Elektroschrott: ZVEI sieht Chancen für Konsens zwischen Politik und Unternehmen
(Frankfurt am Main / Brüssel) Trotz weiterhin offener Fragen sieht die deutsche Elektrotechnik- und Elektronikindustrie Chancen für eine europäische Elektronikschrott-Richtlinie, die auch von den betroffenen Unternehmen mitgetragen wird. Klare Defizite gibt es im aktuellen Richtlinienentwurf der EU-Kommission insbesondere bei der geforderten Entsorgung von Alt- und Fremdgeräten, also von Geräten, die lange vor Inkrafttreten der Verordnung verkauft wurden und deren Hersteller zum Teil nicht mehr existieren, erläutert ZVEI-Umweltexperte Otmar Frey. Gerade für langlebige Gebrauchsgüter wie Kühlschränke, Waschmaschinen oder Fernseher, die zum Teil bis zu 20 oder 25 Jahre halten, seien Entsorgungslösungen nur durch eine Zusammenarbeit aller konkurrierenden Anbieter erreichbar. Diesen Weg gehe man auch in anderen europäischen Ländern. In Deutschland blockiert dagegen das Wettbewerbsrecht jede Zusammenarbeit der Hersteller, obwohl dies die einzige Alternative zu endlosen juristischen Auseinandersetzungen um die Kosten für die Entsorgung dieser Alt- und Fremdgeräte ist. Klar sei zudem, dass sowohl nach deutschem als auch nach europäischem Recht die Verpflichtung zur Rücknahme historischer Geräte gegen das Verbot der rückwirkenden Gesetzgebung verstößt. Auch für die geforderte Entsorgung von Fremdgeräten gebe es keine tragfähige Rechtsgrundlage. Allerdings sei die Elektroindustrie in diesen Fragen durchaus zu Kompromissen bereit, so lange der Gesetzgeber für verlässliche Finanzierungsmechanismen sorgt.
Nachdrücklich spricht sich der ZVEI auch für die Möglichkeit aus, die Kosten der Entsorgung getrennt und für den Endverbraucher sichtbar auf den Rechnungen auszuweisen. Die Industrie soll hier eine zusätzliche kostspielige Leistung erbringen, für die letztlich der Endverbraucher bezahlen muss, erläutert Frey. Wenn die Kosten für die Entsorgung des aktuellen Gerätebestandes auf den Rechnungen getrennt ausgewiesen werden, sorge dies für die notwendige Transparenz.
Mit der Zielsetzung, ohne hinreichende Konsultationen mit der Industrie eine politische Einigung bereits am 18. und 19. Dezember im Umweltministerrat anzusetzen, werde möglicherweise eine wichtige Chance vertan, hier zu einer sachgerechten Lösung zu gelangen, befürchtet Frey. Der ZVEI habe sich deshalb gegenüber dem Bundesumweltminister und dem Bundeswirtschaftsminister dafür eingesetzt, die Entsorgungsrichtlinie im EU-Ministerrat erst dann zu behandeln, wenn die entsprechenden Probleme geklärt und die Richtlinienentwürfe auch aus Sicht des EU-Parlamentes entscheidungsreif sind.
Derzeit fallen nach ZVEI-Schätzungen in Deutschland rund 12 kg Elektronikschrott pro Einwohner und Jahr an. Von der Gesamtmenge von rund 1 Mio. Tonnen entfallen gut 55 Prozent auf Elektro-Hausgeräte wie Waschmaschinen, Kühlschränke und Geschirrspüler, rund 25 Prozent auf Fernseher, Audio- und Videogeräte sowie rund 20 Prozent auf PCs, Telefone und andere IT-Geräte.
Die Kosten für die Entsorgung schwanken auf Grund der höchst unterschiedlichen Gerätebauarten zwischen 20 DM für eine Waschmaschine und rund 50 DM für einen Fernseher oder einen Kühlschrank. Einschließlich der Abholung der Geräte durch die Kommunen liegen die Gesamtkosten für ein bundesweites Entsorgungssystem für diese Geräte in der Anfangsphase bei drei bis vier Mrd. DM pro Jahr.
Völlig in die Irre führt nach Auffassung des ZVEI der immer wieder herangezogene Vergleich mit der Altauto-Richtlinie. Mit weltweit mehr als 10.000 Anbietern von elektrotechnischen und elektronischen Produkten, noch mehr aktiven und zahlreichen nicht mehr existierenden Marken sei eine individuelle herstellerbezogene Rücknahme wie in der Altauto-Richtlinie schon aus praktischen Gründen völlig undenkbar.
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