Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Energiesparen belebt die Konjunktur / In diesem Jahr zahlt jeder Haushalt 650 Euro mehr / vzbv fordert Effizienz-Offensive und legt Zehn-Punkte-Katalog vor

(Berlin) - Als Antwort auf die explodierenden Öl- und Gaspreise hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine Effizienz-Offensive gefordert. "Mehr Energieeffizienz muss zur Kernaufgabe der Politik werden", fordert vzbv-Vorstand Prof. Edda Müller. "Lippenbekenntnisse im Wahlkampf reichen nicht aus, konkrete Ziele und Instrumente müssen auf den Tisch". Mit jedem Dollar mehr für das Fass Erdöl, jedem Cent mehr für die Kilowattstunde Gas oder Strom steige der Handlungsbedarf. Der vzbv präsentiert einen Zehn-Punkte-Katalog zum sparsamen und effizienten Energieeinsatz.

"Mehr Wettbewerb auf dem Strom- und Gasmarkt und eine konsequente Energieeffizienzpolitik wären ein gigantisches Konjunkturprogramm, das die Binnenkonjunktur belebt, die Industrie entlastet und der brachliegenden Baubranche die ersehnten Wachstumsimpulse liefert", so Edda Müller. Allein für Heizung und Autofahren werden die deutschen Haushalte bei den derzeitigen Preisen bis Ende des Jahres voraussichtlich 25 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr zahlen müssen. Bezogen auf die 38 Millionen Haushalte in Deutschland sind dies durchschnittlich 650 Euro Mehrausgaben pro Haushalt allein in diesem Jahr.

Steigt der Ölpreis weiter - wie manche Experten befürchten auf bis zu 100 Dollar je Barrel bis Ende nächsten Jahres - sind für die privaten Haushalte noch einmal mehr als 45 Milliarden Euro zusätzlich fällig. Jeder Haushalt hätte dann durchschnittlich 100 Euro weniger im Monat in der Haushaltskasse. "Vor allem Gaskunden droht ein neuer Preisschock im Herbst", so Edda Müller.

"Tatenlosigkeit und bloßes Hoffen auf mehr Wettbewerb und sinkende Preise durch das Einschreiten der Regulierungsbehörde und des Bundeskartellamtes wären fahrlässig", warnte Edda Müller. Eine Energiepolitik aus einem Guss müsse neben Wettbewerb und Zukunftsfähigkeit vor allem auf Effizienz setzen. Allein der Verzicht auf den unsinnigen Stromverbrauch für Stand-by ließe die Stromproduktion von zwei Kraftwerken überflüssig werden. Die EU schätzt, dass durch Einsparung jeder Haushalt bis zu 1000 Euro im Jahr an Energiekosten sparen könnte.

Wohngebäude verheizen im Durchschnitt 22 Liter Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr. Möglich wäre die Hälfte, bei Neubauten sogar ein Zehntel. "Machen wir allerdings so weiter wie bisher, sind unsere Gebäude erst im Jahr 2115 ordentlich saniert und unsere Energierechnung wird unbezahlbar", kritisiert Edda Müller die schleppende Umsetzung der Gebäudesanierung. Neue Autos fressen im Durchschnitt immer noch knapp sieben Liter Benzin auf 100 Kilometer. Technisch möglich wäre auch hier die Hälfte. Auch bei elektrischen Geräten kann die Hälfte des Verbrauchs ohne jeden Komfortverlust eingespart werden, würden die Hersteller sich auf den Vertrieb der sparsamsten Geräte beschränken - und die Verbraucher Energiefresser meiden.

Die zentralen Forderungen der Verbraucher zur Umsetzung einer höheren Energieeffizienz für die Bereiche Auto, elektrische Geräte und Gebäude hat der vzbv in ein Zehn-Punkte-Programm gefasst.

Weniger ist Mehr - ein Zehn-Punkte-Katalog zur Energieeffizienz
1. Normen, Labels und Beratung haben Vorrang vor finanzieller Förderung. Das Instrument der Selbstverpflichtung soll zu einer dynamischen "Anreizregulierung" weiterentwickelt werden, nach der sich über einen festen Zeitraum der "Flottenverbrauch" an den marktbesten Produkten orientiert ("Top-Runner-Strategie").

Autos - runter mit dem Flottenverbrauch
2. Bei den PKW ist die Einhaltung der bereits vereinbarten Selbstverpflichtungen der Hersteller umgehend zu überprüfen, um rechtzeitig gegensteuern zu können. Die Hersteller hatten sich gegenüber der Europäischen Union verpflichtet, den Spritverbrauch der Neuwagenflotte bis 2008 von heute sieben auf fünfeinhalb Liter je 100 km zu senken. Die Senkung des Flottenverbrauchs ist so fortzuschreiben, dass er bis spätestens 2012 auf dreieinhalb Liter je 100 km sinkt.
3. Die Verbrauchskennzeichnung für PKW soll künftig nach dem Muster der Haushaltsgeräte (A-F) erfolgen.

Wohnen - runter mit den Heizkosten
4. Bei den Gebäuden ist analog zum Auto der "Flottenverbrauch" zu senken. Die Wohnungswirtschaft soll sich im Rahmen einer Selbstverpflichtung bereiterklären, den Bestand bis zum Jahr 2025 auf das Niveau der heute für Neubauten gültigen Standards von zehn Litern Heizöl je Quadratmeter und Jahr zu sanieren. Eine stärkere Stichprobenkontrolle bei der Sanierung im Bestand ist durchzuführen.
5. Die Förderprogramme sollen konzentriert werden. Es sind nur noch Maßnahmen mit öffentlichen Mitteln zu fördern, die zu einem gegenüber den Anforderungen der Energieeinsparverordnung besseren Standard führen.
6. Der Energiepass für Gebäude muss als bundeseinheitlicher, für potentielle Nutzer aussagefähiger und leicht verständlicher Indikator des energetischen Zustands eines Gebäudes und der sich hieraus ergebenden Maßnahmen für Verbesserungen der Energieeffizienz eingeführt werden. Diese Transparenz schafft die Voraussetzung für eine nachfragegesteuerte Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudebestand.
7. Die Energieeinsparverordnung ist gegenüber dem derzeitigen Standard von neun bis 15 Litern Heizöl je Quadratmeter und Jahr so zu dynamisieren. Nach 2012 sollen nur noch Gebäude mit einem Energieverbrauch von unter drei bis fünf Litern errichtet werden dürfen.

Elektrische Geräte - runter mit den Stromkosten
8. Die EU-Öko-Designrichtlinie ist mit scharfen Standards rasch umzusetzen. Laut Richtlinie dürfen künftig durch die Festsetzung von Obergrenzen des Stromverbrauchs nur noch besonders energieeffiziente elektrische Geräte auf den Markt kommen. Die Frist zur nationalen Umsetzung der Richtlinie endet im August 2007.
9. Aufbauend auf den vorhandenen Selbstverpflichtungen der Industrie müssen die Obergrenzen für Haushaltsgeräte auf dem anspruchsvollen Niveau des derzeitigen A-Labels festgelegt und weiter dynamisiert werden. Zugleich muss der überflüssige Stand-by-Strombedarf auf unter ein Watt begrenzt werden.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

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