„Deutschland braucht das Deutschland-Angebot“
(Berlin) - „Es ist Zeit. Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung, bundesweite Qualitätsmaßstäbe und eine zeitgemäße Planung des Nahverkehrs – für eine funktionierende öffentliche Mobilität in Stadt und Land. Bus und Bahn in der Fläche brauchen ein Update, vom Flickenteppich zum integrierten Gesamtsystem“, so ÖPNV-Geschäftsführer Alexander Möller zur Veröffentlichung des VDV-Leitfadens „Linien- und Bedarfsverkehre in der Region“ anlässlich des 10. VDV-Symposiums zur Multimodalität. „Die PBefG-Novellierung 2021 bedeutete einen Meilenstein – über 120 On-Demand-Projekte mit mehr als 1000 (E )Fahrzeugen wurden umgesetzt. On-Demand-Mobilität – als digitalbasierter, ÖPNV-integrierter Linienbedarfsverkehr – wächst weiter, vor allem außerhalb großer Städte. Die Angebote sind per App buchbar, jedes zweite Fahrzeug fährt elektrisch – und die allermeisten Projekte übertreffen die Erwartungen. Doch die Entwicklung stagniert: Die Zahl neuer Projekte flacht ab, viele bestehende Angebote stehen ohne gesicherte Finanzierung auf der Streichliste – obwohl Handlungsdruck durch die verschärften Treibhausgaspreise entstehen wird. Deshalb ist für uns zentral: On-Demand muss Teil der ÖPNV-Finanzierung insgesamt werden.
Trotz knapper Kassen zeigen die Kommunen Verantwortung: Sie verstetigen ihre Angebote, entwickeln differenzierte Finanzierungsmodelle und setzen so auf Teilhabe, Inklusion und moderne Mobilität für alle. „Wir wissen: Zwischen 15 und 20 Prozent der On-Demand-Angebote mussten mangels Anschlussfinanzierung eingestellt werden. Zwei Drittel laufen bis 2026 aus – und bei drei Viertel ist die Finanzierung nicht über drei Jahre gesichert“, so Möller.
On-Demand: sinnvoller Baustein der Mobilität, keine Lösung für alle
Ohne klare politische Unterstützung droht der Rückbau statt Verstetigung. Neben der Finanzierung braucht es eine bundesweite Standardisierung: Der VDV fordert einen verbindlichen ÖPNV-Angebotsstandard etwa auf Basis des Forschungsprogramms Stadtverkehr (FoPS) des Bundesverkehrsministeriums. „Deutschland braucht ein Deutschland-Angebot mit Anwendungsvorgaben und Mitfinanzierung durch den Bund, Anreizmodellen der Länder und Verlässlichkeit für die Aufgabenträger“, so Möller. „On-Demand kann kein Einzelprodukt mehr als Zusatzangebot sein – es muss als Baustein eines integriert geplanten Gesamtsystems verstanden werden. Nur so erreichen wir eine moderne, flächendeckende Mobilität mit Bus und Bahn“, so Möller. Auch die Finanzierung müsse laut VDV strukturell neu gedacht werden. Die Mehrzahl der On-Demand-Angebote weist aufgrund der Bedienung zu Zeiten und in Räumen geringer Nachfrage eine geringe Kostendeckung auf. Ohne eine gesicherte langfristige Förderung bleibt ihr Bestand gefährdet. „On-Demand ist die Brückentechnologie zum Autonomen Fahren, ein Baustein für den Modernisierungspakt“, so Alexander Möller.
On-Demand muss ergänzen, ohne Parallelstruktur zu sein
Wir brauchen eine Finanzierung, die das ermöglicht: Mit langfristigen Budgets und klarer Aufgabenverteilung. Denn nur so kann ein dauerhaft tragfähiges und modernes Nahverkehrsangebot entstehen – hierachisch aufgebaut von den Hauptachsen des Bahn- und Busangebotes bis zur Haustür.“ Klar ist dabei: Bedarfsverkehre dürfen keine Parallelstruktur zum Linienverkehr bilden, sondern müssen als strategisch integrierter Baustein im Gesamtangebot wirken – und nicht als befristetes Zusatzangebot. Vor allem ergänzen oder ersetzen sie bestehende Verkehre. Immer orientiert an den Mobilitätsbedürfnissen der Fahrgäste vor Ort. Der Leitfaden empfiehlt ein vertaktetes Grundangebot auf den Hauptachsen und eine gezielte Ergänzung durch Bedarfsverkehre – als Zubringer, in Randzeiten oder in räumlich dispersen Strukturen. On-Demand-Systeme sind dem klassischen Taxiverkehr funktional überlegen: Sie reduzieren Leerkilometer, bündeln Fahrten und können planungsseitig in Echtzeit optimiert werden. Die Zeit der Pilotprojekte ist vorbei – jetzt braucht es Struktur. Integriert planen heißt: Mobilität strategisch, datenbasiert und regional angepasst denken – nicht zusätzlich, sondern planvoll.
On-Demand-Novelle Erfolg, Finanzierung unzureichend
Der Branchenverband VDV sieht in der PBefG-Novellierung 2021 einen entscheidenden Impuls für die Integration von On-Demand-Verkehren in den ÖPNV. Die Branche nutzt den neuen Rechtsrahmen aktiv – und steht vor wirtschaftlichen Herausforderungen: Ohne langfristige Finanzierung durch Bund und Länder können viele Angebote nicht in den Regelbetrieb übergehen. Die Integration in bestehende Tarife mit flexiblen Zuschlägen ist ein Fortschritt, bedarf aber nachhaltiger finanzieller Absicherung. Die Projekte finden überwiegend außerhalb urbaner Zentren statt. Fast alle Angebote nutzen Kleinbusse mit maximal neun Sitzplätzen. Nahezu alle Systeme setzen auf App-basierte Buchung. Tariflich sind viele Angebote bereits vollständig im ÖPNV integriert: 47 Prozent verlangen zusätzliche Entgelte oder nutzen Sondertarife.
Der Leitfaden „Linien- und Bedarfsverkehre in der Region: Integriert, datenbasiert, effizient. Ein Leitfaden zur Planung, Konzeption und Umsetzung von On-Demand-Angeboten“ steht hier bereit.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) - Hauptstadtbüro Berlin, Lars Wagner, Pressesprecher(in), Leipziger Platz 8, 10117 Berlin, Telefon: 030 399932-0