Die Internet-Lobby macht mobil / Zur Anhörung des "Unterausschusses Neue Medien": Pläne der Bundesfamilienministerin gegen Kinder"pornographie" sollen ausgebremst werden
(Berlin) - Es muss als Lippenbekenntnis und bloße Imagepflege bezeichnet werden, wenn der Bundesverband der Informationswirtschaft "BITKOM" und der Verband der Deutschen Internetwirtschaft "eco" in Stellungnahmen Kinder"pornographie" als ein scheußliches Verbrechen bezeichnen, zugleich aber mit allen Mitteln den Vorstoß der Bundesfamilienministerin zur Sperrung derartiger Seiten torpedieren. Es wird zwar Zustimmung signalisiert, zugleich aber ein Gesetzgebungsverfahren gefordert. Ein solches kostet Zeit und ist in diesem Jahr nicht mehr zu realisieren.
Dieses Ausbremsen wird von den Lobbyisten der großen Provider und der Internetindustrie in Deutschland forciert: Zum einen wird mit kinder"pornographischen" Inhalten in Deutschland viel Geld verdient, zum andern ist die Sperrung derartiger Seiten mit einem erhöhten technischen Aufwand verbunden. Ein Aufwand, den eine verantwortungsbewusste Branche aber schon längst umgesetzt hätte. Es bedürfte keiner Gesetze, wenn die Internetindustrie geschlossen gegen die Krake der skrupellosen Pädokriminellen vorgehen würde.
"Das ist Lobbyarbeit vom feinsten, die hier geleistet wird: Mit teuren Auftragsrechtsgutachten, gut präparierten Abgeordneten und der Nutzung der Medien erinnert das Vorgehen der Internet-Lobby gegen die Sperrung von Kinder"pornographie"-Seiten stark an das Vorgehen der Tabakindustrie in der Debatte um mehr Nichtraucherschutz", so der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, RA Georg Ehrmann, anlässlich einer Anhörung des Unterausschusses Neue Medien am heutigen Donnerstag (12. Februar 2009).
Vollkommen unverständlich ist, dass sich offenkundig vor den anstehenden Wahlen aus bloßem "DAGEGEN-Reflex" heraus auch Vertreter der Politik bis in die Kinderkommission hinein die fadenscheinigen Argumente der Internet-Lobby zu Eigen machen. Es geht hier weder um "Zensur", noch um Verletzung datenschutzrechtlicher Grundsätze. Wieder einmal muss der Datenschutz herhalten, um effektiven Kinderschutz zu blockieren. Es geht um den Kampf gegen eines der abscheulichsten Verbrechen, die es gibt: der Kampf gegen die sexuelle Gewalt an immer jünger werdenden Kindern bis hin zu Säuglingen. Aus diesem Grund ist auch der Begriff der Kinder"pornographie" ein unerträglicher Euphemismus.
In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass die Internetindustrie ohnehin in trauriger Weise privilegiert ist: Das illegale Herunterladen einer Software aus dem Internet wird in Deutschland mit bis zu drei Jahren Haft geahndet, das Herunterladen von pädokriminellen Dateien nur mit bis zu zwei Jahren!
Die Deutsche Kinderhilfe fordert die Politik auf, alle technischen Möglichkeiten für die Sperrung kinder"pornographischer" Seiten für verbindlich zu erklären und zudem die Straftatbestände in Deutschland europäischen Standards anzupassen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Sexualdelikte gegen Kinder im Gegensatz zu Raub immer noch ein Vergehen und kein Verbrechen sind, und dass das Herunterladen pädokrimineller Dateien geringer bestraft wird als der Diebstahl im Supermarkt.
Andere europäische Länder wie Norwegen, Dänemark oder Großbritannien haben bereits gehandelt - Deutschland darf das Feld nicht den Lobbyisten überlassen!
Herr Ehrmann steht Ihnen vor und nach der Anhörung des Unterausschusses Neue Medien am 12. Februar 2009 um 15:30 Uhr im Paul-Löbe-Haus (Sitzungssaal 4.400) für Gespräche und O-Töne zur Verfügung.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Kinderhilfe e.V.
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