Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Die Politik lässt uns im Stich. Damit muss Schluss sein!

(München) - Die Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern wird im Alltag stark beansprucht: Immer mehr Aufgaben, immenser Zeitdruck, der Anstieg von oftmals unnützer bürokratischer Arbeit und mangelnde Unterstützung und Rückendeckung von Seiten des Dienstherrn führen zu großen physischen und psychischen Belastungen. Wie sehr das der Fall ist, zeigt nun eine forsa-Umfrage unter 1.300 Schulleitungen im Auftrag des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) und des BLLV.

Darin wird klar: Die anhaltende Überlastung von Lehrkräften ist ein Risiko. Nicht nur für die Betroffenen, auch und besonders für die Schülerinnen und Schüler und insgesamt selbstverständlich für die gesamte Zukunft funktionierender Schulen. "Nur starke und gesunde Lehrerinnen und Lehrer machen gute Schule", so S. Fleischmann.

"Wir spüren es jeden Tag im Klassenzimmer: Die Kinder und Jugendlichen brauchen uns Lehrerinnen und Lehrer vom kleinen Zeh bis zur Haarspitze. Unsere Kolleginnen und Kollegen versuchen alles, um den vielfältigen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden. Wir machen es für die Kindern und Jugendlichen, weil wir uns unserer großen gesellschaftlichen Bedeutung bewusst sind. Das kostet viel Kraft. Jeden einzelnen Tag. Angesichts schlechter Arbeitsbedingungen und des sich verschärfenden Lehrermangels ist nicht zu erwarten, dass die Situation kurzfristig besser wird. Umso wichtiger ist, dass wir Lehrerinnen und Lehrer gesund sind und bleiben können", so BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.

Forsa-Umfrage bestätigt hohe Belastungen

Fast alle Schulleitungen in Bayern (98%) sind der Ansicht, dass sich die Anforderungen an das Kollegium in der Zeit der Corona-Pandemie nochmals gesteigert haben. 56 Prozent sagen aus, dass die Zahl der Kolleginnen und Kollegen, die langfristig aufgrund von physischen Erkrankungen ausgefallen sind, in den letzten Jahren zugenommen habe. Ähnlich viele (55%) haben den Eindruck, dass Ausfälle durch psychische Erkrankungen zugenommen hätten. Simone Fleischmann zeigt sich wenig überrascht von den Ergebnissen: "Leider war zu erwarten, was wir nun schwarz auf weiß vorliegen haben. Die andauernde Belastung und immer mehr Aufgaben on Top, machen unseren Pädagoginnen und Pädagogen sehr zu schaffen. Es kann aber nicht sein, dass Menschen, die ihr Herzblut in die Erziehung und Bildung unserer Kinder stecken, unter Bedingungen arbeiten müssen, die sie krank machen. Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind Feuer und Flamme für ihren Beruf. Die Politik muss alles dafür tun, dass dieser Beruf auch weiterhin Berufung ist. Oder ist Bildung nicht das wichtigste Gut? Jetzt sind die politisch Verantwortlichen am Zug, endlich zu handeln. Sich die Welt schön reden und immer so tun, als sei alles in Ordnung - das ist das falsche Narrativ - so wird sich nichts ändern. Ganz im Gegenteil: das führt zu noch mehr Belastungen, Widerstand und Unmut bei uns Kolleginnen und Kollegen."

Es muss ein Umdenken stattfinden

Nach Fleischmann muss schleunigst ein Umdenken stattfinden, Schulen bedarfsgerecht auszustatten und endlich den jahrelang geleugneten - jetzt zugegebenen - Lehrkräftemangel anzugehen. Denn wovor der BLLV seit Jahren warnt, wird in der Umfrage erschreckend deutlich. In der Umfrage gibt über die Hälfte (59 Prozent) der Schulleitungen in Bayern an, dass das Kultusministerium keine ausreichenden Möglichkeiten zur Gesunderhaltung der Lehrkräfte und des pädagogischen Personals bietet. 70 Prozent der Schulleiterinnen und Schulleiter in Bayern meinen, dass sie nicht genügend Möglichkeiten hätten, dazu beizutragen, dass die Lehrkräfte an ihrer Schule möglichst gesund bleiben. Um zur Gesundheit des Kollegiums beizutragen, wünschen sich die Schulleiterinnen und Schulleiter in Bayern vor allem eine Reduzierung der Stundenzahlen (27%), eine gleichmäßige Verteilung von Vertretungsunterricht (25%) sowie mehr Lehrkräfte an den Schulen (24%). So haben 2021 in Bayern schon über 70 Konrektoren und Schulleiter ihr Amt niedergelegt. Soll das so weitergehen?

Der BLLV hat das Thema Lehrergesundheit seit langem auf der Agenda. In langjähriger politischer Überzeugungsarbeit wurde ein großer Erfolg errungen mit der Einrichtung des arbeitsmedizinischen Instituts für Lehrergesundheit am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (AMIS-Bayern). Fleischmann erinnert auch an die zentrale Forderung des BLLV seit ihrer Präsidentschaft: Zeit für Bildung. "Das ist der Schlüssel zum Bildungserfolg bei unseren Kindern und Jugendlichen. Es ist der entscheidende Faktor der Lehrergesundheit und um mit den Arbeitsbelastungen im Schulalltag besser umgehen zu können", so die BLLV-Präsidentin.

BLLV-Forderungen seit langem klar

Simone Fleischmann betont auch, dass der BLLV seit langem aufzeigt, wo die Belastungen der Lehrkräfte und Schulleitungen liegen. Die Forderungen, diese zu reduzieren, sind der Politik bekannt:

- Eine ehrliche und transparente Betrachtung der Realität von Seiten der politisch Verantwortlichen;
- Eine Erwartungshaltung an Schule, die den beiden Krisen - Corona und dem Lehrermangel - gerecht wird;
- Bessere Arbeitsbedingungen für Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrer, sowie Verwaltungsangestellte;
- Mehr Zeit zur individuellen Förderung der Kinder und Jugendlichen;
- Angemessene Klassen- und Gruppenstärken;
- Eine Reduzierung der bürokratischen Aufgaben;
- Zeit für kollegialen Austausch;
- Multiprofessionelle Teams an den Schulen;
- Maßnahmen zur Gesunderhaltung (z.B. Supervision, Coaching, Fort- und Weiterbildungen, Gesundheitsangebote);
- Eine gesunde räumliche Umgebung in der Schule.

Für Simone Fleischmann sind die Versäumnisse der Verantwortlichen nicht zu rechtfertigen. "Hätte die Politik rechtzeitig gehandelt, wären unsere Schulen jetzt nicht in dieser prekären Lage. Wären unsere Forderungen nach Entlastung der Kolleginnen und Kollegen gehört und umgesetzt worden, könnten wir jetzt auch die aktuellen Herausforderungen besser meistern. Aber nun bekommen wir die Quittung für die Versäumnisse der Politik. Das müssen nicht nur wir Lehrerinnen und Lehrer ausbaden, sondern letztlich auch unsere Kinder, denen wir nicht die Bildungsqualität bieten können, die sie verdient haben", ist die Bilanz der BLLV-Präsidentin.

Hinweise zur Studie

Im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) hat das Forschungsinstitut forsa eine repräsentative Befragung unter Schulleiterinnen und Schulleitern allgemeinbildender Schulen in Deutschland durchgeführt. Im Rahmen der Untersuchung wurden 1.300 Schulleiterinnen und Schulleiter in Deutschland (darunter 251 in Bayern) befragt. Die Erhebung wurde vom 17. September bis 28. Oktober 2021 durchgeführt.

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Birte Pretz, Assistentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 721001-0, Fax: (089) 721001-90

(sf)

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