Pressemitteilung | Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W)

Erwerbstätige Personen und Familien immer häufiger von Wohnungsnot betroffen

(Berlin) - Die BAG Wohnungslosenhilfe (BAG W) veröffentlicht heute ihre jährlichen Zahlen und Analysen zur Lage wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen. Der Bericht gibt Aufschluss über die Situation der Klient*innen der freiverbandlichen Wohnungsnotfallhilfe und offenbart einen besorgniserregenden Trend: 13 % aller Klient*innen sind erwerbstätig.
Beunruhigend ist auch der anhaltend hohe Anteil von Familien in der Wohnungsnotfallhilfe: 11 % aller erfassten Personen leben 2023 mit mindestens einem Kind im Haushalt. Diese Zahlen zeigen, dass Wohnungsnot weitreichende Folgen für Bildung und gesellschaftliche Teilhabe hat.

Risikofaktor Migration

Aus dem Bericht geht außerdem hervor, dass insbesondere Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit stark von Wohnungsnot betroffen sind. Im Berichtsjahr verfügen gut 38 % aller Klient*innen der Wohnungsnotfallhilfe über keine deutsche Staatsangehörigkeit – ein neuer Höchststand.
Auffällig ist, dass 20 % der nicht-deutschen Klient*innen trotz Erwerbstätigkeit weiterhin in Wohnungsnot leben. Unter den nicht-deutschen Klient*innen finden sich auch häufiger Familien (18 %). Betrachtet man nur die Gruppe der nicht-deutschen Frauen, zeigt sich, dass fast ein Viertel
(24 %) allein mit den Kindern lebt. Insgesamt haben 48 % aller weiblichen Klientinnen einen Migrationshintergrund. Auch beim Zugang zur gesundheitlichen Versorgung zeigen sich gravierende Lücken: Im Jahr 2023 verfügten rund 17 % der nicht-deutschen Klient*innen über keinerlei Krankenversicherungsschutz. Bei Unionsbürger*innen liegt dieser Anteil sogar bei 27,5 %.
„Wir sehen, dass fehlende Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Sprachbarrieren und ein eingeschränkter Zugang zu Sozialleistungen vielfach zu prekären, teils ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen führen, die den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zusätzlich erschweren. Dadurch wirkt Migration zunehmend als eigenständiger Risikofaktor für Wohnungsnot“, erklärt Joachim Krauß, Fachreferent für Migration bei der BAG W.

Anstieg von Menschen in absoluter Armut

Allgemeine Daten des Statistikberichts zeigen weitere wichtige Entwicklungen: Fast drei Viertel der erfassten Klient*innen sind zum Zeitpunkt der Hilfe von Wohnungslosigkeit betroffen – und verfügen somit nicht über abgesicherten Wohnraum. Von ihnen lebt knapp die Hälfte bei Familie, Partner*in oder Bekannten (47,5 %). Diese Beobachtung deckt sich mit Praxiserfahrungen: Viele betroffene Menschen versuchen zunächst, aus eigener Kraft eine Lösung zu finden.
Ansteigend seit 2013 lebt nunmehr über ein Drittel in absoluter Armut. Das bedeutet, dass diese Menschen keinerlei finanzielle Unterstützung erhalten. Bei den unter 25-Jährigen akut wohnungslosen Personen betrifft dies sogar 45 %, die über kein eigenes Einkommen verfügen.
Wohnungslosigkeit hat viele Gesichter – Was folgt daraus?

Die BAG W fordert einen deutlichen Ausbau des sozialen Wohnraums, um Wohnungslosigkeit wirksam bekämpfen zu können. Zudem braucht es einen stärkeren Fokus auf präventive Maßnahmen, um Wohnungsverlust frühzeitig zu verhindern. Ein zentraler Punkt ist außerdem der uneingeschränkte Zugang zu Hilfen, der unabhängig vom Aufenthaltsstatus der betroffenen Personen gewährleistet sein muss.

„Wir brauchen gezielte, migrationssensible Angebote in der Wohnungslosenhilfe und einen diskriminierungsfreien Zugang zum regulären Wohnungsmarkt“, fordert Susanne Hahmann, Vorsitzende der BAG W. „Aber das allein reicht nicht. Solange es in Deutschland keinen ausreichenden Bestand an bezahlbarem Wohnraum gibt, wird es auch keine wirksame Bekämpfung von Wohnungslosigkeit geben.“

„Wir müssen uns bewusst machen, was Wohnungslosigkeit für jede einzelne Person bedeutet: den Verlust von Privatsphäre, Stabilität, Sicherheit und Geborgenheit. Wenn wir bedenken, dass auch Kinder davon betroffen sind, müssen wir uns fragen, ob wir als Gesellschaft diesen Zustand wirklich akzeptieren wollen“, so Sarah Lotties, Fachreferentin der BAG W.
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Der Statistikbericht der BAG W

Die BAG W veröffentlicht einmal jährlich eine Statistik zur Lebenslage wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen. Sie gibt einen Überblick über ihre Situation und stützt sich für das Jahr 2023 auf mehr als 43.000 anonymisierte Datensätze aus 237 Einrichtungen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W), Berit Pohns, Pressereferent(in), Waidmannsluster Damm 37, 13509 Berlin, Telefon: 030 2 84 45 37 0

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