Enorme Integrationsleistung kann Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom Elternhaus nicht überdecken
(Berlin) - Laut Vorabbericht durch das ARD-Hauptstadtstudio zum Bildungsmonitor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) seien in Folge hoher Flüchtlingszahlen ab 2015 deutlich mehr Kinder in die Schulen gekommen als zuvor geplant und hätten damit das Bildungssystem überfordert. Der Studienautor Prof. Dr. Axel Plünnecke sprach von einer „Wasserscheide“ und sagt, dass sich das System bis dahin verbessert habe, es seither aber „bergab“ gehe.
Hierzu äußert sich der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand: „Die Ergebnisse liegen vor und sind nicht wegzureden: Nach dem Pisa-Schock 2000 gelang es, langsam und stetig bessere Ergebnisse zu erzielen. Das Bildungssystem war im Aufwind. Allerdings gelang es trotzdem nicht, das strukturelle Problem der Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom Elternhaus ernsthaft anzugehen. Das hat schwerwiegende Folgen für die Integration einer solch hohen Anzahl an geflüchteten Kindern, wie es 2015 und dann auch 2022 notwendig war.“
Mit Blick zurück auf das Jahr 2015 sagt Brand: „Wir brauchten schnelle Lösungen für komplexe Herausforderungen. Das hieß neben der Versorgung der Ankommenden mit dem Notwendigsten, auch die Integration in Schulen. Auf die Bewältigung einer Aufgabe dieser Größenordnung in so kurzer Zeit war das Bildungssystem nicht vorbereitet. Es ist einzig dem großen Engagement der Lehrkräfte und Schulleitungen, der Schulsozialarbeit und den Erzieherinnen und Erziehern zu verdanken, dass es den miserablen Rahmenbedingungen zum Trotz funktionierte. Wir haben damals wie heute stets darauf hingewiesen, wie die Situation vor Ort ist, wie es anders laufen müsste, welche Unterstützung für Lehrkräfte notwendig wäre – aber Politik hat sich darauf verlassen, dass Schule es schon hinbekommt. Dass das nicht ohne Reibungsverluste gelingt, muss klar sein. Im Nachhinein mit dem Finger auf Schule zu zeigen, und die enorme Leistung schlechtzureden, ist nicht der richtige Weg. Mit den Rahmenbedingungen, die wir hatten, haben wir die ankommenden Kinder insbesondere 2015 und auch 2022 bestmöglich integriert.“
Die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von den Möglichkeiten und Gegebenheiten im Elternhaus kritisierend, erläutert der VBE Bundesvorsitzende: „Eines der spannendsten Ergebnisse ist doch, dass es nicht das Merkmal ‚Migrationshintergrund‘ ist, dass eine direkte Korrelation zu schlechteren Bildungsergebnissen aufweist, sondern der ökonomische Status des Elternhauses und die Möglichkeit, dort Deutsch zu sprechen. Das sind Faktoren, bei denen wir ansetzen müssen. Bildung ist kein Luxusgut, sondern das Recht eines jeden in Deutschland lebenden Kindes.“
Quelle und Kontaktadresse:
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