Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt darf kein Freibrief für noch mehr Schulden werden
(Berlin) - Das Präsidium des Bundesverbandes der Deutschen Industrie appellierte am 07. März mit Blick auf den Europäischen Gipfel an die Regierungen der Europäischen Union: Die gegenwärtig diskutierten Reformen des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts dürfen nicht zu Lasten der finanz- und haushaltspolitischen Disziplin in der Euro-Zone gehen. Die deutsche Industrie fordert die Regierungen der Europäischen Union dringend auf, von allen Bestrebungen Abstand zu nehmen, die den Pakt faktisch unwirksam werden lassen.
Die Mehrzahl der zur Zeit diskutierten Vorschläge würden den Pakt für willkürliche Interpretationen öffnen und damit seine Durchsetzbarkeit weiter einschränken. Das gilt besonders für die pauschale Nichtanrechnung einzelner Ausgabenkategorien vor Einleitung eines Defizitverfahrens. Insgesamt würden sich die Rahmenbedingungen für die Geldpolitik in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion verschlechtern. Der Anreiz zu einer soliden Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten würde vermindert und zugleich ein falsches Signal an jene Länder gesendet werden, in denen die Gemeinschafts¬währung bald eingeführt werden soll.
Die Regelungen des Paktes sind schon jetzt ausreichend flexibel, zumal die Drei-Prozent-Grenze für die Neuverschuldung durchaus Spielraum für eine expansive Fiskalpolitik in Zeiten schwachen Wachstums lässt, wenn ein Land im Durchschnitt eines Konjunkturzyklus einen ausgeglichenen Haushalt aufweist. Bereits jetzt erlaubt das geltende Defizitverfahren die Berücksichtigung der spezifischen wirtschaftlichen Situation eines Landes. Wenn man den Pakt verbessern will, dann sollten Vorschläge aufgegriffen werden, die präventiven Elemente zu stärken und die Regierungen zu verpflichten, in wirtschaftlich guten Zeiten mehr zu sparen. Und es ist auch sinnvoll, den Gesamtschuldenstand der Länder künftig im Defizitverfahren zu berücksichtigen.
Die Kommission muss bei der Überwachung des Paktes weiterhin eine wirksame Rolle spielen. Es darf nicht dazu kommen, dass die Mitgliedstaaten sich selbst immer neue Gründe dafür liefern, ihre Neuverschuldung zu Lasten der Gemeinschaftswährung, der Stabilitätskultur und des Wachstums in Europa auszudehnen.
Finanz- und Haushaltsdisziplin in den Ländern der Euro-Zone sind kein Selbstzweck, sondern grundlegend für eine stabile Währung und für mehr Wachstum in ganz Europa. Wer den Pakt `nach Kassenlage´ interpretiert, untergräbt die innere und äußere Stabilität des Euro. Darauf haben zuletzt auch die Bundesbank, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds hingewiesen. Eine international wettbewerbsfähige Finanzierung der Unternehmen kann nur sichergestellt werden, wenn die Regierungen der Euro-Länder die Politik der EZB durch einen klaren Stabilitätskurs unterstützen. Deutschland mit der größten Volkswirtschaft in der EU hat hier eine besondere Verantwortung.
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