Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

DAV begrüßt Fortschritte im Abstammungsrecht – und kritisiert verpasste Chance auf den „großen Wurf“

(Berlin) - Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt den Referentenentwurf zum Anfechtungsrecht leiblicher Väter: Die geplanten Anpassungen im Abstammungsrecht mit faireren Regeln für leibliche Väter sind ein wichtiger Schritt für das Kindeswohl. Kritik übt der DAV jedoch am überholten Festhalten an der Zwei-Elternschaft und an der fortbestehenden Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Ehepaare.

Das Anfechtungsrecht des leiblichen Vaters soll nach den Plänen des Bundesjustizministeriums grundlegend überarbeitet werden: Innerhalb der ersten sechs Lebensmonate des Kindes soll die Anfechtung stets erfolgreich sein, da in dieser Lebensphase noch keine sozial-familiäre Beziehung zum rechtlichen Vater existiert. In späteren Lebensphasen soll es einer Abwägung bedürfen – immer orientiert am Kindeswohl – bei der allerdings mehr Aspekte als bislang zugunsten des leiblichen Vaters wirken sollen.

„Der Gesetzgeber greift endlich zentrale verfassungsrechtliche und fachwissenschaftliche Erkenntnisse auf“, erklärt Rechtsanwältin Eva Becker, Vorsitzende des DAV-Ausschusses Familienrecht. Besonders zu begrüßen sei, dass das Kind im Verfahren angehört werden muss und dass bei erfolgreicher Anfechtung unmittelbar eine Feststellung der Vaterschaft erfolgt. Auch die Möglichkeit einer „zweiten Chance“ für leibliche Eltern, wenn bisherige soziale Bindungen wegfallen, unterstützt der DAV.

Chance vertan: Keine Öffnung für Mehr-Elternschaft

Die Bundesregierung verpasst die Chance, das Abstammungsrecht grundlegend zu reformieren: Das Verharren auf dem Zwei-Eltern-Prinzip und klassischen Kategorien von (einer) Mutter und (einem) Vater bleibt hinter den Anforderungen einer modernen Gesellschaft zurück, wie Becker bedauert: „Damit werden vielfältige Lebensrealitäten und Familienkonstellationen, wie sie insbesondere durch reproduktionsmedizinische Möglichkeiten entstehen, unzureichend berücksichtigt.“

Besonders unverständlich ist, dass gleichgeschlechtliche Ehepartner:innen weiterhin schlechter gestellt werden als verschiedengeschlechtliche, wenn es um die rechtliche Elternschaft geht. Dies sei weder biologisch noch rechtlich überzeugend zu begründen und widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz. „Es ist an der Zeit, die Abstammungsregeln so zu gestalten, dass alle Formen verantwortungsvoller Elternschaft – unabhängig von Geschlecht oder biologischer Funktion – berücksichtigt werden“, betont die Rechtsanwältin.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV), Littenstr. 11, 10179 Berlin, Telefon: 030 7261520

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