umständen wird es unseren Unternehmen schwer fallen, weiterhin optimale Servicequalität zu bieten", so Dr. Kaub.
"Ohnehin sollte sich die Bundesregierung viel stärker an den Wirklichkeiten der Arbeitswelt orientieren, anstatt einseitig gewerkschaftlichen Interessen Rechnung zu tragen", mahnt DEHOGA-Präsident Kaub an. In den meisten Kleinbetrieben hätten sich bereits heute moderne und flexible Formen der Mitbestimmung jenseits der gesetzlichen Betriebsverfassung entwickelt. "Vor diesem Hintergrund muss darüber nachgedacht werden, die Bildung von Betriebsräten erst ab einer Beschäftigtenzahl von mindestens 50 gesetzlich zu verankern", regt Dr. Kaub an.
Stattdessen versuche die Bundesregierung z.B. ein vereinfachtes Wahlverfahren zu etablieren, das Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiere und Manipulationen Tür und Tor öffne. Nach wie vor besteht in den Betrieben die Möglichkeit, dass eine kleine Minderheit gegen die Mehrheit der Arbeitnehmer handelt. Diese Situation wird durch das vorgesehene Schnellverfahren bei den Betriebsratswahlen noch verschärft. "Ein Betriebsrat sollte die Belange der gesamten Belegschaft im Auge haben und muss daher auch von einer Mehrheit legitimiert werden. Das Betriebsverfassungsgesetz darf in unseren Unternehmen nicht die Gesetzmäßigkeiten der Demokratie aushebeln," so Dr. Kaub.
Der DEHOGA fordert von der Regierungskoalition, den Dialog, der bisher nur mit den Gewerkschaften gesucht wurde, nun endlich auch mit den Vertretern der Wirtschaft zu pflegen. "Die Bundesregierung hat dem Mittelstand in den letzen zwei Jahren durch 630-DM-Gesetz, Teilzeitgesetz und "Ökosteuer" genügend Lasten aufgebürdet! Es ist langsam an der Zeit, dass auch die Stimmen gehört werden, die in diesem Land wirklich Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen", verlangt Dr. Kaub.
Quelle und Kontaktadresse:
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Marc Schnerr, Pressesprecher
Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V. (DEHOGA), Berlin
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