EU-Verordnung stärkt Verbraucherrechte / Schiffspassagierrechte: DRV erreicht Kompromisse für Anbieter
(Berlin) - Die am 6. Juli 2010 vom Europäischen Parlament beschlossene Verordnung zur Regelung der Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr stärkt besonders die Verbraucherrechte. "Leider fehlt jedoch oft das Augenmaß beim generellen Trend der EU, Verbraucherrechte auszuweiten, so dass die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Unternehmen nicht angemessen berücksichtigt werden", bemängelt der Europabeauftrage des Deutschen ReiseVerbands (DRV), Dr. Jochen Martin. Dennoch zahlt sich die intensive Lobbyarbeit des Branchenverbands der Touristik in Brüssel aus: "In einigen wichtigen Fällen konnten die Folgen für die Reiseanbieter entschärft werden, so dass der Branche noch stärkere Belastungen erspart bleiben", zeigt Dr. Martin den Erfolg für die Branche auf.
Trotzdem erschweren die zahlreiche Belastungen das wirtschaftliche Handeln: So steigen durch die Verordnung der administrative Aufwand und damit auch die Kosten für die Unternehmen deutlich. Der Grund: Es werden neue Anforderungen an das Informationsmanagement und die Qualifikation von Mitarbeitern gestellt. Zugleich ist die Einrichtung eines Beschwerdemanagements vorgeschrieben. Besonders kritisch ist, dass im Gesetzestext weiterhin die eindeutige Definition des Begriffs "Reiseveranstalter" fehlt. Daher besteht keine eindeutige Rechtssicherheit in der Abgrenzung des Veranstalters vom Vermittler einer Reise. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Ansprüche vor Gericht doppelt angemeldet werden. Ein weiteres Problem: "Wer als behindert oder mobilitätseingeschränkt gilt und wie die Passagiere dies nachweisen können, wurde bislang von der EU nicht eindeutig definiert", erläutert Dr. Martin.
Die Verordnung regelt die Rechte von Passagieren mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität, die Pflichten von Beförderern bei Reiseverspätung oder -absage sowie die Pflichten zur Information der Passagiere und den Umgang mit Beschwerden. Kreuzfahrten sind explizit Gegenstand der Verordnung - egal ob es sich dabei um Hochsee- oder Flusskreuzfahrten handelt (allerdings gibt es für Kreuzfahrten einige Ausnahmen bei den Pflichten). Der vorliegende Gesetzestext gilt noch nicht als verabschiedet, da der EU-Rat erst noch innerhalb der nächsten drei Monate zustimmen muss. Die Verordnung wird zwei Jahre nach ihrer Veröffentlichung verbindlich, das heißt, die Vorschriften müssen voraussichtlich erst ab Herbst 2012 berücksichtigt werden.
Der DRV hat das Gesetzgebungsverfahren, das sich über zwei Jahre hingezogen hat, von Anfang an begleitet. Durch seine Lobbyarbeit in Brüssel im Interesse der Mitglieder konnte der DRV gemeinsam mit dem Europäischen Dachverband der Reisebüros und Reiseveranstalter (ECTAA) signifikante Verbesserungen an dem Gesetz bewirken.
So konnte unter anderem erreicht werden,
- dass es eine Ausnahme bei der Verpflichtung gibt, behinderte oder in ihrer Mobilität eingeschränkte Passagiere mit an Bord zu nehmen: Die Beförderungspflicht entfällt, wenn das Kreuzfahrtschiff aufgrund seines Designs keine sichere oder betrieblich machbare Beförderung zulässt.
- dass behinderte oder in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen ihren besonderen Hilfsbedarf bereits bei Reservierung angeben müssen. Nur so kann gewährleistet werden, dass ihnen alle notwendigen Unterstützungsleistungen rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden können.
- dass eine Korrektur der Definitionen des Beförderers und des Reisebüros vorgenommen wurde. Dieses war aus Sicht der Branche zwingend notwendig, um sicherzustellen, dass das Reisebüro nicht den gleichen Haftungsbestimmungen unterliegt wie das Unternehmen, das die Schiffsreise durchführt.
- dass für Kreuzfahrten eine Ausnahme für die Verpflichtung besteht, Begleitperson eines Behinderten umsonst zu befördern.
- dass eine Beschwerde nicht automatisch anerkannt wird, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten beantwortet wird.
- dass die zu leistende Unterstützung des Beförderers im Falle einer Verzögerung der Abfahrt des Schiffs von einer oder mehreren Übernachtungen auf drei Tage und ein Maximum von 80 Euro Unterbringungskosten pro Nacht begrenzt wird.
- dass Kreuzfahrtveranstalter von der Regelung ausgenommen sind, bei Absage der Fahrt oder einer über 90-minütigen Verspätung der Abfahrt den Ticketpreis zurückerstatten oder eine alternative Beförderung zum Reiseziel organisieren zu müssen. Ebenso sind Kreuzfahrtanbieter nicht verpflichtet, im Falle einer verspäteten Ankunft eine Kompensation zu leisten.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher ReiseVerband e.V. (DRV)
Sibylle Zeuch, Pressesprecherin
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