Die Bahnreform zum durchgreifenden Erfolg führen
(Köln) - Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) bewertet die Bahnreform als das zentrale verkehrspolitische Projekt der 90er Jahre, das in den nächsten Jahren zum durchgreifenden Erfolg geführt werden müsse. Gescheitert sei die Bahnreform nicht, so VDV-Präsident Dr. E.h. Dieter Ludwig, auch wenn aufgrund zahlreicher Probleme in der öffentlichen Berichterstattung dieser Eindruck erweckt werden würde. Es komme jetzt aber darauf an, dass Bund, Länder und Kommunen mit vollem Engagement den Verkehrsträger Schiene förderten. Andererseits werde aus den Prognosen über die Zunahme des Straßenverkehrs bitterer Ernst.
Mit der Bahnreform seien die Eisenbahnunternehmen von politischen Aufgaben entbunden worden. Sie müssten sich im bestehenden Wettbewerb allein an betriebswirtschaftlichen Kriterien orientieren. Die öffentliche Hand bleibe jedoch in der Verantwortung genauso wie im Falle der anderen Verkehrsträger , geeignete Rahmenbedingungen zu setzen. Dies gelte insbesondere für die Infrastruktur, deren Unterhaltung und Modernisierung nicht nur den Eisenbahnen auferlegt werden dürften. Es habe sich als Trugschluss erwiesen, so Ludwig, dass allein durch die Erlöse der Trassenvergabe die laufenden Kosten des Schienennetzes getragen werden könnten. Vor allem in der weitest gehenden Finanzierung des Straßennetzes durch die öffentliche Hand, aber auch in steuerrechtlichen Ungleichheiten, lägen die Ursachen für Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der Schiene.
Allein durch die Öffnung der Schienennetze sei bereits eine deutliche Belebung im Personen- und Güterverkehr zu verzeichnen. Es habe sich neben dem Ausbau der Kooperationen zwischen den Eisenbahnunternehmen ein nicht zu verkennender Wettbewerb entwickelt. Mit der Erhöhung der Mittelzuweisung des Bundes unter anderem aus den UMTS-Zinsgewinnen sei man einen wichtigen Schritt vorangekommen. Ziel müsse es sein, dem unternehmerischen Handeln der Eisenbahnen weitere Entwicklungsmöglichkeiten einzuräumen. Hierdurch könne die Schiene insgesamt gewinnen und ihren Beitrag für ein zukunftsfähiges Verkehrssystem leisten.
Wenn die Bahnreform zum durchgreifenden Erfolg geführt werden solle, so Ludwig, dann bedürfe es neben den Investitionen in die Infrastruktur in erster Linie einer Harmonisierung der Wegekosten. Hierbei müssten auch die externen Kosten des Verkehrs, wie zum Beispiel Klima-, Lärm- und Abgasbelastung, einbezogen werden. Das Schienennetz sei nachhaltig zu modernisieren und auszubauen. Hierbei dürfe die Qualitätssicherung der regionalen Netzen nicht hinter Neubaustrecken zurückfallen. Auch die europäischen Grenzen müssten für den Schienenverkehr genauso durchlässig werden wie für andere Verkehrsmittel.
Der VDV hebt in seiner Bilanz zwei Bereiche hervor. Im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) habe sich die Marktposition der Eisenbahnen durchgreifend verbessert. Die Bahnreform sei im SPNV zu einer vollen Erfolgsgeschichte entwickelt worden. Die 30 Jahre dauernde rückläufige Entwicklung sei überwunden und mancherorts in eine Renaissance der Schiene verwandelt worden. Die Zahl der im SPNV tätigen Unternehmen habe sich von etwa 25 vor der Regionalisierung auf über 50 im Jahr 2000 mehr als verdoppelt. Die Nichtbundeseigenen Eisenbahnen (regionale Bahnen) hätten ihren Marktanteil im SPNV um über 100 Prozent gesteigert. Nach dem voraussichtlichen Fahrplan 2000/2001 würden sie über 46 Mio. Zugkilometer anbieten. Die DB AG hätte ihr Auftragsvolumen seit 1994 ebenfalls spürbar ausgeweitet. Mit voraussichtlich 541 Mio. Zugkilometern läge ihre Leistung um 12 Prozent über der des Fahrplanes 1993/1994. Mit der Übernahme zahlreicher DB-Strecken durch Nichtbundeseigene Eisenbahnen sei die Streckenstillegung in vielen Fällen verhindert worden. Der Betrieb dieser Strecken sei häufig mit geringeren Kosten möglich. Für diese Erfolge seien vor allem die Zuweisung der Finanzierungsverantwortung an die Länder, durchgeführte Ausschreibungen und neue, innovative Betriebskonzepte verantwortlich. Bei weiterhin zupackendem Engagement von Unternehmen und Politik ließe sich diese Entwicklung fortschreiben, so Ludwig.
Im Schienengüterverkehr seien die politischen und unternehmerischen Aufgaben noch nicht hinreichend gelöst. Zwar hätten sich neue Formen der Kooperation zwischen den Eisenbahnen genauso wie der Wettbewerb zwischen ihnen nennenswert entwickelt. Der Wettbewerb zwischen Schiene und Straße sei jedoch sehr stark zu Gunsten des Verkehrsträgers Straße verzerrt, so Ludwig. Zwischen 1994 und 1999 habe der Güterfernverkehr um durchschnittlich 3,8 Prozent der jährlichen Tonnenkilometer-Leistung zugenommen. Der Eisenbahnanteil habe aber von 21 auf 18 Prozent abgenommen. Neben Strukturveränderungen in der Wirtschaft und unternehmerischen Anpassungsnotwendigkeiten der Eisenbahnen seien hierfür vor allem die unterschiedlichen Wegekostenniveaus verantwortlich. Die Eisenbahnen zahlten im Durchschnitt 10 DM je Zug-km für die Nutzung des Fahrweges und weiterer Infrastruktur. Hinzu käme die Besteuerung von Mineralöl bzw. Strom. Dies mache eine enorme Kostenbelastung aus, die den Eisenbahnverkehr über Gebühr belaste.
Die Binnengrenzen der EU seien für die Eisenbahnen noch nicht offen. Während sich die europäische Arbeitsteilung dynamisch weiterentwickle, müssten die Schienentransporteure erst noch technische Unterschiede, Zollprobleme und Marktbegrenzungen überwinden.
Um der Bahnreform auch im Schienengüterverkehr zum Durchbruch zu verhelfen, bedürfe es eines engagierten Einsatzes von Bund, Ländern und Kommunen. Auf verschiedenste Weise könne die öffentliche Hand ihrer Verantwortung für die Infrastruktur und den notwendigen ordnungspolitischen Rahmen gerecht werden. Hierbei sei das finanzielle und rechtliche Instrumentarium zielgerecht zu verändern. Die Erfolge der Bahnreform im SPNV müssten Mut machen, tatsächlich mehr Güter auf die Schiene zu verlagern, so Ludwig.
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