Pressemitteilung | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

EUROFRAME – European Forecasting Network / Wirtschaftliche Lage im Euroraum: Prognose und Politikanalyse Frühjahr 2006

(Berlin) - Das EUROFRAME – European Forecasting Network vereint zehn renommierte Wirtschaftsforschungs- und Prognoseinstitute Europas, darunter das DIW Berlin und das Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Im Auftrag der Europäischen Kommission wird zweimal im Jahr ein Bericht über die wirtschaftliche Lage im Euroraum veröffentlicht. Dieser umfasst eine Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung, Politikanalysen und ein Sonderthema.

Der am 23. März erscheinende Frühjahrsbericht 2006 enthält folgende Ergebnisse:

Das reale Bruttoinlandsprodukt des Euroraums wird im Jahr 2006 um 2,2 Prozent zunehmen, deutlich mehr als im Jahr 2005 (1,4 Prozent). Der Zuwachs wird sich im Jahr 2007 leicht abschwächen, mit 2 Prozent jedoch über dem Wert der vergangenen Jahre liegen.

Die Arbeitslosenquote wird sinken, vor allem aufgrund der besseren Konjunktur. Für das Jahr 2006 wird eine Quote von 8,1 Prozent prognostiziert, nach 8,5 Prozent im Jahr 2005. Im Jahr 2007 wird sich dieser positive Trend fortsetzen, die Arbeitslosenquote wird auf 7,8 Prozent zurückgehen.

Die Inflationsrate im Euroraum wird den Zielwert der EZB weiterhin leicht überschreiten und sowohl im Jahr 2006 als auch 2007 2,2 Prozent betragen. Dieser Prognose liegen die Annahmen zugrunde, dass der Wechselkurs des US-Dollar im Jahr 2006 und 2007 durchschnittlich etwas mehr als 1.20 je Euro betragen wird und dass der Ölpreis leicht von 59 Dollar im Durchschnitt des Jahres 2006 auf 56 Dollar im Jahr 2007 zurückgehen wird. Es wird davon ausgegangen, dass die EZB die Zinsen erneut anheben wird, jedoch in moderaten Schritten. Der Referenzzinssatz wird bis Mitte 2007 um 50 Basispunkte erhöht.

Die flache Zinsstrukturkurve in den Vereinigten Staaten und die Tatsache, dass auf eine solche Konstellation in der Vergangenheit regelmäßig Rezessionen folgten, hat vielfach zu der Besorgnis geführt, dass ein ausgeprägter Abschwung in den Vereinigten Staaten bevorstünde. EUROFRAME teilt diese Ansicht nicht. Die Institute teilen die vorherrschende Ansicht, dass der Produktionsanstieg in den Jahren 2006 und 2007 kräftig bleiben wird. Allerdings bestehen angesichts des großen außenwirtschaftlichen Ungleichgewichts in den USA beträchtliche Risiken.

Der Bericht enthält ein Sonderkapitel über die Erweiterung des Euroraums. Folgende Schlussfolgerungen werden gezogen:

Die Erweiterung des Euroraums um die neuen Mitgliedsländer der EU wird aller Wahrscheinlichkeit nach im nächsten Jahr beginnen. Im Gegensatz zur Erweiterung der EU wird sich dieser Prozess jedoch über mehrere Jahre erstrecken.

Die neuen Mitgliedsländer werden vom Beitritt zum Euroraum in erheblichem Maße profitieren. Der niedrigere Zinssatz wird das Wachstum stimulieren und den Aufholprozess beschleunigen; die Stabilität des Finanzsystems wird durch die Verringerung des Wechselkursrisikos erhöht. In Anbetracht der hohen Leistungsbilanzdefizite einiger neuer Mitgliedsländer der EU und deren emerging market-Status werden die Länder einen hohen Nutzen daraus ziehen, dass volatile Kapitalströme keine Währungskrisen mehr auslösen können.

Aufgrund ihrer Größe werden die neuen Mitgliedsstaaten die Produktion und die Inflationsrate des Euroraums nur geringfügig beeinflussen. Beide Raten werden leicht steigen, allerdings ohne Einfluss auf deren Dynamik.


Aus deutscher Perspektive sind die folgenden Ergebnisse der Prognose von Bedeutung:

Die bessere Konjunktur im übrigen Euroraum verbessert auch die Aussichten für Deutschland. Im Jahr 2006 wird das reale Bruttoinlandsprodukt um 2,3 Prozent steigen (bzw. um 2,1 Prozent ohne Bereinigung um Arbeitstageeffekte). Das ist der stärkste Anstieg in den vergangenen sechs Jahren. Die konjunkturelle Beschleunigung wird von einer regen Exporttätigkeit und steigenden Investitionen getragen, aber auch einer Erholung des privaten Konsums nach langanhaltender Stagnation.

Im kommenden Jahr wird der Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts auf 1,5 Prozent zurückgehen (1,3 Prozent arbeitstäglich unbereinigter Basis). Die konjunkturelle Verlangsamung ist zu einem Teil durch die Finanzpolitik bedingt (insbesondere die Anhebung der Mehrwertsteuer verbunden mit einer Verringerung der Sozialbeiträge). Hinzu kommen aber auch weitere Gründe wie eine allmählich schwächer werdende Dynamik der Weltwirtschaft, höhere Zinsen und das Auslaufen von vorübergehenden wachstumsfördernden Effekten (Änderung der Abschreibungsregeln, Fußballweltmeisterschaft).

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird zu einem deutlichen Anstieg der Inflationsrate führen. Die Verbraucherpreise werden in Deutschland um 2007 um 2,3 Prozent steigen, nach 1,6 Prozent im Jahr 2006. Gleichzeitig wird dies die Inflationsrate im Euroraum um 0,2 Prozentpunkte anheben.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Renate Bogdanovic, Referentin, Pressestelle Königin-Luise-Str. 5, 14195 Berlin Telefon: (030) 89789-0, Telefax: (030) 89789-200

(bl)

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