Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)
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Chatkontrolle „light“: Big Brother, aber freiwillig

(Berlin/Brüssel) - Nachdem die Pläne der dänischen Ratspräsidentschaft für die Einführung einer verpflichtenden Chatkontrolle gescheitert sind, soll das bereits bestehende zeitlich begrenzte, für Unternehmen freiwillige Modell nun in eine permanente Form gegossen werden. Der Rat der Europäischen Union hat diesen Kompromiss, dem auch Deutschland zustimmt, gestern beschlossen. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt auch diese abgeschwächte Form der Chatkontrolle ab.

„Grundrechtsverstöße bleiben auch dann Grundrechtsverstöße, wenn man Unternehmen freistellt, sie zu begehen“, erklärt Rechtsanwalt Dr. David Albrecht, Mitglied im Ausschuss Recht der Inneren Sicherheit des Deutschen Anwaltvereins. Der große Kritikpunkt an den Plänen der Ratspräsidentschaft war die anlasslose Massenüberwachung von Millionen Bürgern. Dieser rechtsstaatliche Mangel wird nicht geheilt, indem die Entscheidung darüber, wie viele Menschen von den Maßnahmen betroffen sind, an private Unternehmen ausgelagert wird.

Überwachungspflicht durch die Hintertür

Zwar besagt der Entwurf, dass eine Verpflichtung mit der Verordnung nicht einhergehen soll. „Die geplante Verordnung würde Diensteanbieter allerdings zu ‚Risikominderungsmaßnahmen‘ verpflichten und könnte so letztlich doch zum Scannen von Kommunikationsinhalten zwingen“, warnt Albrecht.

Auch der Berufsgeheimnisträgerschutz wird nach wie vor nicht gewährleistet – vertrauliche Kommunikation zwischen Anwält:innen und ihrer Mandantschaft wäre somit von der Überwachung betroffen.

Blaupause für weitere Kriminalitätsfelder?

„Uns besorgt auch“, so Albrecht, „dass schon jetzt Forderungen danach aufkommen, die Überwachungsmaßnahmen nicht nur zur Verfolgung von Missbrauchsdarstellungen, sondern auch in anderen Kriminalitätsbereichen zur Anwendung zur bringen.“ Die Chatkontrolle drohe so zur Blaupause zu werden für weitere Maßnahmen, die tief in die Grundrechte aller Bürger eingreifen.

Hohe Fehlerquote

Das Instrument ist nicht neu – und deshalb sind auch die Mängel längst bekannt. „Rund die Hälfte der Meldungen, die durch die Chatkontrolle abgegeben werden, sind laut Bundeskriminalamt strafrechtlich irrelevant“, so Rechtsanwalt Albrecht. Eine solche Menge unbedenklicher Nachrichten, die an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden, sei hochproblematisch.

„Wir sollten uns nicht von dem als ‚Minimalkompromiss‘ angepriesenen Vorschlag blenden lassen“, mahnt Dr. David Albrecht. Wie schon die vorherigen Vorstöße auf europäischer Ebene müsse auch dieser Plan gestoppt werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV), Littenstr. 11, 10179 Berlin, Telefon: 030 7261520

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