Pressemitteilung | Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed)

Elektronische Kommunikation verbessert die Gesundheitsversorgung / 5. E-Health-Konferenz von MedInform

(Berlin) - Elektronische Kommunikationsprozesse können helfen, die Gesundheitsversorgung zu verbessern, Ineffizienzen zu beseitigen und die Beschaffungsprozesse zwischen Kliniken und Herstellern zu optimieren. Das war einhelliger Tenor der Referenten der fünften MedInform-Konferenz zu „E-Health und E-Commerce in der Praxis“ mit über 100 Teilnehmern in Berlin. E-Health-Konzepte - wie die elektronische Gesundheitskarte, die nach Auskunft des Gesundheitsministeriums bis 2006 flächendeckend eingeführt werden soll - unterstützen den mündigen, besser informierten Patienten als seinen „eigenen Gesundheitsmanager“ und führen zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität. Probleme seien die Frage der Datensicherheit und der fehlenden technischen Standardisierung.

Manfred Beeres, Kommunikationsleiter beim Bundesverband Medizintechnologie (BVMed), betonte in seiner Einführungsrede, dass E-Health-Anwendungen - wie die elektronische Patientenakte oder vernetzte Informationssysteme im Krankenhaus - das Gesundheitswesen effizienter und transparenter machen und damit zu Qualitätssteigerungen führen werden. Zudem werde sich das elektronische Beschaffungswesen, E-Commerce bzw. E-Procurement, zwischen Krankenhäusern und Herstellern mittelfristig durchsetzen und die Prozesse der vorhandenen Kundenbeziehungen optimieren. „Langfristig sind erhebliche Kostenreduzierungen zu erwarten. Kurzfristig sind jedoch zunächst enorme Investitionen erforderlich. Die Einsparpotentiale liegen bei E-Commerce vor allem bei den Prozesskosten, nicht bei den Einkaufspreisen“, so Beeres. Bevor E-Health und E-Commerce funktionieren, müssten jedoch zahlreiche Hausaufgaben gemacht werden, z. B. die internationale Standardisierung der Nomenklaturen und der Artikelnummern.

Das Konzept der Bundesregierung zur Gesundheitskarte und der elektronischen Vernetzung des Gesundheitswesens erläuterte Dr. Stefan Bales vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS). Zwischen 20 und 40 Prozent der Leistungen im Gesundheitswesen seien Datenerfassungs- und Kommunikationsleistungen, die mit IT-Technik erheblich rationeller und zudem qualitätssteigernd gestaltet werden könnten. Einen großen Vorteil versprechen Informations- und Kommunikationstechnologien auch bei der Verbesserung der Qualität der medizinischen Behandlung, wenn beispielsweise wichtige Gesundheitsinformationen der Patienten schneller und strukturierter ausgetauscht werden würden. Mit einer elektronischen Gesundheitskarte könnten Patienten verstärkt in Therapieabläufe einbezogen werden. Bei der Regierungsinitiative spiele deshalb diese Karte eine zentrale Rolle. Um eine möglichst breite Akzeptanz der Gesundheitskarte und weiterer Telematikanwendungen zu erreichen, wurde beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung eine Steuerungsgruppe eingerichtet. In ihr sind alle relevanten Gruppen im deutschen Gesundheitswesen vertreten. Ziel ist, 2003 die konzeptionellen Vorarbeiten zu tätigen, 2004/05 Modellversuche mit ausgewählten Vernetzungen durchzuführen, um die elektronische Gesundheitskarte ab 2006 flächendeckend einzuführen.

Beraterin Annette Höinghaus vom Hamburger Unternehmen c-consult betonte die Bedeutung von „vernetzten Strategien“ für die erfolgreiche Realisierung von E-Health-Konzepten. Dabei sei die Ist-Situation ernüchternd. Sie sei gekennzeichnet durch veraltete Technologien, die keine Vernetzung ermöglichen, durch eine geringe Investitionsbereitschaft in neue Technologien, mangelhaftes Informationsmanagement und fehlende Standardisierung von Prozessen und Daten. E-Health und E-Commerce könnten nur dann effizient, erfolgreich und kostengünstig genutzt werden, wenn sich die Daten von sämtlichen Akteuren im Gesundheitswesen miteinander vernetzen lassen. Das aktuelle Problem im Gesundheitswesen liegt in der Verschiedenartigkeit der bereits existierenden Datenformate und IT-Systeme. Die Integration in diese heterogenen Systeme sowie die Einigung auf einen gemeinsamen Datenstandard stelle für den Healthcare-Bereich eine große Herausforderung für die Zukunft dar. Als Lösungsansatz schlug sie einen „Round table“ aller Akteure im Gesundheitsmarkt vor, der das gemeinsame Ziel und die damit verbundenen Anforderungen formulieren und gemeinsame Standards verabschieden müsse.

Uwe Meyer-Vogelgesang, E-Health-Direktor bei der Apotheker- und Ärztebank in Düsseldorf, plädierte für eine einheitliche Sicherheits-Infrastruktur im Gesundheitswesen auf der Basis einer „fortgeschrittenen elektronischen Signatur“. Eine solche Signatur benutze einen Signaturschlüssel und einen vereinfachten Registrierungsprozess. Die fortgeschrittene Signatur biete einen hohen Sicherheitsstandard bei vertretbaren Kosten. Diese Sicherheits-Infrastruktur könne für mehrere Konzepte bzw. Anwendungsfelder genutzt werden. Außerdem sei diese Lösung offen für eine Migration auf ein höheres Signaturlevel bzw. auf künftige, internationale Standards. Als „treibende Anwendungen“ kämen die Patientendatenkarte, die elektronische Patientenakte oder die Disease-Management-Programme in Frage. Meyer-Vogelgesang wies darauf hin, dass bereits 23.000 Ärzte und Apotheker im Deutschen Gesundheitsnetz (DGN), einem sicheren Intranet, zusammengeschlossen seien. Dies sei eine „signifikante Größe“. Dabei würden bereits rund 6.000 ausgegebene Signaturkarten im Markt genutzt.

Dr. Dieter Sommer, Geschäftsführer des Zentrums für angewandte Gesundheitsförderung und Gesundheitswissenschaften in Berlin, erörterte in seinem Vortrag Effizienzpotentiale und mögliche Kosteneinsparungen durch E-Health. Der technische Fortschritt in der elektronischen Kommunikation werde dabei eher zu einer Qualitätssteigerung als zu Kosteneinsparungen führen. Kosteneinsparungen werden vielmehr durch Veränderungen im Individual-Verhalten der Patienten erreicht. „E-Health kann helfen, den Patienten konstruktiv am Leistungsprozess zu beteiligen“, so Dr. Sommer. Herausforderungen für die Zukunft seien fehlende Vergütungsregelungen für E-Health-Anwendungen, die unsichere Rechtslage, Datenschutzprobleme sowie die zahlreichen Insellösungen.

Einen Überblick über die technischen Möglichkeiten einer elektronischen Vernetzung im Gesundheitswesen gab Dr. med. Dirk Elmhorst von der trinovis GmbH in Hannover. Die Divergenz zwischen technischen Möglichkeiten und der Wirklichkeit im Gesundheitswesen sei erheblich. Einige zentrale Aufgaben seien noch zu lösen, um eine flächendeckende Infrastruktur für die elektronische Kommunikation im Gesundheitswesen aufzubauen. Dr. Elmhorst: „Woran es besonders mangelt, sind etablierte Standards und anerkannte Normen, ohne die elektronische Kommunikation nicht auskommt. Die Tatsache, dass noch einige Komponenten fehlen, kann allerdings den geringen Grad an elektronischer Vernetzung im Gesundheitswesen nicht erklären.“

Praxisbeispiele E-Health & E-Commerce

Im ersten Praxisbeispiel berichtete Dr. Marion Kalwa, Oberärztin der Klinik Münsterland der LVA Westfalen für orthopädisch-rheumatologische Erkrankungen, über die Einführung eines Klinikkommunikations- und Informationssystems (KIKS). Bestandteile des Projekts, das u. a. mit der Berliner Firma Optimal Systems durchgeführt wurde, waren die Einführung einer elektronischen Patientenakte, ein Order-Entry-Verfahren für Therapieanforderungen sowie ein Zeit- und Ressourcenmanagement. Hinzu kamen eine automatische E-Berichtschreibung, die Visualisierung der Labordaten sowie die elektronische Leistungserfassung.

Die Projektphase dauerte ein halbes Jahr. Der Echtbetrieb begann im Mai 2002. Seitdem ist vor allem eine Qualitätsverbesserung durch den geringeren administrativen Aufwand festzustellen, so Dr. Kalwa. In einer zweiten Projektstufe soll ein automatisierter papierloser Datenaustausch mit den Krankenkassen, ein papierloser Datenaustausch mit ausgewählten Akutkliniken, die Visualisierung von digitalen Bildern und Fotos mit Übernahme in den E-Bericht, eine mobile Spracherkennung und Visitenlösung, die Anbindung des Pflegedienstplanes, Schnittstellen zu therapeutischen und diagnostischen Geräten sowie ein erweitertes Patienteninformationssystem eingeführt werden.

Die Einführung eines medizinischen Informationssystems an der Medizinischen Hochschule Hannover stellte Torsten Frank, Arzt und Geschäftsführer der medisite Systemhaus GmbH, vor. Dabei wurden 15 Intensivplätze mit Beatmung im Bereich Herzchirurgie, Herz- und Lungentransplantation zu einer „papierlosen Intensivstation“ vernetzt. Die Integration umfasst die Online-Datenübernahme der vorhandenen Medizingeräte, u. a. Beatmungsgeräte, Spritzen- und Infusionspumpen, sowie den gesamten ärztlichen und pflegerischen Bereich. Vorteile des Systems seien die Zeitersparnis durch den Wegfall der Papierdokumentation, die Kostenkontrolle durch zeitnahe und vollständige Auswertungen sowie eine Qualitätssteigerung durch die vollständige und detaillierte Dokumentation und den schnellen und strukturierten Zugriff auf alle Daten mit differenzierten Auswertungsmöglichkeiten.

Dr. Marc Kurepkat vom Institut für Gesundheits- und Sozialforschung in Berlin, erläuterte eine elektronische Lösung für Disease-Management-Programme. Das so genannte Ariadne-Programm ist eine Full-Service-Dienstleistung, die die Konzeption, die inhaltliche und technische Umsetzung und den Betrieb eines webbasierten Disease-Management-Programms sowie die Auswahl von teilnehmenden Ärzten und deren infrastrukturelle und inhaltliche Befähigung beinhaltet. Die Verwaltung des Systems, das beispielsweise im Praxisnetz Nürnberg-Nord eingesetzt wird, geschieht über das Intranet des DGN.

Über die Umsetzung eines E-Commerce-Projekts im Krankenhaus mit dem elektronischen Bestellsystem von Medicforma berichtete Ulrich Schiedek, Geschäftsführer der MED4com in Essen. Die Einkaufsgemeinschaft schließt die 48 Häuser und über 19.000 Betten der AGKAMED K-E-L-M GmbH mit den 34 Häusern und 10.000 Betten des Klinikeinkaufs Niederrhein zusammen. Ziele sind die Festlegung von Standards, der fachliche Austausch von Entwicklungen und neuen Erkenntnissen, der marktgerechte Einkauf von Medizinprodukten sowie die Optimierung der Prozessabläufe. Bei der Einführung eines elektronischen Beschaffungssystems habe man sich im Jahr 2001 für Medicforma entschieden. Das System, basierend auf „commerce one“, sei mittlerweile in zwölf Häusern eingeführt und führe zu deutlichen Zeit- und Kosteneinsparungen. Derzeit würden bereits rund 25 Prozent des Umsatzes über das Medicforma-System bestellt.

Fred Oberhag, Leiter der Abteilung Wirtschaft und Versorgung der Kath. St.-Johannes-Gesellschaft in Dortmund, berichtete über die Umsetzung eines E-Commerce-Projekts in seinem Krankenhaus mit dem Anbieter GHX. Das Projekt startete im Mai 2001. Im Februar 2002 konnten erste Transaktionen im Echtbetrieb durchgeführt werden. Im August 2002 wurde die 1 Mio. Euro-Grenze beim Bestellwert überschritten. Seit Februar 2003 werden die Warenbestellungen ausschließlich auf elektronischem Weg mit insgesamt zwölf Unternehmen getätigt. Dies repräsentiert 23 Prozent des gesamten Umsatzes. Vorteile des elektronischen Einkaufs sind der schnelle und sichere Austausch von Daten, die Reduzierung von Fehllieferungen, die Erhöhung der Versorgungssicherheit und Transparenz, die Verringerung der Lagerbestände, die Vereinfachung der Stammdatenpflege, die Zeitersparnis bei administrativen Tätigkeiten sowie die Effizienzsteigerung statt Personalabbau. Oberhags Fazit: „Die tiefe Integration in die Materialwirtschaftssysteme der Krankenhäuser und der Hersteller ist absolut notwendig. Einsparungen werden dabei nicht durch die Reduktion der Artikelpreise, sondern durch eine Optimierung der Prozessketten erreicht. Das Potential an Einsparungen kann nur bei gleichzeitiger kritischer Prüfung der Organisationsstrukturen im Einkauf realisiert werden.“ Die Beziehungen zu den Herstellern würden durch den elektronischen Einkauf nicht geschwächt, sondern intensiviert und ausgebaut werden, so Oberhag.

Die Datenkommunikation zwischen Kliniken und Lieferanten mit dem PLC-Net stellte Ivan Becvar von der PLC GmbH aus Leverkusen anhand von Praxisbeispielen dar. PLC ist ein Dienstleister für elektronische Datenkommunikation im Gesundheitswesen und bietet mit dem Leistungsangebot zusätzlichen Mehrwert, um vorhandene Branchen- und Geschäftsprozesse aller Marktteilnehmer zu unterstützen und zu Effizienz- und Qualitätssteigerung beizutragen. Allein im Monat Januar 2003 konnten über 15.000 Transaktionen über das PLC-Net getätigt werden. Angeschlossen sind bereits über 100 Krankenhäuser sowie mehr als 50 Medizinprodukte- und Pharmahersteller, medizinische Fachhändler und pharmazeutische Großhändler, so Becvar. Alle relevanten Geschäftsprozesse werden dabei elektronisch abgebildet: von der Bestellung bis zur Rechnung. Ziel sei es, unter Ausnutzung aller elektronischen Mittel und unter Berücksichtigung der vorhandenen personellen Möglichkeiten, eine optimale und darüber hinaus kostengünstige Versorgung der Kliniken mit Material und Daten anzubieten.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) Reinhardtstr. 29 b 10117 Berlin Telefon: 030/2462550 Telefax: 030/24625599

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