Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

DAV: Bundesrat soll das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ablehnen / DAV fordert 1:1 Umsetzung der europäischen Richtlinien

(Berlin) - Die Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien ist längst überfällig. Der Bundesrat berät über den Entwurf des „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes“ (AGG) am 16. Juni 2006. Dieser Entwurf geht ebenso wie der ursprüngliche rot-grüne Entwurf über die europäischen Vorgaben hinaus. Nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) enthält das AGG weiterhin allerlei Ungereimtheiten, zum Beispiel beim Begriff der „mittelbaren Benachteiligung“. Nach Ansicht des DAV darf die „mittelbare Benachteiligung“ nur erfasst sein, wenn sie beabsichtigt ist. Eine Entschädigung für immaterielle Schäden sollte nur verlangt werden können, wenn der Benachteiligende die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Weiterhin soll ein Anspruch auf Vertragsabschluss ausdrücklich ausgeschlossen werden.

Auch bei den arbeitsrechtlichen Bestimmungen bleiben immer noch Regelungen bestehen, die geeignet sind, ohnehin bestehende Rechtsunsicherheiten noch weiter zu vertiefen. Die Vorschriften des Gesetzentwurfes sind nicht in das vorhandene Schutzsystem der arbeitsrechtlichen Bestimmungen eingebettet, sondern lediglich unreflektiert und auf bestehende Regelungen aufgesattelt worden.

„Wir fordern eine 1:1 Umsetzung der europäischen Vorgaben und hoffen auf den Bundesrat“, so Rechtsanwalt Hartmut Kilger, Präsident des DAV. Alles andere würde zu einer Prozessflut und zu einem massiven Eingriff in die Vertragsfreiheit Privater führen. „Die Verzögerung der Umsetzung der EU-Richtlinie hat die Bundesregierung zu verantworten“, so Kilger weiter. Sie beruhe gerade darauf, dass die früheren Entwürfe mehr an Gleichbehandlung erzwingen wollten als nach den Richtlinien vorgesehen und damit in der politischen Diskussion gescheitert sind. Der dadurch verursachte Verzug könne keine Rechtfertigung dafür sein, nun zur Vermeidung von Sanktionen Vorschriften zu erlassen, die mit Grundprinzipien deutschen Rechts unvereinbar seien.

Zum Zivilrecht:
Die in dem Entwurf vorgesehene „mittelbare Benachteiligung“ sollte nur dann zum tragen kommen, wenn sie beabsichtigt ist. Andernfalls könnte das Verbot der „mittelbaren Benachteiligung“ dazu führen, dass dann ein Verstoß vorliege, wenn ein Restaurant keine Speisen führt, die den islamischen oder mosaischen Speisevorschriften genügen, so dass streng gläubige Muslime oder Juden in einem solchen Restaurant nicht Essen gehen könnten. Auch könnte eine mittelbare Benachteiligung dann vorliegen, wenn beispielsweise bei einer Radtour bestimmte körperliche Leistungsfähigkeiten vorausgesetzt werden, die Personen eines bestimmten Alters typischerweise ausschließen würden.

Eine Entschädigung für immaterielle Schäden soll nur verlangt werden können, wenn der Benachteiligte die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Ein wie in dem Entwurf vorgesehener verschuldensunabhängiger Anspruch auf Geldersatz für immaterielle Schäden ist mit den Grundprinzipien deutschen Rechts nicht vereinbar.

Ein Anspruch auf Vertragsabschluss sollte ausdrücklich ausgeschlossen werden.

Zum Arbeitsrecht:
Der maßgebliche Webfehler des Entwurfes bleibt der Umstand, dass die arbeitsrechtlichen Bestimmungen nicht in das bereits vorhandene Schutzsystem eingebettet wurden. Da in Deutschland jedoch bereits heute ein ausgefeiltes System besteht, das Arbeitnehmer insbesondere im Falle von Kündigungen vor Diskriminierung schützt, würde dies in der praktischen Rechtsanwendung zu erheblichen Problemen führen. Nach Ansicht des DAV gibt es auch keine sinnhafte Abgrenzung zum allgemeinen Kündigungsschutz. Auch enthalte der Entwurf keine Vorgaben bezüglich der Grundsätze der Schadensbemessung bei dem nicht Zustandekommen von Arbeitsverhältnissen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Swen Walentowski, Pressesprecher Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Telefax: (030) 726152190

(sk)

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