Pressemitteilung | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Direkte Steuern unter Reformdruck - DIW Berlin stellt internationalen Vergleich der Steuersysteme vor

(Berlin) - Viele OECD-Länder haben in den vergangenen 20 Jahren die Steuersätze auf Unternehmens- und Kapitaleinkommen sowie auf hohe Arbeitseinkommen gesenkt. Das DIW Berlin stellt in seinem aktuellen Wochenbericht 40/2002 fest, dass bei den untersuchten Ländern insgesamt allerdings keine systematische Aushöhlung oder ein Bedeutungsverlust der direkten Steuern erkennbar ist. Die in den meisten Ländern durchgeführten Reformen waren in erster Linie darauf gerichtet, über eine neutralere Besteuerung die Leistungsanreize zu erhöhen und die Lenkungswirkungen zu verringern. Der Abbau von Vergünstigungen bzw. die Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen und die Verminderung der Steuertarife waren fast überall die Rezepte, wobei die Reformen teilweise von Netto-Entlastungen begleitet wurden.

In Deutschland ist es in den vergangenen 20 Jahren nicht zu einer Verschiebung der Gewichte in Richtung indirekter Steuern gekommen. Jedoch wird es im Rahmen der ökologischen Steuerreform im Jahre 2003 zu einer weiteren Anhebung bei den Steuern auf Kraftstoffe und Strom kommen. Darüber hinaus bringen die schon beschlossenen Stufen der Steuerreform in den Jahren 2004 und 2005 weitere Senkungen der Einkommensteuer. Es ist auch nicht auszuschließen, dass es zu einer Anhebung des Mehrwertsteuersatzes kommt, zumal Deutschland beim Normalsatz in der Europäischen Union weit unten rangiert. Dadurch dürfte sich insgesamt das Gewicht der indirekten Steuern etwas zulasten der direkten Steuern verschieben.

In Deutschland betrugen die Steuern und Sozialbeiträge zum Ende der neunziger Jahre nach den Ergebnissen der Steuerstatistik knapp 38 % des (nominalen) Bruttoinlandsprodukts (BIP). Mit dieser Abgabenquote rangierte Deutschland im internationalen Vergleich in der unteren Hälfte. Nur die USA und Japan lagen merklich darunter, Großbritannien lag fast gleichauf mit Deutschland. In allen anderen Ländern war die Quote zum Teil deutlich höher, insbesondere in Dänemark und Schweden, wo die Steuern und Sozialbeiträge insgesamt gut die Hälfte des BIP ausmachten.

Die Reform der Gewerbesteuer ist nach wie vor offen, obgleich sie gerade aus internationaler Perspektive als Standortnachteil gilt. Das DIW Berlin weist auch auf umstrittene Details der Unternehmenssteuerreform in Deutschland hin. Die Begünstigung der einbehaltenen Gewinne gegenüber Ausschüttungen verletzt die Finanzierungs- und Rechtsformneutralität sowie den Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung aller Einkünfte. Kleinere und mittlere Unternehmen sowie Kleinaktionäre werden durch das Steuerreformpaket tendenziell benachteiligt. Bei der Einkommensteuer wird die Steuerprogression von 2005 an im internationalen Vergleich nicht mehr im oberen Feld liegen, sondern am unteren Rand. Daher besteht zumindest bei der Spitzenbelastung kein unmittelbarer Handlungsbedarf mehr. Längerfristig gibt es allerdings einen Korrekturbedarf bei der Progression im unteren und mittleren Einkommensbereich.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Königin-Luise-Str. 5 14195 Berlin Telefon: 030/897890 Telefax: 030/89789200

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