Deutschland europäisches Schlusslicht bei inklusiver Bildung / Erhebliche Informationsdefizite / Die Deutsche Kinderhilfe unterstützt daher das Informationsportal "InKö"
(Berlin) - Kinder mit einer Behinderung haben gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention, die in Deutschland seit dem 26. März 2009 geltendes und verbindliches Recht ist, einen Anspruch auf gemeinsamen Unterricht mit nicht behinderten Kindern in einer Regelschule. Diese Form der Bildung wird als "inklusive Bildung" bezeichnet. Im November teilte die UNESCO-Kommission mit, dass in Deutschland bei der Umsetzung erhebliche Defizite bestehen: In Deutschland werden bislang lediglich 18 Prozent aller Kinder mit Behinderung in Regelschulen unterrichtet, in den europäischen Nachbarländern sind es hingegen 85 Prozent. Das ist aus Sicht der Deutschen Kinderhilfe völlig inakzeptabel und ein Armutszeugnis für die Bildungspolitik in Deutschland.
Nach wie vor ist die praktische Umsetzung inklusiver Bildung stark regelungsbedürftig. In vielen Bundesländern bedarf es noch enormer Anstrengungen, diese zu ermöglichen. Besuchen laut einer aktuellen Bertelsmann-Studie in Bremen und Schleswig-Holstein beispielsweise fast 40 Prozent bzw. 42 Prozent der Schüler mit Förderbedarf eine Regelschule, so sind es in Sachsen-Anhalt und in Niedersachsen lediglich 6 Prozent bzw. 6,6 Prozent. Die größte Herausforderung besteht im Umbau des bestehenden Elementarsystems, bei dem die Qualität der Bildung im Zentrum stehen muss. Neben einer gleichwertigen Ausstattung von Sonder- und Regeleinrichtungen setzt die optimale Förderung der Kinder insbesondere ein gleichermaßen qualifiziertes Personal voraus. Im Fokus steht dabei die Ausbildung der Lehrkräfte. An dieser Stelle liegt aktuell die größte Hürde, da die bisherigen Ausbildungsgänge die integrative Förderung nicht vorsehen.
Um die Umsetzung und Bildungsqualität inklusiver Bildung zu unterstützen, kooperiert die Deutsche Kinderhilfe mit InKö. Dieses Projekt, angesiedelt am Department Heilpädagogik und Rehabilitation der Universität zu Köln, hat eine überregionale Informations-Plattform zum Themenschwerpunkt integrative/inklusive Bildung im schulischen Bereich erstellt. Das Informationsportal bietet Eltern sowie pädagogischen Fachkräften Literatur- und Volltextdatenbanken, didaktische Vorschläge für die Gestaltung eines integrativen/inklusiven Unterrichts sowie weiterführende Informationen zu diesem Thema. Die Deutsche Kinderhilfe fördert das Projekt InKö, da es neben den Fragen der praktischen Umsetzung auch die Öffentlichkeit für die Wahrnehmung des Themas sensibilisiert.
"Der Bundesgesetzgeber hat seine Hausaufgaben mit der Überführung der UN Konvention ins nationale Recht getan. Nun sind die Länder am Zug. Daneben kommt es aber entscheidend auf einen Bewusstseinswandel, insbesondere bei den Verantwortlichen in Schulen und KiTas, an. Dazu leistet InKö einen wichtigen Beitrag!" so Georg Ehrmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe.
Prof. Dr. Kerstin Ziemen, Leiterin des Projektes InKö, beschreibt eine der mannigfachen Konsequenzen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen so: "Die Integrations- bzw. Inklusionsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen wird nicht mehr in Frage gestellt, jedoch das System Schule. Voraussetzung wäre es, Bedingungen zu schaffen, die es allen Kindern und Jugendlichen ermöglichen, entsprechend ihrer individuellen Ausgangsbedingungen, bezogen auf ihre Biographie und ihre Entwicklungsmöglichkeiten, gemeinsam lernen zu können. Die Grenzen der Integration bzw. Inklusion ziehen Politik, Gesellschaft, die Bildungsinstitutionen, die sich nicht entsprechend qualifizieren bzw. verändern (wollen), keinesfalls jedoch sind die Entwicklungs- und Lernvoraussetzungen der Kinder und Jugendlichen Maßstab für ge- bzw. misslingende Integration bzw. Inklusion." Hier soll mit InKö die Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch, zur Netzwerkbildung und zur Bündelung von Ressourcen geboten werden, damit alle am Inklusionsprozess Beteiligten die Unterstützung erhalten, die sie persönlich benötigen, um sich der Inklusion zu öffnen bzw. diese voranzutreiben. Inklusion bedeutet Menschenrecht und dies ist nicht aufzuschieben oder gar auf Grund mangelhafter Rahmenbedingungen nicht durchzuführen.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Kinderhilfe e.V.
Julia Gliszewska, Sprecherin des Vorstandes
Schiffbauer Damm 40, 10117 Berlin
Telefon: (030) 24342940, Telefax: (030) 24342949