CSU-Pläne ignorieren Forschungsergebnisse / Weniger Kündigungsschutz schafft nicht mehr Beschäftigung
(Düsseldorf) - Die CSU will am 19. November auf ihrem Parteitag beschließen, dass der Kündigungsschutz erst für Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten gilt. Die Begründung: Das Kündigungsschutzgesetz verhindere die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Dies würde Millionen Beschäftigte schutzlos stellen, dem Arbeitsmarkt jedoch nicht helfen. Alle verfügbaren empirischen Studien belegen, dass vom deutschen Kündigungsschutzgesetz keine beschäftigungshemmende Wirkung ausgeht.
Die Betriebe reagieren kaum auf Änderungen am Kündigungsschutzgesetz, zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) hat festgestellt, dass bisherige Veränderungen des Schwellenwertes keinerlei Beschäftigungseffekte gebracht haben. Das Einstellungsverhalten der betroffenen Betriebe hat sich nicht verändert, egal ob der Kündigungsschutz ab fünf oder zehn Beschäftigten galt.
Dieses Ergebnis bestätigt ebenfalls das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG). Demnach sind nicht Schwellenwerte, sondern Überstunden die maßgeblichen Beschäftigungshemmnisse. Auch das Projekt „Regulierung des Arbeitsmarktes“ (REGAM) des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung kommt in seiner Untersuchung der Personalpolitik von 2.000 repräsentativ ausgewählten Unternehmen der Privatwirtschaft aus dem Jahre 2003 zu ähnlichen Ergebnissen:
- Das Einstellungsverhalten von Unternehmen unterhalb der Anwendungsschwelle des Kündigungsschutzes unterscheidet sich nicht von solchen darüber.
- Der Kündigungsschutz beeinflusst notwendige Einstellungsentscheidungen in Betrieben nicht negativ.
- Die Kündigungen verursachen keine hohen, für die Betriebe untragbaren Kosten.
- Von den Betrieben geplante Kündigungen werden fast immer auch durchgeführt.
- Nur wenige Kündigungen ziehen eine Klage vor dem Arbeitsgericht nach sich.
Die Beschränkung des Kündigungsschutzes auf Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten würde nach Hochrechnungen des IAB insgesamt rund 9 Millionen Beschäftigte vom geltenden Kündigungsschutz ausschließen. Das entspricht 33 Prozent der Beschäftigten in der alten Bundesrepublik und 39 Prozent der Beschäftigten in den neuen Ländern.
Die von der CSU angedachte Neuregelung würde den Anteil der schutzlos gestellten Beschäftigten fast verdreifachen. Außerdem gäbe es fast keine Betriebe mehr, die unter den Kündigungsschutz fielen, da die Unternehmensstruktur in Deutschland durch eine große Anzahl kleiner und mittlerer Betriebe gekennzeichnet ist. Rund 91 Prozent der Betriebe wären von der Neurege¬lung betroffen.
Quelle und Kontaktadresse:
Hans-Böckler-Stiftung
Hans-Böckler-Str. 39, 40476 Düsseldorf
Telefon: 0211/77780, Telefax: 0211/7778120
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