Pressemitteilung | Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth (IHK)

EU: "Motor aus der Krise oder Stottermotor in der Krise?" / Unternehmer diskutieren mit Europaministerin Emilia Müller

(Bayreuth) - Kann die Europäische Union einen wirksamen Beitrag zur Überwindung der aktuellen Wirtschaftskrise leisten oder erweist sie sich als zusätzlicher Hemmschuh der wirtschaftlichen Erholung? Dieser Frage gingen mittelständische Unternehmer der Region bei einer Diskussionsrunde mit Bayerns Europaministerin Emilia Müller in der IHK für Oberfranken Bayreuth auf den Grund. Die Bayerische Staatsregierung setzt auf ein abgestimmtes Vorgehen aller relevanten Kräfte und sucht daher den direkten Kontakt mit Kammern und Unternehmen. "Krisenbewältigung ist nur im gemeinsamen Zusammenspiel machbar", so Müller.

IHK-Präsident Dr. Wolfgang Wagner bemängelte, dass zwar die Wirtschaftskrise globale Auswirkungen habe, jedoch in Europa jeder Nationalstaat sein eigenes, mehr oder weniger protektionistisch ausgerichtetes Konjunkturpaket auf den Weg bringe. "Eine abgestimmte Aktion auf EU-Ebene ist bislang nicht erkennbar". Zudem würden unbeeindruckt von der Wirtschaftskrise auf europäischer Ebene Richtlinien diskutiert und verabschiedet, deren Umsetzung in nationales Recht die einzelnen Unternehmen zusätzlich belasteten. Als Beispiele nannte er die EU-Berufskraftfahrerrichtlinie, die Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel, die kontrovers diskutierte EU-Verbraucherschutzrichtlinie und das breite Feld der EU-Umweltgesetzgebung.

Krise als Bewährungsprobe

"Für die Europäische Union ist diese Krise eine der größten Bewährungsproben ihrer Geschichte. Scheitert sie an dieser Bewährungsprobe, dann wird die Akzeptanz der Menschen in Europa gegenüber der EU weiter sinken", so der IHK-Präsident. Bestehe die EU jedoch die Bewährungsprobe, werde dies dazu beitragen, dass die Menschen und auch die Unternehmer in Europa mehr Vertrauen in die Problemlösungskompetenz auf europäischer Ebene fassen. "Jetzt muss sich zeigen, was die EU ist: Motor aus der Krise oder Stottermotor in der Krise", schloss Dr. Wagner.

Die EU-Wegekostenrichtlinie und die Umsetzung der EU-Berufskraftfahrerrichtlinie nannte IHK-Vizepräsident Michael Möschel als Beispiele dafür, wie den Unternehmen aufgrund europäischer Reglementierungen derzeit das Leben schwer gemacht wird. Dem hehren Ziel der Harmonisierung folgend habe die EU hier Richtlinien erlassen, die nun in nationales Recht umgesetzt würden. Die Folge: Mauterhöhungen, höhere Kosten für die Transporteure und fehlende Planungssicherheit. "Deutschland ist in der Regel Vorreiter bei der Umsetzung und setzt auf die europäischen Vorgaben noch eine Schippe drauf", so Möschel. Während sich die Deutschen lange nicht um europäische Themen kümmerten, setzten andere EU-Staaten ihre ureigenen Interessen durch. "Gleiches Recht für alle, ein abgestimmtes Vorgehen und eine frühzeitige Information über neue Themen", formulierte Möschel seinen Wunsch an die EU. Zudem solle man in Deutschland die Richtlinie eins zu eins umsetzen und nicht durch eigene Regeln verstärken.

Subsidiarität muss gelten

Emilia Müller, Bayerische Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, unterstützte die Forderungen der Wirtschaft, die EU möge sich um die wesentlichen Probleme kümmern. "Europa muss sich um die großen Themen kümmern, nicht um den Salzgehalt der bayerischen Brezel", so Müller. Sie verwies auf den europäischen Binnenmarkt, von dem nicht zuletzt die bayerische Wirtschaft profitiere. "Auf diesem Markt brauchen wir aber klare Regelungen, wer wofür zuständig ist. Und dabei gilt zunächst das Postulat der Subsidiarität", erläuterte die Ministerin. Um Sofortinformationen über neue Gesetzgebungsverfahren zu erhalten, habe die Staatsregierung ihre Mitarbeiterzahl in Brüssel deutlich erhöht und aus jedem Ministerium "Spiegelreferenten" abgestellt, die als Frühwarnsystem wirken sollen. Man müsse frühzeitig beginnen, in der EU Einfluss zu nehmen, nicht erst wenn der Richtlinienentwurf auf dem Tisch liege.

In der Diskussion kamen Themen wie das Sachverständigenwesen, die Kennzeichnungspflicht im Rahmen der Verpackungsverordnung und die Umweltgesetzgebung zur Sprache. Vor allem die CO2-Problematik und die Umsetzung der EVU-Richtlinie belasten laut IHK-Vizepräsident August Wagner viele Unternehmen.

Quelle und Kontaktadresse:
Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth (IHK) Pressestelle Bahnhofstr. 23-27, 95444 Bayreuth Telefon: (0921) 886-0, Telefax: (0921) 886-9299

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