Pressemitteilung | Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer im Deutschen Beamtenbund (GDL)

Das ist ein Stück aus dem Tollhaus

(Frankfurt/Main) - "Das ist ein Stück aus dem Tollhaus." Mit diesen Worten kommentierte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Claus Weselsky folgende Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel am gestrigen Arbeitgebertag in Berlin: "Es müsste doch binnen eines Abends möglich sein, ein Gesetz über die Tarifeinheit hinzubekommen."

"Dass sich Arbeitgeber und schwache Gewerkschaften ein solches Gesetz wünschen, ist nachvollziehbar, denn die Tarifeinheit wird unweigerlich zur Schwächung bis hin zur Zerstörung von starken Berufsgewerkschaften führen. Dass aber selbst hochrangige Politiker glauben, die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit unverblümt in Frage stellen zu können, ist schon ein Stück aus dem Tollhaus", so Weselsky. Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz besagt: "Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet."

Und genau das verhindert die Tarifeinheit. Die GDL könnte in Zukunft weder Tarifverträge für ihre Mitglieder abschließen, noch streiken, wenn ein Tarifvertrag mit einer zahlenmäßig größeren Gewerkschaft im Unternehmen bestünde − und dies, obwohl sie die Interessen drei Viertel aller Lokomotivführer Deutschlands vertritt. Ein Rechenbeispiel belegt die Absurdität: Bei einer Tarifeinheit könnte die GDL sicher keine Tarife mehr bei der Deutschen Bahn schließen, selbst wenn sie 100 Prozent des Zugpersonals (40 000 Lokomotivführer, Lokrangierführer, Zugbegleiter und Mitarbeiter der Bordgastronomie) organisieren würde. Die Konkurrenz müsste von den restlichen 160 000 DB-Mitarbeitern hingegen nur 25 Prozent plus X organisieren. "Es liegt auf der Hand, dass Arbeitgeber Tarife lieber mit einer schwachen Gewerkschaft schließen", so der GDL-Bundesvorsitzende.

Weselsky: "Die Behauptung von Arbeitgebern, dass Tarifeinheit für den sozialen Frieden notwendig sei, ist falsch." 2011 gab es laut WSI 300 Ausfalltage wegen Streiks, nur 2010, im Jahr in dem sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) hinter den Grundsatz der Tarifpluralität gestellt hatte, waren es noch weniger. Die Ausfalltage sind seit 2006, damals gab es noch 1.610, stark gesunken. Auch im internationalen Vergleich liegen die Ausfalltage durch Arbeitskämpfe in Deutschland am unteren Ende. "Am besten für den sozialen Frieden ist es, wenn die Beschäftigten faire Löhne erhalten. Und dafür steht die GDL. Das Soziale in der Marktwirtschaft hängt maßgeblich von der Stärke der Gewerkschaften ab."

Nachdem sich das BAG 2010 hinter den Grundsatz der Tarifpluralität gestellt hatte, starteten die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) eine Initiative mit dem Ziel, diese Gerichtsentscheidung gesetzgeberisch wieder rückgängig zu machen. Nachdem sich die größte DGB-Mitgliedsgewerkschaft ver.di auf Druck der Basis von der Initiative verabschiedet hatte, musste auch der Dachverband davon Abstand nehmen.

Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer im Deutschen Beamtenbund (GDL) Pressestelle Baumweg 45, 60316 Frankfurt am Main Telefon: (069) 405709-0, Telefax: (069) 405709-129

(tr)

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