Bundesregierung muss Zusagen zu Gemeindefinanzen einhalten / Bei der Gewerbesteuerreform nicht auf stabilisierende Elemente verzichten
(Berlin) - Mit Empörung reagierten der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund am 28. Juli in Berlin auf Meldungen, Bundesfinanzminister Eichel wolle entgegen den bisherigen Plänen zur Modernisierung der Gewerbesteuer auf die stabilisierenden Hinzurechnungen von Zinsen und Teilen von Mieten, Pachten und Leasingraten verzichten. Damit gefährdet die Bundesregierung ganz massiv ihre kommunalpolitische Glaubwürdigkeit, sagten die Hauptgeschäftsführer der beiden Verbände, Dr. Stephan Articus und Dr. Gerd Landsberg.
Die Städte und Gemeinden stecken in der schwersten Finanzkrise seit der Gründung der Bundesrepublik. Als vor gut einem Jahr die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen einberufen wurde herrschte Einigkeit, dass die Kommunalfinanzen dringend auf einem Niveau stabilisiert werden sollten, das auch die Finanzierung der freiwilligen Aufgaben in ausreichendem Maß ermöglicht. In diese Richtung gingen auch die Ergebnisse der Kommissionsarbeit. Sollten Meldungen zutreffen, der Bundesfinanzminister wolle auf die wichtigsten stabilisierenden Elemente des erarbeiteten Gewerbesteuermodells verzichten und sogar die bisher bestehenden Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer abschaffen, wäre das Jahr intensiver Arbeit in der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen für die Städte und Gemeinden völlig sinnlos gewesen. Die Kommission, an deren Spitze die Bundesminister Eichel und Clement standen, würde im Nachhinein zur Farce. Dies, so Articus und Landsberg, wäre eine Ohrfeige für die Kommunalpolitiker in Deutschland.
Die kommunalen Spitzenverbände halten es für zwingend erforderlich, neben spürbaren Entlastungen auf der Ausgabenseite die Gewerbesteuer so zu modernisieren, wie es den ursprünglich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsamen Zielsetzungen entspricht. Scheinbare Kompromissvorschläge zur Gewerbesteuer, wie sie derzeit diskutiert werden, verzichten auf Kernelemente der Kommunalsteuer. Dazu gehört insbesondere eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage durch den Ausbau von finanzierungsunabhängigen Elementen keineswegs aber die Abschaffung der bereits stabilisierenden Elemente dieser Art. Da auch große und konzernverbundene Unternehmen wieder ihren angemessenen Beitrag zur Finanzierung kommunaler Aufgaben leisten müssen, sind diese Elemente nicht nur im Sinne einer Stabilisierung, sondern auch zur Wiederherstellung der Steuergerechtigkeit unverzichtbar. Es müsse, so Articus und Landsberg, endlich Schluss damit sein, dass große Unternehmen zwar fröhlich Dividenden zahlten, sich um die Mitfinanzierung der kommunalen Infrastruktur aber herumdrücken könnten.
Die in der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen angestellten Modellrechnungen beweisen, dass das Kommunalmodell entgegen den Vorwürfen der Wirtschaftsverbände kein Steuererhöhungsmodell ist, sondern es zum Teil zu erheblichen Entlastungen bisheriger Gewerbesteuerzahler und zu vertretbaren Belastungen bisheriger Nichtzahler kommt. Die Kommunen haben eben keine Vorschläge zur Besteuerung der Unternehmenssubstanz, etwa zur Besteuerung des Gewerbekapitals vorgelegt. Neben Zinsen und der Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten und Leasingraten können zurzeit auch eine Vielzahl anderer Kosten steuerlich nicht abgesetzt werden. Auch Grundsteuer oder Mehrwertsteuer sind gewinnunabhängig, ohne dass dies je kritisiert worden wäre.
DST und DStGB fordern Bundeskanzler Schröder auf, die in der Regierungserklärung vom 14. März 2003 eingeschlagene Linie für die Gemeindefinanzreform beizubehalten. Es dürfe nicht sein, dass das Vertrauen der Städte und Gemeinden, das durch Festlegungen der Koalitionsfraktionen und der Parteitage von SPD und Grünen gefestigt worden sei, nun einem wirtschaftspolitischen Opportunismus geopfert werde. Die Politik laufe Gefahr, hier einen billigen Kompromiss zu Gunsten der Wirtschaft und zu Lasten der Städte und Gemeinden zu schmieden. Die Zeche einer solchen Politik zahlten die Bürgerinnen und Bürger durch den Verlust von lebenswerten Städten und Gemeinden.
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