Erfolgreicher Unternehmertag des DSLV in Düsseldorf / Einhellige Forderung nach verstetigter Infrastrukturfinanzierung
(Bonn/Berlin) - Die Diskussion über Zustand und Finanzierung der deutschen Verkehrsinfrastruktur war erneut prägender Diskussionsgegenstand des diesjährigen Unternehmertags des Deutschen Speditions- und Logistikverbands. Bei dem traditionellen Branchentreffen am 17. und 18. September forderte DSLV-Präsident Mathias Krage in Düsseldorf die Bundesregierung zudem auf, zu der bei Einführung der Lkw-Maut geleisteten Harmonisierungszusage zu stehen.
Vor knapp 400 Gästen aus Politik und Wirtschaft betonte Krage die hohe Bedeutung funktionierender Verkehrswege für den Wirtschaftsstandort und die Exportnation Deutschland. Nur ein guter Zustand von Straße, Schiene und Wasserwegen könne die außerordentlichen Leistungen der deutschen Speditions- und Logistikbranche für die Volkswirtschaft unterstützen. Krage begrüßte die grundsätzliche Festschreibung des Prinzips der Überjährigkeit im Haushaltsrecht sowie den Investitionshochlauf der Bundesregierung, betonte aber zugleich, dass weitere Mittel und Schritte für Erhalt, Aus- und Neubau erforderlich seien. "Was wir dringend benötigen, ist eine gleichzeitige Reform von Verkehrswegefinanzierung und Auftragsverwaltung, damit Finanzierung und Planung enger verzahnt werden können. Der DSLV unterstützt deshalb ausdrücklich die Pläne für eine bundeseigene Verkehrsinfrastrukturgesellschaft. Bund, Länder und Logistikbranche brauchen Planungssicherheit."
Krage kritisierte hingegen die jüngste Entwicklung der BAG-Förderprogramme. "Das Mautharmonisierungsversprechen fällt in sich zusammen", so der Verbandspräsident. Nachdem Brüssel die Weiterbildungsmöglichkeiten eingeschränkt habe, positioniere sich jetzt der Bundesrechnungshof gegen die De-Minimis-Förderung. Krage forderte deshalb die Bundesregierung auf, an dem gegebenen Harmonisierungsversprechen festzuhalten und nach Möglichkeiten zum Mittelabfluss aus den Fördertöpfen zu suchen.
Norbert Barthle (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister, war zu Gast beim "einzigen Spitzenverband im deutschen Verkehrswesen, der das gesamte Leistungsspektrum der Logistik abdeckt". Er erläuterte, Ziel der Bundesregierung sei es, die Finanzierung der deutschen Verkehrsinfrastruktur kontinuierlich und langfristig zu sichern. Ein Eckpfeiler hierfür sei der neue Bundesverkehrswegeplan, betonte Barthle: "Das wird kein ,Wünsch-Dir-was-Katalog', sondern wir werden uns ausschließlich am Bedarf und an der Bedeutung der einzelnen Projekte innerhalb des gesamten Verkehrsnetzes orientieren." Dabei habe zwar die Erhaltung gegenüber dem Ausbau Vorrang, die Bundesregierung werde aber auch tatkräftig in den Neubau investieren. Ein zusätzliches Element der Infrastrukturfinanzierung werde laut Barthle die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes sein. "Da es bei einigen Bundesländern zum Teil Planungsdefizite gibt, ist es allein mit immer mehr Bundesmitteln nicht getan. Wir brauchen auch baureife Projekte, für deren Planung die Länder zuständig sind." Eine Reform der Auftragsverwaltung in Form einer Infrastrukturgesellschaft für die Straßen des Bundes, vor allem die Bundesautobahnen, könnte hier zu mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit führen. Voraussetzung sei, dass dies keine Abstriche bei Qualität und Nutzerverfügbarkeit bedeute.
Der "Logistikstandort Deutschland im Fokus Europas" wurde auf dem Podium unter Moderation von ZDF-Redakteur Dr. Wulf Schmiese diskutiert. Und auch hier konzentrierten sich die Beiträge auf Aspekte der Nutzerfinanzierung und Lösungen durch eine Verkehrsinfrastrukturgesellschaft. Die verkehrspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Valerie Wilms, sah in der Gesellschaft "ein absolutes Muss" und kritisierte, dass man in Deutschland über den Zustand der Infrastruktur nicht wirklich Bescheid wissen wolle. "Die Verkehrsinfrastruktur stellt ein gewaltiges Anlagevermögen dar, aber wir haben nie betrachtet, wie hoch der Verlust dieses Anlagevermögens ist." Nicht nur in der Finanzierungsfrage, auch in der Verlagerungsdiskussion zwischen Verkehrsträgern müsse man sich von Kleinteiligkeit und dogmatischen Zwängen lösen. Auch der Präsident des Bundesverbands Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB), Rainer Schäfer, kritisierte: "Seit drei Jahren warten wir auf den Bericht über den Zustand der deutschen Wasserstraßeninfrastruktur. Dieser ist fertig, wird aber nicht veröffentlicht."
Mit Blick auf die europäische Verkehrspolitik verglich DSLV-Vizepräsident Willem van der Schalk deutsche Seehäfen mit den ARA-Häfen Antwerpen und Rotterdam, wo die Politik deutlich flexibler auf die Bedürfnisse der Wirtschaft reagiere. Der ehemalige belgische Europaabgeordnete Mathieu Grosch (EVP) verwies auf die gemeinsamen europäischen Anstrengungen zur multimodalen Ausgestaltung der transeuropäischen Netze. Henkel-Logistikchef Oliver Wittig schlug bei der Frage des intermodalen Verkehrs die Brücke zu innovativen Verkehrskonzepten wie den Lang-Lkw. Vom Einsatz des Lang-Lkw habe der Chemiekonzern bislang abgesehen, zu groß seien die Unsicherheiten über seine Einsatzmöglichkeiten. Dennoch könne diese Transportlösung wichtige Akzente setzen und Mehrkosten des kombinierten Verkehrs, wie den zusätzlichen Umschlagsvorgang, vermeiden.
In seiner "Anleitung zum Zukunftsoptimismus" warnte Zukunftsforscher Matthias Horx davor, sich von kollektiven Ängsten leiten zu lassen und "apokalyptisches Cocooning" zu betreiben. Stattdessen komme es darauf an, die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen und die Welt intelligent zu verändern. Gerade die Logistik- und Speditionsbranche habe eine große Verantwortung, effektive Systeme für den Güterverkehr zu entwickeln. Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner stieß ins selbe Horn mit einem Bekenntnis zu mehr persönlichem und unternehmerischem Mut zur Eigenverantwortung und Risiko und mehr staatlichem Mut "loszulassen" und weniger zu regulieren. Vor diesem Hintergrund sprach sich auch Lindner für eine stärkere bundesweite Koordination bei der Infrastrukturfinanzierung aus. Die Bündelung und Finanzierung aller Verkehrswege in einer unabhängigen Gesellschaft sei ein "ordnungspolitisch überlegenswertes Modell".
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(dw)