Bundessozialgericht: Heimträger steht Klageweg gegen Pflegekassen offen / VDAB: Höherstufung des Bewohners bleibt mit hohem Aufwand verbunden
(Essen) - Pflegeheime können künftig eigenständig und unmittelbar gegen die Pflegekasse eine Leistungsklage vor den Sozialgerichten auf Zahlung der Pflegeversicherungsleistungen nach einer höheren Pflegeklasse erheben. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens sei die Pflegeeinstufung des beizuladenden Versicherten zu prüfen, so die Richter des 3. Senats des Bundessozialgerichtes in ihrer Entscheidung vom 1. September 2005 (B 3 P 9/04 R).
Notwendig, so das Bundessozialgericht, sei das eigenständige Klagerecht der Heime deswegen, da Pflegebedürftige an einer höheren Einstufung aufgrund des damit verbundenen höheren finanziellen Eigenanteils häufig nicht interessiert seien, dies trotz gestiegenem Pflegeaufwand. Die Einstufung eines Pflegebedürftigen in eine der drei Pflegestufen bestimme sich nach dem Umfang des täglichen Hilfebedarfs bei der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung im häuslichen Umfeld. Neben der allgemeinen Pflege hätten die Pflegeheime, so das Gericht, auch für die medizinische Behandlungspflege und die soziale Betreuung der Bewohner zu sorgen. Beide letztgenannten Bereiche spielten jedoch für die Einordnung wie auch Höherstufung in eine der drei Pflegestufen keine Rolle. Dieser Bedarf sei allerdings in die Pflegesätze einzukalkulieren und, sofern marktgerecht, auch durchsetzbar.
Eine solche marktgerechte Vergütung der Leistungen der medizinischen Behandlungspflege und sozialen Betreuung, wie die Richter es vorsehen, setze voraus, so der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. (VDAB), dass diese definiert sind. Der Gesetzgeber steht in der Pflicht. Er muss endlich klar vorgeben, was ein Pflegeheim an medizinischer Behandlungspflege und sozialer Betreuung zu leisten hat und was demgemäß auch vergütet wird.
Zu Recht erhält das Pflegeheim jetzt erstmalig die Möglichkeit, seine Mehrleistungen an Pflege vor Gericht einzuklagen und im Erfolgsfall durch eine Höherstufung des Bewohners auch vergütet zu bekommen, wertet Michael Schulz, Geschäftsführer des VDAB, das Urteil. Bisher seien den Pflegeheimen ohne Mitwirkung des jeweiligen Heimbewohners weitgehend die Hände gebunden gewesen. Diese unbefriedigende Situation ist jetzt gelöst, wenn auch der aufwendige Klageweg dazwischen geschaltet wurde. Zu prüfen ist, ob sich diese Entscheidung auch auf den ambulanten Bereich ausweiten lässt. Vieles spricht dafür.
Der VDAB erwartet für die Zukunft zahlreiche Verfahren und entsprechende Mehrkosten. Für die Pflegeversicherung können dadurch höhere Ausgaben entstehen.
Nach Auffassung des VDAB ist durch die Beiladung des Versicherten vor Gericht zwar klargestellt, dass dieser die neue Pflegestufe gegen sich gelten lassen müsse, wohl aber sei eine konkrete Zahlungsverpflichtung des Bewohners nicht Gegenstand einer sozialgerichtlichen Verhandlung. Diese müsste im Bedarfsfall zivilrechtlich umgesetzt werden.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. (VDAB)
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