Pressemitteilung | Bundesarchitektenkammer e.V. (BAK)

EU-Binnenmarktstrategie: Chancen für Baukultur und berufliche Mobilität in Europa, offen bleiben Green Deal und NEB

(Berlin) - Mit der neuen Binnenmarktstrategie verfolgt die EU-Kommission das Ziel, den europäischen Binnenmarkt einfacher, digitaler und leistungsfähiger zu gestalten. Weniger Bürokratie, bessere Verfahren, neue Impulse für kleine und mittlere Unternehmen: Für Architektinnen und Architekten, die europaweit tätig sind, birgt die Strategie nach Einschätzung der Bundesarchitektenkammer (BAK) wichtige Chancen – aber auch Risiken. Die BAK begrüßt die grundlegende Stoßrichtung, sieht jedoch an entscheidenden Stellen deutlichen Nachbesserungsbedarf.

Bürokratieabbau: Mehr Realismus für die Praxis

„Wir teilen das Ziel eines starken, offenen Binnenmarkts – aber der angekündigte Abbau von Hürden darf nicht zu einem Abbau notwendiger Qualifikationssicherung führen,“ warnt BAK-Präsidentin Andrea Gebhard. „Planungs- und Bauqualität brauchen ein klares berufliches Regelwerk. Vereinfachte Verfahren dürfen nicht dazu führen, dass fachliche Standards in der Berufsanerkennung oder Bauvorlageberechtigungen unter Druck geraten. Hier fordern wir Augenmaß und eine Umsetzung, die dem Gemeinwohl dient.“ Zwar begrüßt die BAK den Abbau unnötiger bürokratischer Hürden grundsätzlich. Die geltende Verhältnismäßigkeitsprüfung bewirkt jedoch das Gegenteil: Sie führt zu doppelten Prüfungspflichten, schafft neue Bürokratie und behindert überfällige Reformen im Berufsrecht.

Reformbedarf im Vergaberecht differenziert betrachten

Die angekündigte Reform des EU-Vergaberechts könnte laut BAK eine Chance für mehr Qualität in öffentlichen Bauaufträgen bieten – etwa durch die stärkere Gewichtung nicht-preislicher Kriterien wie Nachhaltigkeit und Gestaltung. Gleichzeitig mahnt die BAK zur Vorsicht: „In Deutschland erleben wir gerade eine zunehmende Konzentration durch Gesamtvergaben aus Zeit- und Kostengründen. Das darf kein EU-weiter Maßstab werden. Vielfalt, regionale Kompetenz und Wettbewerbschancen kleinerer Büros müssen gesichert bleiben.“

Green Deal und Baukultur stärker verankern

Erstaunlich zurückhaltend zeigt sich die Strategie in Bezug auf zentrale europäische Initiativen wie den Green Deal oder das Neue Europäische Bauhaus. Dabei haben gerade klimaneutrale Architektur und nachhaltige Stadtentwicklung in der Vergangenheit als Innovationstreiber gewirkt. „Baukultur, Energieeffizienz und Ressourcenschutz müssen im Binnenmarkt sichtbarer und verbindlicher verankert werden – als wirtschaftliche Chance und als kulturelle Aufgabe,“ so Gebhard.

Konkret fordert die BAK:

• den europäischen Binnenmarkt stärken durch Vergaberegeln, die nicht allein auf den niedrigsten Preis setzen

• Ein EU-KMU-Beauftragter für die Belange kleiner Planungsbüros

• Schutz bestehender nationaler Qualifikationsstandards im Berufszugang

• Die Einführung einer europäischen Planungsrichtlinie, die Mindestanforderungen an die Qualität von Planungsleistungen und an die Qualifikation ihrer Erbringer festlegt – als Beitrag zu Baukultur, Gemeinwohlorientierung und nachhaltiger Raumentwicklung

• Förderung von nachhaltigem Bauen und Bestandstransformation im Sinne des Green Deal

Die Binnenmarktstrategie setzt wichtige Impulse – doch Qualität, Gemeinwohl und kulturelle Vielfalt dürfen nicht unter die Räder vereinfachter Verfahren geraten.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarchitektenkammer e.V. (BAK), Cathrin Urbanek, Leiter(in) Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Askanischer Platz 4, 10963 Berlin, Telefon: 030 263944-0

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