Dringender Handlungsbedarf bei der Versorgung mit Blutplasmaprodukten
(Berlin) - Die Versorgung mit lebenswichtigen Blutplasmaprodukten ist zunehmend gefährdet. Denn der Bedarf an diesen essenziellen Arzneimitteln steigt schneller als die in Deutschland mit Hilfe von Spendern gesammelte Plasmamenge. Eine Allianz aus verschiedenen Industrie- und Patientenverbänden, die im Plasmasektor aktiv sind, macht daher deutlich, wie dringend konkrete politische Lösungen für eine sichere Versorgung Deutschlands und der EU mit Blutplasmaprodukten erforderlich sind. Dazu zählen unter anderem eine Steigerung der Zahl von Spenderinnen und Spendern durch Motivationskampagnen sowie Anpassungen am bestehenden Meldesystem zur Erkennung von Versorgungsengpässen mit Blutplasmapräparaten.
Zur Allianz gehören der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), die Plasma Protein Therapeutics Association Deutschland (PPTA), der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), Alpha 1 Deutschland, die Deutsche Patientenorganisation Angeborene Immundefekte (dsai), die Interessengemeinschaft Hämophiler (IGH) und der Berufsverband der Deutschen Hämostaseologen (BDDH).
Steigender Bedarf trifft auf ein begrenztes Spendeaufkommen in Deutschland
Der jüngst veröffentlichte Bericht des Paul-Ehrlich-Instituts gemäß Paragraf 21 Transfusionsgesetz (TFG) für das Jahr 2024 verdeutlicht das Problem: Der Bedarf an Blutplasmaprodukten ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen - allein der Verbrauch von Immunglobulinen nahm zwischen 2013 und 2023 um +120 Prozent zu. Gleichzeitig wuchs die in Deutschland gesammelte Plasmamenge nur geringfügig (um +4 % zwischen 2014 und 2023). Diese zunehmende Diskrepanz zwischen steigendem Bedarf und begrenzter Verfügbarkeit von in Deutschland gesammeltem Plasma gefährdet die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit lebenswichtigen Therapien - hier oder in Nachbarländern.
Versorgungsrisiken auf europäischer Ebene nehmen zu
Auch auf europäischer Ebene verschärft sich die Lage: Viele Staaten sind aufgrund eines unzureichenden Spendeaufkommens auf Plasmaimporte aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, darunter den USA, angewiesen. Doch die geopolitischen Entwicklungen setzen die Lieferketten aus Drittstaaten zunehmend unter Druck. Dies stellt ein erhebliches Risiko für die Versorgungssicherheit dar und unterstreicht die Notwendigkeit, die Rahmenbedingungen für die Plasmaspende in Deutschland und Europa nachhaltig zu verbessern.
Hintergrund
Blutplasmaprodukte sind für die Behandlung schwerer und seltener Krankheiten unverzichtbar, wobei der Bedarf aufgrund des demographischen Wandels, eines erweiterten Anwendungsspektrums und verbesserter Diagnostik stetig steigt. Blutplasmaprodukte kommen unter anderem bei der Behandlung von primären und sekundären Immundefekten, Stoffwechselerkrankungen wie Alpha-1-Antitrypsin-Mangel sowie Blutgerinnungsstörungen wie Hämophilie zum Einsatz. Darüber hinaus sind sie für zahlreiche weitere Indikationen Therapiestandard. Die Behandlung erfordert erhebliche Mengen an Plasma - so sind jährlich rund 130 Plasmaspenden für Immunglobuline nötig, die eine Person mit einem primären Immundefekt benötigt und rund 900 Plasmaspenden für die Behandlung einer Person mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Auch für Menschen mit Multifokaler Motorischer Neuropathie (MMN) sind Plasmaspenden beziehungsweise Immunglobuline unverzichtbar, da es keine zugelassene Therapiealternative gibt. Als Ausgangsstoff ist menschliches Blutplasma einzigartig und kann nicht synthetisch hergestellt werden. Es ist daher nur begrenzt verfügbar. Die Weiterverarbeitung zu fertigen Arzneimitteln erfordert komplexe Verfahren und einen langen Produktionsvorlauf, der anfällig für Liefer- und Versorgungsengpässe ist und durch steigende Produktionskosten erschwert wird.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI), Andreas Aumann, Leitung Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, Friedrichstr. 148, 10117 Berlin, Telefon: 030 27909-0