Pressemitteilung | (VENRO) Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V.
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Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe im Bundeshaushalt 2026

(Berlin) - Am morgigen Donnerstag, 13. November 2025, diskutiert der Haushaltsausschuss des Bundestages in seiner Bereinigungssitzung den Bundeshaushalt 2026. In den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zeichnen sich erneut tiefe Einschnitte ab. Dieses Briefing liefert relevanten Kontext zu den geplanten Entwicklungen sowie den Auswirkungen auf die Arbeit zivilgesellschaftlicher Akteure.

Welche Budgets sind im Haushaltsentwurf 2026 für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit vorgesehen?

In der Entwicklungszusammenarbeit plant die Bundesregierung weitere Kürzungen: Der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) soll um 331 Millionen Euro auf 9,94 Milliarden Euro sinken – ein Rückgang um weitere 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, um mehr als elf Prozent seit 2024. Der Haushaltstitel Private Träger, aus dem die zivilgesellschaftliche Entwicklungszusammenarbeit zu einem großen Teil finanziert wird, soll um weitere 15 Prozent sinken. In der humanitären Hilfe sieht der Haushaltsentwurf eine Stagnation vor. Es sind aktuell 1,048 Milliarden Euro im Etat des Auswärtigen Amtes vorgesehen. Gegenüber 2024 bliebe es bei einer Kürzung um mehr als 50 Prozent.

Was sind Verpflichtungsermächtigungen und warum sind sie wichtig?

Verpflichtungsermächtigungen im Haushalt haben den Sinn, dass auch in den Folgejahren Haushaltsmittel für Projekte bereitgestellt werden müssen. Sie ermächtigen die Regierung wortwörtlich dazu, Verpflichtungen für die Folgejahre einzugehen. So werden mittelfristige Investitionen in z.B. humanitäre Infrastruktur ermöglicht und Finanzierungssicherheit für mehrjährige Projekte geschaffen.

Wie entwickeln sich die Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsentwurf 2026?

In der humanitären Hilfe steigen die Verpflichtungsermächtigungen im Vergleich zum Haushaltsentwurf 2025 um beinahe 35 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro. Auch beim Etat für Krisenprävention und Friedensförderung steigen sie, hier um knapp unter 19 Prozent. Das ist ein wichtiger Schritt zu einer stabilen Finanzierung, aber auf weiterhin extrem niedrigem Niveau im Vergleich zu 2024.
In der Entwicklungszusammenarbeit hingegen sinken die Verpflichtungsermächtigungen im Vergleich deutlich ab. Beim Titel für private Träger sind es fast zehn Prozent weniger. Auch beim zivilen Friedensdienst sinken sie um zehn Prozent. Den größten absoluten und prozentualen Rückgang sehen die Kirchen: In ihrem Titel sinken die Verpflichtungsermächtigungen um 30 Millionen Euro bzw. 12,5 Prozent.
Besonders kritisch: Insgesamt steigen die Volumina der Verpflichtungserklärungen im Bundeshaushalt deutlich an, von 151 Milliarden Euro 2025 auf 430 Milliarden Euro 2026. Auch nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit braucht langfristige Finanzierungszusagen, um bestmöglich wirken zu können. Dafür scheint es aktuell kein Verständnis zu geben.

Wie wirkt sich das auf die Projektarbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen in Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe aus?

Zivilgesellschaftliche Akteure setzen in sowohl der Entwicklungszusammenarbeit als auch humanitären Hilfe vornehmlich auf mehrjährig angelegte Projekte, um nachhaltig wirken zu können. Das massive Absinken der Verpflichtungsermächtigungen beim BMZ führt dazu, dass deutlich weniger dieser langfristigen Projekte gefördert werden können. In einer Umfrage unter VENRO-Mitgliedern zeigt sich aktuell ein Absinken der zugesicherten Fördervolumina für das Jahr 2026 um mehr als 50 Prozent. Rund 40 Prozent weniger Vorhaben als in 2025 werden bewilligt. Die Zahl jener Projekte, die nur bei sich veränderter Haushaltslage finanziert werden sollen, stieg im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 140 Prozent. In der humanitären Hilfe steigen zwar die Verpflichtungsermächtigungen wieder an, durch den insgesamt extrem niedrigen Etat können dennoch viel zu wenige nachhaltige Vorhaben durch die Bundesregierung finanziert werden.

Wie entwickelt sich der Bedarf für Engagement in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe?

Aufgrund zahlreicher gewaltsamer Konflikte und Naturkatastrophen steigt der Bedarf für humanitäre Hilfe seit Jahren stetig an. Mittlerweile sind weltweit 300 Millionen Menschen akut auf Hilfe angewiesen, mehr als 120 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Mehr als 670 Millionen Menschen leiden Hunger. Die Finanzierungslücke wächst zudem kontinuierlich, weil sich neben USAID auch weitere Länder zunehmend aus der staatlichen Finanzierung von Nothilfe zurückziehen.
Gleichzeitig steigt auch die Ungleichheit weltweit immer weiter an. Global wachsen die Vermögen der reichsten zehn Prozent, die mittlerweile mehr als 70 Prozent des weltweiten Vermögens auf sich vereinbaren. Die untersten 50 Prozent wiederum verfügen über weniger als fünf Prozent der Vermögenswerte. Das macht sie besonders vulnerabel, weil sie keine Reserven besitzen, um in Krisensituationen handlungsfähig zu bleiben. Hier braucht es globales Engagement und neue multilaterale Ansätze, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Die zunehmende Ungleichheit, multiple Krisen und eine abnehmende Bereitschaft, in Entwicklungszusammenarbeit zu investieren, führen dazu, dass eine Erreichung der in der Agenda 2030 festgehaltenen nachhaltigen Entwicklungsziele in weite Ferne rückt.

Welche Anpassungen am Haushaltsentwurf schlägt VENRO vor?

Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe sollten im Kontext zunehmender Ungleichheit, globaler Krisen und enormem Druck auf die wertegeleitete internationale Ordnung deutlich besser finanziert werden. In seiner Stellungnahme zum Haushalt schlägt VENRO deshalb folgende Anpassungen im parlamentarischen Prozess vor:
• mindestens 2,5 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe sowie mindestens 11,2 Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit;
• mindestens 0,2 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für die ärmsten Länder (LDC), vor allem durch mehr Mittel für landwirtschaftliche Entwicklung und Ernährungssicherung;
• mindestens sieben Milliarden Euro für internationale Klimafinanzierung;
• Beibehaltung der Mittel zur Förderung zivilgesellschaftlicher Arbeit mindestens auf dem Niveau von 2024;
• ein deutlicher Anstieg von Verpflichtungserklärungen zur Sicherstellung eines langfristigen, strategischen Engagements;
• mindestens 100 Millionen Euro für gendertransformative, intersektionale und postkoloniale feministische Vorhaben.

Quelle und Kontaktadresse:
(VENRO) Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V., Dominik Drießen, Leiter(in) Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Stresemannstr. 72, 10963 Berlin, Telefon: 030 2639299-10

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