Der Bologna-Prozess - Weitere Schritte notwendig!
(Berlin) - Bis 2010 soll die Bologna-Reform in den 45 beteiligten europäischen Ländern abgeschlossen sein. Heute, ein Jahr davor, ist bereits klar: Dieses Versprechen kann nicht eingelöst werden. Die ehrgeizigen Ziele - Schaffen eines Hochschulraums Europa, Einrichtung vergleichbarer zweistufiger Studiengänge und Orientierung an den Anforderungen des Arbeitsmarktes - sind noch nicht erreicht. Der Bologna-Reformprozess hat erst begonnen. Am 28./29. April 2009 treffen sich die Bildungsminister der beteiligten Nationen in Leuven, um sich über den Stand der Reform auszutauschen. Für den DIHK ein Anlass, genauer hinzusehen:
Skepsis gegenüber dem Bachelor als Regelabschluss: In vielen Hochschulen - insbesondere den Universitäten - gilt der Master als Maß aller Dinge. Auch unter den Studierenden hat der Bachelor ein schlechtes Image. Nur 12 Prozent der Studierenden erwarten gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Bachelor-Studierende. Für Unternehmen erschwert die große Vielzahl von Studiengängen den Überblick über die Qualität der Ausbildungsangebote.
DIHK-Forderung: Die Hochschulen müssen der Skepsis mit überzeugenden Bachelor-Studiengängen, in denen neben wissenschaftlichen Inhalten auch wichtige Schlüsselkompetenzen vermittelt werden, entgegenwirken. Auch die Unternehmen sind gefragt: Attraktive Einstiegs- und Weiterqualifizierungsoptionen für Bachelor-Absolventen in Unternehmen können die Vorbehalte gegenüber dem Bachelor abbauen.
Keine echte Überarbeitung der Studienkonzepte: In vielen Studiengängen wurden Inhalte und Veranstaltungen eins zu eins in die neue Studienstruktur überführt - oft ohne kritische Spiegelung an den Anforderungen des Arbeitsmarktes. Zu oft wurden Bachelor-Studiengänge strikt auf sechs Semester begrenzt unabhängig von inhaltlichen Notwendigkeiten. Darüber hinaus: Master-Programme sind zu selten so konzipiert, dass sie neben einer beruflichen Tätigkeit absolviert werden können.
DIHK-Forderung: Studienprogramme müssen an den Anforderungen des Arbeitsmarktes ausgerichtet werden. Eine Verkürzung des Studiums darf beispielsweise nicht einseitig zu Lasten von Praxisphasen oder Auslandsaufenthalten gehen. Im Gegenteil: Gerade diese Studienbestandteile sollten weiter gestärkt werden. Bei der inhaltlichen Neukonzeption von Studiengängen sollten die Spielräume in der Studiendauer - beim Bachelor sind auch 3 ½ oder 4 Jahre möglich - stärker genutzt werden.
Ein Master-Studium direkt nach dem Bachelor-Abschluss kann sinnvoll sein. Es sollte aber stärker als heute von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, vor dem Master-Studium eine Phase der Berufstätigkeit einzuplanen. Für die Hochschulen bedeutet dies, mehr berufsbegleitende Master-Studiengänge zu konzipieren.
Die internationale Mobilität hat eher ab- als zugenommen: Das erfolgreiche europäische Erasmus-Programm läuft nicht mehr rund. In vielen Ländern - darunter auch Deutschland - hat zuletzt die Zahl der studentischen Auslandsaufenthalte abgenommen, u. a. auch, weil das Bologna-Ziel der gegenseitigen Anrechenbarkeit von Studienleistungen zwischen den europäischen Hochschulen nicht umgesetzt wurde.
DIHK-Forderung: Der Lernraum Europa muss verwirklicht werden! Die Anrechnung international erworbener Studienleistungen muss verlässlichen Kriterien folgen. Zur Erhöhung der internationalen Mobilität sollten Hochschulen internationale Kooperationen und Anrechnungsvereinbarungen schließen.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK)
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(tr)