EU-Milliarden für Innovation sind nur ein Strohfeuer
(Brüssel) – Das milliardenschwere EU-Programm Horizon muss völlig neu ausgerichtet werden, wenn es die Innovationskraft Europas stärken soll. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Institute for European Policymaking der Universität Bocconi und EconPol Europe. Laut ifo-Präsident Clemens Fuest sind die rund 100 Milliarden Euro der Horizon-Förderung im letzten Jahrzehnt bei den falschen Empfängern angekommen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Großteil der Mittel an große Unternehmen und Konsortien ging, die nur begrenzte Innovations- und Wachstumsergebnisse erzielt haben“, sagt er. Mitautor Daniel Gros, Direktor des Institute for European Policy Making (IEP) an der Universität Bocconi, schlägt eine grundlegende Änderung der EU-Innovationsförderung vor: „Die Fördermittel sollten auf unabhängige kleine und mittlere Antragsteller umgelenkt werden, der Schwerpunkt sollte auf dem Wachstumspotenzial von Ideen und nicht auf Unternehmenskennzahlen liegen.“
Ein großer Teil der Horizon-Finanzierung geht an große Unternehmen und ihre Spin-offs, die viele, manchmal sogar Hunderte von Horizon-Projekten haben, aber nicht besonders dynamisch sind. Die Projekte sind wie Strohfeuer, die einige Zeit anhalten, aber keine nachhaltige Wirkung entfachen. Ein weiteres Problem sind die zu detaillierten Forschungsfragen, die von unübersichtlichen Konsortien festgelegt wurden, in denen die Mitgliedstaaten ihre Interessen und die ihrer nationalen Vorzeige-Unternehmen durchsetzen. Dieser Prozess führt laut der Studie eher zu schrittweisen Verbesserungen als zu großen Innovationssprüngen. Die Autoren kommen zu dem Schluss: „Horizon Grants sind zu einer regulären Finanzierungsquelle für viele etablierte Unternehmen geworden und nicht zu einer Möglichkeit, innovative Ideen zu finanzieren.“ Besser wäre es, mit den Programmen einzelne Empfänger zu unterstützen und so Innovation „bottom-up“ und nicht „top-down“ zu fördern. Solche Programme machen derzeit nur weniger als 8 Prozent der Fördermittel aus.
Unter dem Titel "Funding Ideas, Not Companies: Rethinking EU Innovation Policy from the Bottom Up" schlägt die Studie eine grundlegende Abkehr von der derzeitigen Förderpolitik vor, die nicht unbedingt ein größeres Budget erfordert: Mehr „offene Ausschreibungen“ für unabhängige KMU, bei denen unterschiedliche Ansätze für Innovationsprojekte gleichberechtigt präsentiert werden können. Der Bericht analysiert die politischen Veränderungen, die für die Europäische Union erforderlich sind, um die „Mitteltechnologie-Falle“ zu vermeiden, die in dem viel zitierten Bericht 2024 von IEP und EconPol Europe in Zusammenarbeit mit der Toulouse School of Economics beschrieben wird.
Quelle und Kontaktadresse:
ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V., Carsten Matthäus, Pressesprecher(in), Poschingerstr. 5, 81679 München, Telefon: 089 92240