Pressemitteilung | CARE Deutschland e.V.

CARE wendet sich an die Vereinten Nationen / Irak-Krieg hätte katastrophale Folgen / Büroleiterin aus Bagdad beim Weltsicherheitsrat

(Bonn/New York) - Deutschland hat am 1. Februar den Vorsitz im Weltsicherheitsrat übernommen. Aus diesem Anlass warnt CARE, eine der wenigen großen Hilfsorganisationen im Irak, erneut vor den katastrophalen Folgen eines Krieges. Margaret Hassan, Leiterin des CARE-Büros in Bagdad, traf jetzt in New York mit Vertretern des Weltsicherheitsrates und weiterer UN-Organisationen zusammen, um sie über die gegenwärtige humanitäre Krise in ihrem Land zu informieren.

Nach Verhängung umfassender UN-Sanktionen im Jahr 1990 und dem ersten Golfkrieg 1991 erreichte die Not bereits Mitte der 90er Jahre verheerende Ausmaße. "Die Menschen im Irak haben keine Kräfte mehr, mit einer zusätzlichen Krise fertig zu werden", erklärt Hassan.

Vor dem Golfkrieg hatten die Iraker einen hohen Lebensstandard, die Mehrheit der Bevölkerung zählte zur relativ wohlhabenden Mittelschicht. Mit einem guten ildungsniveau, geringer Kindersterblichkeit, ausreichendem Zugang zu Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen lag der Irak 1990 noch an 67. Stelle des UN-Entwicklungsindexes. Grundlage des hohen Lebensstandards bildeten die Einkünfte aus Ölexporten. Als diese nach 1990 ausblieben, geriet der Irak rasch in eine Situation, die geprägt war von Nahrungs- und Wassermangel, verfallenden Gesundheits- und Bildungssystemen, einer kollabierenden oder zerstörten Infrastruktur und Wirtschaft. Konsequenz dieser Entwicklung war eine sich ständig verschärfende humanitäre Krise.

Durch den Kollaps der Wasseraufbereitung im Irak fließen Tag für Tag 500.000 Tonnen ungeklärter Abwässer in saubere Quellen. Allein 300.000 Tonnen verschmutzen den Tigris in Bagdad - die einzige Wasserquelle der Hauptstadt.

Elektrischer Strom, einst auch in entlegensten Dörfern verfügbar, fließt heute in vielen Teilen des Irak kaum noch zwölf Stunden am Tag. Weite Teile der Bevölkerung im Zentral- und Südirak spüren die dramatischen Auswirkungen: Wasserquantität und -qualität nehmen ab, die Arbeit von Gesundheitsdiensten und Bildungseinrichtungen ist zunehmend gefährdet.

"Öl für Lebensmittel" - Rationen reichen nicht

Obwohl das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen bestätigt, dass das staatliche System der Lebensmittelausgabe hoch effizient ist, sind die von der irakischen Regierung verteilten Monatsrationen aus dem "Oil-for-Food"-Programm unzureichend. Sie versorgen die meisten Familien lediglich 21 bis 25 Tage. Der Kaloriengehalt dieser Unterstützung entspricht zwar Mindeststandards der Weltgesundheitsorganisation, die Zusammensetzung der Nahrung aber bleibt unausgewogen. Sie besteht hauptsächlich aus Kohlenhydraten, ist arm an Proteinen und Nährstoffen. Nach Angaben des WFP bildet die staatliche Lebensmittelhilfe für 40 Prozent der Iraker gleichzeitig Hauptquelle des Familieneinkommens. Die Bevölkerung verfügt nur noch über wenig oder gar kein Bargeld. Nach Berichten des UN-Generalsekretärs müssen viele Familien Teile ihrer Ration gegen andere lebensnotwendige Güter tauschen.

In den zwölf Jahren des Wirtschaftsembargos haben die meisten Iraker alles veräußert, was sie besaßen. In vielen Fällen wurden Möbel, Teppiche, Küchengeräte und anderer Hausrat verkauft, um Geld für dringend benötigte Medikamente und Behandlungen oder zur Befriedigung anderer wichtiger Grundbedürfnisse aufzubringen. Heute besitzen die meisten Familien im Irak wenig mehr als ein eigenes Dach über dem Kopf.

Ein Drittel der Kinder geht nicht mehr zur Schule

Der Anteil chronisch unterernährter Kinder unter fünf Jahren stieg von 18,7 Prozent nach dem Golfkrieg 1991 auf 30 Prozent im Jahr 2000. Irakische KIeinkinder leiden durchschnittlich 14 mal im Jahr unter Durchfall, was einem Anstieg von etwa 300 Prozent gegenüber 1990 entspricht. Ein Drittel aller Kinder besucht keine Schule mehr, weil ihre Familien nicht in der Lage sind, die damit verbundenen Kosten zu tragen. Dies gefährdet auch die Gleichberechtigung im Irak: Mehr Mädchen als Jungen werden heute vom Unterricht fern gehalten, während vor 1990 die Teilnahme ausgewogen und der Bildungskanon für Jungen und Mädchen annähernd gleich war. Mehr als die Hälfte der Schulgebäude im Irak befinden sich laut UNICEF in einem für Schüler und Lehrer unzumutbaren Zustand.

CARE nahm seine Tätigkeit im Irak nach dem ersten Golfkrieg auf. Seither ist das Hilfswerk die einzige internationale Nicht-Regierungsorganisation, die kontinuierlich im Süden und der Mitte des Irak präsent war und dort bis heute aktiv ist. In den vergangenen elf Jahren hat CARE mit Projekten der humanitären Unterstützung und des Wiederaufbaus mehr als sieben Millionen Menschen erreicht - etwa ein Drittel der irakischen Bevölkerung.

Seit 1995 konzentriert CARE seine Projekte auf die Arbeitsschwerpunkte Wasser, Gesundheit und Kinder. Unter anderem wurden 97 Kinderkliniken regelmäßig mit Ergänzungsnahrung und lactose-freier Milch versorgt. Durch
diese Programme gewann CARE einen nachhaltigen Einblick in den Gesundheitszustand der Bevölkerung und die Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern oder Gesundheitszentren.

"Weil CARE dort hilft, wo die Not am größten ist, kennen wir jedes einzelne Hospital im Irak", sagt Margaret Hassan. "Wir tun, was wir können. Unsere größten Ressourcen sind die Erfahrung und das Engagement unserer 30 einheimischen Mitarbeiter." Ein Krieg im Irak würde ihre Arbeit mit der Not leidenden Bevölkerung um Jahre zurück werfen.

Um die Irak-Hilfe aufrecht erhalten und intensivieren zu können, ist CARE auf Spenden angewiesen:

Spendenkonto 44 040
Stichwort "Irak"
Sparkasse Bonn (BLZ 380 500 00)
Online-Spenden: www.care.de

Quelle und Kontaktadresse:
CARE Deutschland e.V. Dreizehnmorgenweg 6 53175 Bonn Telefon: 0228/975630 Telefax: 0228/9756351

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