Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Einstellungssituation 2008: Viele Baustellen bleiben

(München) - Die Staatsnote 2008 sorgt für gemischte Gefühle. Die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Junglehrer (ABJ) begrüßt, dass die rückgehenden Schülerzahlen nicht etwa zur Einsparung von Planstellen genutzt wurden, sondern dass die frei werdenden Stellen ersetzt werden.

„Dennoch ist es verwunderlich, dass Diplom-Ingenieure am Gymnasium als Lehrer ohne pädagogische Nachqualifikation verbeamtet werden, während arbeitslose Grundschullehrer als billige Aushilfskräfte dort auf Vertrag unterrichten. In 2008 sind 56 Prozent der aktuellen Prüflinge für das Lehramt Grundschule ohne Vertrag. Sie haben die weitaus bessere Qualifikation.“ In der ABJ sind derzeit über 10.000 junge Lehrer/innen organisiert. Die ABJ ist die Interessenvertretung junger Lehrer/innen im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV).

Der Vorsatz „Keine Klasse über 25“ ist ein guter Ansatzpunkt für pädagogische Verbesserungen und die Entspannung der Einstellungssituation der Kolleginnen und Kollegen. Dennoch müsse hier der Zeitpunkt, an dem gemessen wird, überprüft bzw. das Teilen von Klassen flexibler ermöglicht werden. Karin Leibl stellt hierzu fest:
„Meine eigene achte Klasse startete mit 19 Schülern und hat durch Rückkehrer aus anderen Schularten und freiwillige Wiederholer inzwischen 28. Nach der Oktoberstatistik ist das Soll erfüllt, die pädagogische Wirklichkeit ist seit Weihnachten eine andere.“

Für die Fachlehrer Ernährung und Gestaltung stellt sich die Einstellungssituation besonders problematisch dar. Mit einer Note von 1,96, finden sie keine Einstellung, obgleich sie wichtige praktische und berufsorientierende Fächer unterrichten. „Dass dennoch Hauptschullehrer an manchen Schulen Fachunterricht halten müssen, weil kein Fachlehrer zur Verfügung steht, ist absolut unverständlich.“ Dass Hauptschullehrer nicht alle sofort eine Planstelle bekommen, sondern zunächst mit Verträgen abgespeist werden, obgleich in vielen Schulamtsbezirken Grundschullehrer an Hauptschulen eingesetzt werden müssen, weil nicht genügend ausgebildete Kollegen zur Verfügung stehen, stößt gerade angesichts der Hauptschulinitiative auf Unverständnis.

Die ABJ ist der Auffassung, dass die rückläufigen Schülerzahlen weiterhin genutzt werden sollten, um die Lern- und Arbeitsbedingungen an den Schulen zu verbessern. „Diese haben sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert“, kritisierte Leibl. So könnten gestrichene Stunden zurückgegeben werden, die Sprachförderung im Vorschulalter ein eigenes Stundendeputat erhalten und jahrgangsübergreifende Klassen oder Ganztagesklassen mit ausreichend zusätzlichen Lehrerstunden versorgt werden. „Pädagogisch Wünschenswertes darf nicht billig erkauft werden“, erklärte die ABJ-Vorsitzende.

Dramatisch ist die Situation für die angestellten Lehrer in allen Schularten. Es werden Nachrücker- und Aushilfsverträge angeboten. Das bedeutet für die Schüler wechselnde pädagogische Bezugspersonen und für die aushelfenden Kollegen und Kolleginnen eine unsichere berufliche und finanzielle Lage. Unter diesen Bedingungen an Schulprofil denken zu wollen, ist in manchen Schulen unmöglich. „Dass die Kollegen, die dem Staat zu wirtschaftlich ungünstigsten Bedingungen aushelfen, dann auch noch im August ohne Gehalt da stehen, ist ein Skandal. Wenn die Kollegen darauf hoffen, im September in den Schuldienst zu kommen, müssen sie versuchen für 5 Wochen irgendwo eine Aushilfstätigkeit in der Wirtschaft zu bekommen, wenn sie sich im August von etwas ernähren wollen. Oder sie hoffen, dass der Vertrag lange genug war, dass sie Arbeitslosenunterstützung bekommen können.“ Lehrer, die Aushilfsverträge von November (oder einem späteren Zeitpunkt) bis Juli erhalten, bekommen die Ferien nicht mehr bezahlt. Sie finanzieren die Wartezeit zwischen September und dem Vertragsbeginn im November selbst und müssen dann anschließend für die großen Ferien selbst aufkommen.

Für Leibl stellt das Lehrerbedarfsplanung dar. „Wenn in den nächsten beiden Jahren am Gymnasium alle möglichen nichtpädagogischen Hilfsarbeiter auf Vertrag aushelfen, dann spart man sich die Stellen in 2011, wenn der doppelte Jahrgang Abitur macht und ein Lehrerjahrgang frei wird.“ Was das für die betroffenen Lehrer auf Vertrag bedeutet, wird nicht bedacht. „Wenn die Staatsregierung wirklich in Bildung investieren möchte, dann müssen Planstellen bereit gestellt werden, auch auf die Gefahr hin, dass in ein paar Jahren durch die rückgehenden Schülerzahlen auch am Schuljahresende keine Klasse über 25 ist – und zwar in allen Schularten.“

Für die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Junglehrer stellt sich auch die Frage, ob es wirklich präferiert wird, dass Wissenschaftler Schüler unterrichten und nicht ausgebildete Pädagogen. „Unterricht hat nicht nur mit Vermittlung von Wissen zu tun, es bedeutet vor allem das Arrangieren von Lernprozessen. Das muss man gelernt haben. Lehrer müssen Kinder und Jugendliche mögen und mit ihnen arbeiten können und nicht eine Jobalternative in ihrem Wissenschaftsfeld gesucht haben.“

Für die arbeitslosen Lehrer an Förderschulen und Schulen für Kranke sieht Leibl eine pragmatische und pädagogische Lösung: Sie könnten an Hauptschulen unterstützend helfen und an Berufschulen eingesetzt werden.
„Hier müsste man einfach nur etwas flexibler werden, was den schulartübergreifenden Einsatz anbelangt.“

Kontakt:
Karin Leibl, ABJ-Landesvorsitzende
Mobil: 0172 / 959 4996

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Andrea Schwarz, Pressereferentin Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155

(tr)

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