Pressemitteilung | Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

EMI: Deutsche Industrie auch im April weiter in Topform

(Frankfurt am Main) - Die deutsche Industrie ist mit Volldampf ins zweite Quartal 2017 gestartet. Produktion, Auftragseingang und Beschäftigung legten mit nur geringfügig reduziertem Tempo weiter zu. Das signalisiert der saisonbereinigte Markit / BME Einkaufsmanager Index (EMI), der im April mit 58,2 fast die gleiche Wachstumsrate aufwies wie beim annähernden Sechs-Jahreshoch im März (58,3). Allerdings verschärfte sich auch der Kostendruck. Dennoch: Seit 29 Monaten ist die deutsche Industrie nun bereits auf Expansionskurs - das ist der zweitlängste Zeitraum seit Umfragebeginn vor genau 21 Jahren. Der wichtige Indikator für die gesamte deutsche Wirtschaft spiegelt das Ergebnis der April-Umfrage zur Konjunkturlage des Produzierenden Gewerbes in einem Wert wider.

"Die jüngsten EMI-Daten sind ein Beleg für den nachhaltigen Aufschwung in Deutschland. Die Wirtschaft trotzt damit weiterhin erfolgreich den zahlreichen globalen Krisenherden", betonte Dr. Silvius Grobosch, Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstandes des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Donnerstag in Frankfurt. Angesichts der weiter steigenden Beschaffungspreise "sind unsere Einkäufer gut beraten, den Kostenauftrieb im Auge zu behalten", fügte Grobosch hinzu.

"Trotz Trump, trotz Beginn der Brexit-Verhandlungen, trotz Unsicherheit aufgrund der Wahlen in Frankreich, also trotz allem wächst die deutsche Industrie weiter. Die Rahmenbedingungen scheinen schwieriger, die Nachfrage nach deutschen Produkten bleibt aber hoch", sagte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Donnerstag dem BME. Besonders erfreulich sei die zunehmende Dynamik bei der Investitionsgüternachfrage. Sowohl das In- als auch das Ausland fragten deutsche Produkte intensiv nach. Die Kapazitäten seien weitgehend ausgelastet. Dies spreche für weitere Investitionen im Inland. Entscheidend für die Zukunft der deutschen Industrie ist nach Einschätzung der Helaba-Bankdirektorin hochqualifizierte Fachkräfte anziehen zu können, ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit zu belasten. Bereits seit mehreren Jahren stiegen in Deutschland die Lohnstückkosten, da die Produktivität nicht mehr mit den Löhnen mithalten könne. Herausfordernd könnten Traud zufolge auch die Steuerpläne des US-Präsidenten Trump sein, die massive Steuererleichterungen für US-Unternehmen vorsehen. Für den Fall, dass diese umgesetzt werden, könnte der Standort USA an Attraktivität gewinnen und deutsche Produktionsstätten unter Druck setzen. "Dies ist aber deutlich positiver zu beurteilen, als die vormals diskutierte 'big border tax', die für deutsche Unternehmen sehr teuer gekommen wäre", teilte Traud dem BME abschließend mit.

Nach Ansicht von Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, "war das vorerst der letzte Anstieg. Die weiter gestiegenen deutschen Stimmungswerte täuschen ein wenig über die globale Lage hinweg." Fakt sei, dass außerhalb von Europa in allen wichtigen Regionen eine Eintrübung des Wirtschaftsklimas zu verzeichnen gewesen sei. "Diese dürfte sich in den kommenden Monaten auch in Deutschland zeigen, wo die fast schon euphorische Stimmung schon lange nichts mehr mit den harten Daten zu tun hat", sagte Kater am Donnerstag dem BME.

"Die Industrie gewinnt weiter an Stärke. Schon zu Jahresbeginn waren die Betriebe deutlich optimistischer als in den vergangenen Jahren", kommentierte DIHK-Konjunkturexperte Dr. Dirk Schlotböller die aktuellen EMI-Daten. Das habe neben dem Exportschub auch an einer etwas größeren Investitionsdynamik gelegen. "Viele Unternehmen schieben ihre Investitionen schlichtweg nicht mehr weiter auf - trotz bisweilen hoher Unsicherheit. Der Blick auf die Geschäftsentwicklung im weiteren Jahresverlauf ist zuversichtlich", teilte er am Donnerstag dem BME mit.

"Die deutsche Industrie befindet sich auf einem robusten Expansionskurs. Längere Lieferzeiten und hohe Auftragsbestände sollten langsam auch Investitionen nach sich ziehen", sagte BDI-Konjunkturexperte Thomas Hüne am Donnerstag dem BME. Die weltwirtschaftlichen Risiken nehmen jedoch seiner Einschätzung nach weiter zu.

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

Industrieproduktion: Die Produktionssteigerungsrate verlangsamte sich zwar erstmals wieder leicht, sie war jedoch immer noch die dritthöchste seit Beginn der Ausweitung vor genau vier Jahren. Spitzenreiter war diesmal der Vorleistungsgüterbereich, doch auch in den beiden anderen Industriebereichen wurde abermals erheblich mehr hergestellt als im März.

Auftragseingang: Beim Auftragseingang verbuchten sowohl Global Player als auch mittelständische Firmen das zweithöchste Plus seit Januar 2014. Der entsprechende Teilindex sank gegenüber März nur leicht. Im Investitionsgüterbereich gingen diesmal am meisten Neuaufträge ein.

Der 21. Zuwachs an Exportbestellungen in Folge war der zweithöchste seit sechs Jahren. Besonders gefragt waren Industrieerzeugnisse "Made in Germany" im April in den USA, China und Asien, doch auch aus Russland, Indien, Italien, Spanien und den Niederlanden gingen Neuaufträge ein.

Beschäftigung: Der 13. Jobaufbau in Folge fiel nur geringfügig schwächer aus als zum 68-Monatshoch im März. Bei knapp einem Fünftel der Befragten legte die Beschäftigung zu, was zum großen Teil mit Kapazitätserweiterungen wegen des Zuwachses an Neu- und Folgeaufträgen begründet wurde.

Einkaufs-/Verkaufspreise: Besonders wegen der Verteuerung von Stahl, Energie und Chemikalien sowie höheren Ausgaben für Löhne und Gehälter beschleunigte sich der Kostenauftrieb im April zum neunten Mal in Folge und fiel außerdem so stark aus wie zuletzt im Mai 2011. Der Investitionsgüterbereich war diesmal am stärksten davon betroffen.

Vor allem aufgrund der anhaltenden Verteuerung von Rohstoffen wurden die Verkaufspreise auch im April kräftig angehoben, gegenüber dem 68-Monatshoch von März schwächte sich die Rate jedoch leicht ab. Der entsprechende Teilindex notiert aktuell auf dem dritthöchsten Wert seit Juli 2011. Im Vorleistungsgüterbereich wurden die Verkaufspreise am deutlichsten nach oben gesetzt.

Jahresausblick*: Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist verbesserten sich im Berichtsmonat zum vierten Mal innerhalb der letzten fünf Monate, was den entsprechenden Teilindex auf den zweithöchsten Wert seit Beginn der Erhebung dieser Daten im Juli 2012 steigen ließ. Weiteres Geschäftswachstum versprechen sich die Unternehmen vom guten Konjunkturausblick, neuen Projekten, expansiven Verkaufsstrategien und einer insgesamt weiter anziehenden Exportnachfrage. Die wenigen Stimmen, die von einer eher schlechteren Geschäftslage ausgehen, befürchten steigende Kosten, die wegen des Wettbewerbes nicht an die Kunden weitergegeben werden können bzw. eine Korrektur an der Börse und danach verhaltenere Umsätze.

*IHS Markit hat am 1. Februar 2017 erstmals für die deutsche Industrie den EMI-Teilindex "Jahresausblick" veröffentlicht. Dieser Wert spiegelt die Geschäftsaussichten der 500 EMI-Umfrage-Teilnehmer wider und wird alle vier Wochen aktualisiert.

Der Markit / BME Einkaufsmanager Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) Frank Rösch, Leiter, Presse und Kommunikation Bolongarostr. 82, 65929 Frankfurt am Main Telefon: (069) 30838-100, Fax: (069) 30838-199

(cl)

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