Deutlich bessere Überlebensraten für Lungenkrebs-Erkrankte im nationalen Netzwerk Genomische Medizin
(Berlin) - Durch die vernetzte personalisierte Versorgung von Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligem Lungenkrebs im Rahmen des nationalen Netzwerks Genomische Medizin (nNGM) hat sich die Überlebensrate der behandelten Patientinnen und Patienten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe signifikant verbessert. Das zeigt eine vom AOK-Bundesverband geförderte Evaluationsstudie der Universitätsmedizin Greifswald und der Universitätsklinik Köln, deren Ergebnisse jetzt in der Fachzeitschrift "The Lancet Regional Health - Europe" veröffentlicht worden sind (DOI:https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2023.100788). Demnach wurde bei einer Behandlung im nNGM ein medianes Überleben von 10,5 Monaten erreicht, während es in der Kontrollgruppe aus der Regelversorgung lediglich 8,7 Monate waren.
In diesem bundesweiten Netzwerk arbeiten spezialisierte Zentren bei der molekularpathologischen Diagnostik und Versorgung von Lungenkrebspatientinnen und -patienten mit Krankenhäusern und onkologischen Praxen in ganz Deutschland zusammen. In den nNGM-Zentren werden die Tumorproben der Patientinnen und Patienten mittels hochmoderner molekularer Diagnostik untersucht. Dabei können in einer einzigen Untersuchung alle relevanten Mutationen berücksichtigt werden, wodurch den Patientinnen und Patienten weitere Probenentnahmen und damit verbundene Risiken erspart bleiben. Anschließend beraten im Bereich der Präzisionsmedizin erfahrene Expertinnen und Experten die kooperierenden Kliniken und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte auf Basis der Befunde hinsichtlich der bestmöglichen Therapie für den einzelnen Patienten.
Netzwerk fördert Behandlung mit personalisierten Medikamenten
"Das Ergebnis unserer Evaluationsstudie zeigt beeindruckend deutlich den Nutzen, den diese vernetzte personalisierte Versorgung für die Patientinnen und Patienten hat", betont Professor Jürgen Wolf, Ärztlicher Leiter des Centrums für Integrierte Onkologie (CIO) der Universitätsklinik Köln und Sprecher des nNGM. "Unsere Daten belegen, dass die Behandlung im Netzwerk zu signifikant besseren Ergebnissen führt und die schnelle Umsetzung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in die klinische Praxis fördern kann," berichten Professor Reinhard Büttner, Direktor des Instituts für Pathologie des Universitätsklinik Köln, und Professor Christof von Kalle, Direktor des Studienzentrums am Berlin Institute of Health, beide Mitglieder des nNGM-Koordinationsteams. Laut den Ergebnissen der Evaluationsstudie profitierten vor allem diejenigen Patientinnen und Patienten, die für eine zielgerichtete Behandlung in Frage kamen. Von diesen lebten nach einem Jahr noch 79 Prozent (nNGM) beziehungsweise 66 Prozent (Kontrollgruppe). Laut der Studie wurden die Patientinnen und Patienten im nNGM mit 8,4 Prozent deutlich häufiger mit zielgerichteten Medikamenten in der Erstlinie behandelt als Patientinnen und Patienten in der Kontrollgruppe (5,1 Prozent). Dieser höhere Anteil an personalisiert behandelten Patientinnen und Patienten spielt für den Überlebensvorteil der Gesamtgruppe der im nNGM Behandelten eine erhebliche Rolle.
80 Prozent der gesetzlich Versicherten mit Zugang zur Netzwerk-Versorgung
Das von der Universitätsklinik Köln in Nordrhein-Westfalen initiierte Netzwerk Genomische Medizin ist 2013 gestartet. Mithilfe von Projektförderung der Deutschen Krebshilfe konnte das Netzwerk wenige Jahre später in 2018 bundesweit ausgerollt werden. Es wird seither von allen AOKs und von den meisten anderen gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen von Versorgungsverträgen unterstützt. Die AOK Rheinland/Hamburg, die 2014 als erste Krankenkasse einen Versorgungsvertrag mit dem Netzwerk geschlossen und damit einen wichtigen Beitrag zum späteren bundesweiten Roll-out geleistet hat, fühlt sich durch die Ergebnisse in ihrem Engagement bestätigt: "Gerade bei Krebserkrankungen zeigt sich, dass die Behandlung in spezialisierten Zentren die Überlebenschancen und den Behandlungserfolg signifikant erhöht. Diese Erkenntnis hat uns bereits vor zehn Jahren dazu bewogen, mit dem nationalen Netzwerk Genomische Medizin zu kooperieren", sagt Matthias Mohrmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg. "Von der Vernetzung profitieren die Patientinnen und Patienten nachweislich. Durch die enge Zusammenarbeit kommen ihnen sowohl die hohe Fachexpertise wissenschaftlicher Zentren als auch die Kompetenz ihrer Ärztinnen und Ärzte vor Ort zugute, die mit der Kenntnis der individuellen Lebensumstände und dem Vertrauensverhältnis eine maßgebliche Rolle bei der Behandlung spielen." Inzwischen haben etwa 80 Prozent der gesetzlich Versicherten Zugang zur Versorgung im nNGM "Aktuell werden ca. 60 Prozent aller in Frage kommenden Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen Lungenkrebs im nNGM behandelt", betont Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. "Wir hoffen, dass die wertvollen Erkenntnisse aus der von uns finanzierten Evaluationsstudie dazu beitragen, dass sich dieser Anteil jetzt zügig erhöht."
Studie erlaubt wichtige Rückschlüsse auf Lungenkrebs-Behandlung in Deutschland
Für die Evaluationsstudie wurden die Daten von 509 bei der AOK versicherten Patientinnen und Patienten ausgewertet, die zwischen April 2019 und Juni 2020 im Rahmen des nNGM behandelt worden sind. Die Ergebnisse wurden dann mit Daten von 7.213 AOK-Versicherten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligem Lungenkrebs verglichen, die nicht im nNGM behandelt worden waren. Der Versorgungsforscher und Epidemiologe Professor Wolfgang Hoffmann, Leiter des Instituts für Community Medicine der Universitätsmedizin Greifswald und Leiter der Evaluationsstudie, betont: "Die Ergebnisse dieser Studie, basierend auf realen Daten aus dem Versorgungsalltag, erlauben wichtige Rückschlüsse auf die Behandlung von fortgeschrittenen Lungenkrebspatientinnen und -patienten in Deutschland. Sie unterstreichen die Bedeutung der Vernetzung spezialisierter Zentren mit der Breite der Versorgung für den Wissenstransfer neuester Forschungserkenntnisse in die wohnortnahe Praxis oder das wohnortnahe Krankenhaus. Die Studie zeigt, dass das nNGM die Versorgung von Lungenkrebspatientinnen und -patienten nachweislich verbessert." Die Ergebnisse seien eine Ermutigung für Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Netzwerkes.
Informationen zum nationalen Netzwerk Genomische Medizin: www.nngm.de
Quelle und Kontaktadresse:
AOK - Bundesverband
Dr. Kai Behrens, Pressesprecher
Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin
Telefon: (030) 34646-0, Fax: (030) 34646-2502
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